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Volle Anschubkraft. Vom 9. bis 25. Februar finden im südkoreanischen Pyeongchang die Olympischen Winterspiele 2018 statt. Der Deutsche Olympische Sportbund hat für die Wettkämpfe 153 Athleten trainiert – darunter die drei Potsdamer Lisa Buckwitz, Kevin Kuske und Christian Poser. Sie sind als Bobanschieber im zweiten Teil des Großevents gefordert und treten nach starken Weltcup-Ergebnissen in der aktuellen Saison mit berechtigten Medaillenhoffnungen an.
© imago/GEPA pictures

Potsdam und die Olympischen Winterspiele 2018: Mit gewissem Faible für Schnee und Eis

Bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang sind drei Brandenburger Athleten dabei – Bobanschieber aus Potsdam. Schlittenbeschleunigen hat am Luftschiffhafen eine erfolgreiche Tradition. Doch ist das schon alles, was das Bundesland und seine Hauptstadt wintersportlich zu bieten haben?

Eines ist Britta Ernst nach ihrem Wechsel aus Schleswig-Holstein an die Spitze des Brandenburger Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) schnell klargeworden: Die Mark ist ein Sportland. „Es beeindruckt sehr, wie facetten- und erfolgreich hier Sport getrieben wird“, sagt die SPD-Politikerin. Zum Teil habe sie die Ausmaße bereits vorab einschätzen können, doch sie müsse ganz ehrlich sein: Davon, dass es in Brandenburg sogar eine Wintersporthochburg gibt, „hatte ich wirklich überhaupt keine Ahnung“. In Potsdam, Kaderschmiede des Bobfahrens, werden bereits seit Anfang der 1970er-Jahre am Luftschiffhafen Anschieber von Weltklasse geformt. Sie rauschten durch Eiskanäle zu zahlreichen Medaillen bei internationalen Großereignissen. Drei von diesen herausragenden Schlittenbeschleunigern – Lisa Buckwitz, Kevin Kuske und Christian Poser – verabschiedete Britta Ernst vergangene Woche in einem kleinen Festakt zu den am Freitag beginnenden Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang.

Damit Anschieber aus dem havelländischen Flachland unter den fünf Ringen antreten können, fördert der Deutsche Olympische Sportbund den Bobsport in Potsdam als Schwerpunktstandort. Es ist quasi ein reiner Athletikstützpunkt für den Bob- und Schlittenverband Deutschland. „Wir waren die Ersten, die so einen Status hatten. Inzwischen gibt es einige Nachahmer“, sagt Jörg Weber. Seit 2008 ist er verantwortlicher Trainer an diesem Stützpunkt, führte seine Sportler zu sieben Podestplätzen bei Weltmeisterschaften und neunmal Junioren-WM-Edelmetall. Triumphe, deren Basis gute Trainingsbedingungen sind. „Mit der Laufhalle, dem Freiluftareal und den Krafträumen haben wir alles ganz eng beieinander. Dadurch kann ich viel Kombinationstraining machen“, erklärt der Coach. Allerdings gab es zuletzt auch ein Problem. Potsdam hatte mal eine Bobanschubstrecke – zwar mit zu wenig Gefälle, aber immerhin. Diese existiert schon länger nicht mehr, weshalb die Athleten für das spezifische Anschubtraining nach Oberhof reisen mussten. Weber: „Da waren wir dann neun, zehn Stunden unterwegs für eineinhalb Stunden Training.“

Bau einer neuen Bobanschubstrecke für 406.000 Euro

Ein Missstand, der noch dieses Jahr – also zu Beginn des neuen Olympiazyklus’ – bereinigt werden soll. Auf der Leichtathletikstätte des Luftschiffhafens unmittelbar am Templiner-See-Ufer entsteht eine moderne, wettkampfnahe Anlage. 90 Meter lang wird die Anschubstrecke bei einem Gefälle von zwei bis acht Prozent, inklusive eines 23 Meter langen Abbremsbergs mit 22-prozentigem Gegengefälle.

Laut MBJS kostet das Bauvorhaben etwa 406.000 Euro – der Bund übernimmt fast zwei Drittel, das Land steuert 112.000 Euro bei, die Stadt 46.000. „Das wird für uns ein wirklicher Traum. Unser Standort bekommt damit eine weitere Aufwertung“, freut sich Jörg Weber über die Investition. Das märkische Sportministerium hatte den Potsdamer Bob-Hoffnungsträgern auch für die unmittelbare Olympia-Vorbereitung Unterstützung zukommen lassen. Um Trainingslager und trainingsdiagnostische Maßnahmen – wie die Ausflüge nach Oberhof – durchführen zu können, wurden knapp 15.000 Euro bereitgestellt.

