Potsdam: Mit dem Nachtmahr tanzen
Das Filmmuseum Potsdam eröffnet am Freitag die Ausstellung „Alles dreht sich und bewegt sich. Der Tanz und das Kino“ mit Originalkostümen
Das Tutu tanzt. Langsam drehend, weiß glänzend bewegt es sich geisterhaft um die eigene Achse. Immer wieder wendet es sich seinem schwarzen Pendant zu – ein einsamer Tanz trotz Zweisamkeit. Mit solchen und ähnlichen Installationen nähert sich das Filmmuseum in seiner neuen Ausstellung dem Tanz im Film. „Alles dreht sich und bewegt sich. Der Tanz und das Kino“ heißt sie und wird am morgigen Freitag offiziell eröffnet. Begleitend zu der Ausstellung gibt es Filmvorführungen, Gespräche und Workshops.
Hundert Jahre Filmgeschichte werden in der Ausstellung bis zum 22. April 2018 aufbereitet, wie Filmmuseumschefin Ursula von Keitz am gestrigen Mittwoch erklärte. „Tanzen ist heute ein weiter Begriff“, so von Keitz. Trotzdem habe der Tanz immer noch eine soziale Funktion, etwa in der Gruppenbildung, aber auch bei der Überwindung von gesellschaftlichen Grenzen. Genau aus diesem Grund widmet sich der erste Raum – fünf gibt es insgesamt – der Verbindung von Tanz und Gesellschaft. Thematisch beginnt das bereits am Eingang: Großflächig und gleich doppelt ist dort eine Szene aus Fritz Langs „Metropolis“ zu sehen. Abgebildet ist Protagonistin Maria in Tanzpose mit angewinkeltem Bein. Davor stehen fünf Schaufensterpuppen mit Masken, die Gesichter der geifernden Männer des Films abbilden. Eine beklemmende, gruselige Szene – und ein Verweis auf die klar festgelegten Machtverhältnisse in Metropolis.
Im Raum selbst geht es etwas milder weiter. Ganz brav werden die Zuschauer von einem rauschendem Ballkleid und einem Frack empfangen. Die Kostüme stammen aus der Literaturverfilmung „Onegin – Eine Liebe in St. Petersburg“ von 1999 und wurden von Hollywoodstar Ralph Fiennes ( „Grand Budapest Hotel“) sowie Schauspielerin Lena Headey („Game of Thrones“) getragen. Originalrequisiten also und ganz dem 19. Jahrhundert-Flair des Films entsprechend, ordentlich vor einem verschnörkelten Spiegel drapiert. Ein paar Schritte weiter der krasse Gegensatz: silberne Leggings, ein weißes Tanktop, peppige Turnschuhe. Das zweite Originalkostüm der Ausstellung, diesmal aus dem erst im letzten Jahr herausgekommenen Film „Der Nachtmahr“ von Regisseur Akiz. Johanna Hoppe, die gemeinsam mit Ursula von Keitz die Ausstellung kuratiert, freut sich darüber besonders: „Ich finde den Film unglaublich klasse und ihn jetzt hier als Beispiel der Clubkultur zu haben, ist toll.“ Sogar Ohrstöpsel sind an dem Kostüm angebracht, die durch eine Halterung genau dort schweben, wo die Ohren sitzen würden. Den Technogroove erfindet sich der Kopf ganz schnell dazu.
Genau das ist auch das Ziel des Ausstellungskonzepts: Die Besucher mit allen Sinnen einzufangen. Das verriet der Potsdamer Ausstellungsdesigner Wilko Drewes, der bereits die dritte Ausstellung im Filmmuseum entworfen hat. „Es wird dezenten Sound passend zu den Filmen geben und natürlich viele Bilder und Installationen“, sagte er am Mittwoch. Sogar verschiedene Düfte sollen eingesetzt werden. Wie das funktioniert und ob die Besucher dann Ralph Fiennes Parfum oder eher Discoschweiß riechen werden, soll allerdings eine Überraschung bleiben.
Überraschungen erwarten den Besucher auch in den nächsten Räumen, in denen Blicke in die Stummfilmphase und die Filmrevues gewehrt werden. Zum Beispiel kann die bewegende Biographie von der relativ unbekannten Tanzschauspielerin Adorée Villany entdeckt werden. Der besondere Clou: Durch den Bauchnabel ihres Wandbildes können Besucher Tanzszenen erspähen, die zu ihrer Zeit wegen zu viel Freizügigkeit der Zensur zum Opfer gefallen sind. Aber auch die roten Tanzschuhe von Lilian Harvey, die sie in dem Film „Ein blonder Traum“ von 1932 getragen hat und die aus der Sammlung des Filmmuseums stammen, können betrachtet werden. Im vierten Raum erwartet die Besucher schließlich das offensichtlichste Tanzfilmgenre: Musical. Umrahmt von einer goldglitzernden Bordüre versprüht hier das Originalkleid von Ann Miller aus dem Film „Hit the Deck“ von 1955 pinken Hollywoodglamour. Daneben lädt ein Fotopoint zu dem Defa-Musical „Heißer Sommer“ von 1968 zum Nachstellen der Lieblingsszenen ein.
Die verschiedenen Materialien und Quellen der Ausstellung – von Schrift, über Requisiten bis hin zu Bildern – erlebbar zu präsentieren , sei für Ausstellungsgestalter Björn Gripinski und sein Team die größte Herausforderung gewesen, wie er sagte. Dass es ihm aber gleich auf mehreren Ebenen gelungen ist, zeigt auch die Verbindung von Anfang und Ende der Ausstellung: Der letzte Raum, der sich mit Dokumentar- und Spielfilmen dem Thema des Backstagebereiches nähert, ist ähnlich düster angelegt wie der Eingang. Spärlich beleuchtete Schminkspiegel reflektieren zwei Repliken der Baletttutus aus „Black Swan“ von 2010. Schwarz und weiß stehen sie sich gegenüber. Der Kreis schließt sich.
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