Vier Wintersport-Verbände und drei -Landesstützpunkte

Bobsport in Potsdam wird vom MBJS und dem Landessportbund (LSB) auch als Landesleistungsstützpunkt zur Talentförderung gestärkt. Das ist aber nicht der einzige Wintersport-Landesstützpunkt Brandenburgs. Es gibt noch zwei andere: Groß Schönebeck (Barnim) ist Standort für Biathlon sowie Bad Freienwalde (Märkisch Oderland) mit seinen vier Skischanzen für das Skispringen und die Nordische Kombination. Tief im Osten der Republik hat Wintersport also auch trotz nicht gerade optimaler geografischer Voraussetzungen eine gewisse Vitalität. Vier Fachverbände, die sich prinzipiell auf Schnee und Eis zu Hause sehen, gehören dem LSB an: Brandenburgs Bob- und Schlittensport Verband, Eissportverband, Landes-Skiverband und Schlittenhunde Sportverband zählen gemäß aktuellster Erhebung insgesamt 1075 Mitglieder in 29 Vereinen. Senftenberg (Oberspreewald-Lausitz) verfügt sogar über eine Skihalle, die mitunter als Wettkampfstätte dient. Offizielle Meisterschaften steigen allerdings zumeist außerhalb der Landesgrenzen – beispielsweise im Erzgebirge.

Und Potsdam? Wie wintersportlich ist die Landeshauptstadt abseits des Bobs?

Während der USV Potsdam eine kleine Wintersport- Abteilung führt, ist vor allem der offiziell 2003 gegründete 1. Alpin Skiclub Potsdam Anlaufstelle. Wie man auf die Idee kam, ausgerechnet im hiesigen subalpinen Gebiet einen solchen Club aufzubauen, wird Alexander K. Heinz oft gefragt. „Ganz einfach“, entgegnet der Vorsitzende dann immer: „Es gab noch keinen. Das war eine Lücke.“ Allerdings betont er, dass kein geregelter Trainings- und Wettkampfbetrieb angeboten werde. Vielmehr sei sein Verein eine „Plattform für Leute, die komplett von A bis Z organisierte Skireisen möchten“. Bereits 33 solcher Trips wurden durchgeführt. Aktuell finden der 34. und 35. mit etwa 140 Reisenden statt. Ein weiterer folgt diesen Winter noch, ehe sich die Aktivitäten in der schneefreien Zeit wieder auf Rad- und Paddeltouren beschränken.

Mangel: Keine kommunale Eisfläche in Brandenburg

Quasi auf dem Trockenen sitzt ganzjährig Polarstern Potsdam, eine Abteilung des SV Motor Babelsberg. Inline-Skaterhockey ist deren Metier. Dabei würden die Polarsterne ganz gerne auch als Verein beim Eishockey mitmischen. „Die Möglichkeit haben wir jedoch nicht“, sagt Tobias Borstel. Er ist der Motor-Abteilungsvorsitzende sowie Vizepräsident des Brandenburgischen Rollsport und Inline Verbandes. Dass in der Mark eher auf Rollen statt auf Schlittschuhen temporeiches Hockey gespielt wird, liege am Mangel von kommunalen Eisflächen. „Seit die Anlage in Bad Belzig 2016 havariert ist und nicht mehr repariert wird, gibt es keine einzige mehr“, erklärt Borstel. Lediglich Schwedt verfügt über eine Eishalle. „Das ist aber eine privat-kommerzielle, für die eine Nutzungsmiete bezahlt werden muss.“ Auch in Potsdam gibt es im Filmpark eine solche Fläche. „Wir haben dort angefragt. Es ist aber nur reines Eislaufen gestattet“, berichtet Tobias Borstel.

Wenn dessen Polarsterne mit Schläger und Puck über gefrorenes Wasser jagen möchten und dies nicht gerade die Gewässer hergeben, müssen sie also woanders hin. Mit den Berliner Vereinen ECC Preussen, FASS und Eisbären pflege man gute Verbindungen, sodass junge Aktive dort mitspielen können. Perspektivisch wünscht sich Borstel allerdings Eishockey in Potsdam. Bei der Errichtung des Inline-Skaterhockeyfeldes im Schlaatz achtete der Club bereits auf ein wichtiges Detail. „Wir haben da eine Bande genommen, die das Befahren durch eine Eisaufbereitungsmaschine ermöglicht. Wir hoffen, dass die Stadt Geld für eine temporäre Eisfläche in die Hand nimmt. Das Projekt würde auf jeden Fall neue Potenziale in der Stadt liefern.“ Potsdam und Brandenburg könnten um noch eine Sportfacette reicher werden.

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