Mietendeckel für Potsdam?: Mieter sparen bis zu 30 Millionen Euro
Für den Bürgerentscheid zum Mietendeckel bei der Pro Potsdam wurde eine Kostenschätzung vorgelegt. Das Rathaus warnt.
Potsdam - Das Bürgerbegehren für einen Mietendeckel bei der kommunalen Pro Potsdam kann starten. Das Rathaus hat den Initiatoren die vorgeschriebene Kostenschätzung übergeben. Am Dienstag stellten Potsdams Sozialbeigeordnete Brigitte Meier (SPD) und Pro Potsdam-Geschäftsführer Jörn-Michael Westphal die Inhalte vor Pressevertretern vor. Demnach würden die Mieter des kommunalen Unternehmens allein bis 2030 um rund 30 Millionen Euro entlastet werden. Von rund einer Milliarde Euro erwarteten Mieteinnahmen bis zum Jahr 2030 würden also etwa drei Prozent fehlen. Das Geld würde dann nicht für Modernisierung, Instandhaltung und Neubau zur Verfügung stehen.
Die Initiativgruppe des Bürgerbegehrens möchte, dass künftig alle Mieterhöhungen bei städtischen Wohnungen zu unterbinden sind, die mehr als ein Prozent der Kaltmiete innerhalb der letzten fünf Jahre betragen. Der Begriff Mietendeckel erinnert an die Regelung in Berlin, die kürzlich vom Bundesverfassungsgericht gekippt wurde. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede. In Berlin galt der Mietendeckel per Gesetz für alle Wohnungen. Außerdem kann per Bürgerbegehren nur über die Wohnungen entschieden werden, die im Besitz des kommunalen Unternehmens sind. In Berlin war der Mietendeckel von vornherein auf fünf Jahre befristet. Im Potsdamer Bürgerbegehren kommt eine solche Frist nicht vor. In Berlin wurden die Mieten zunächst komplett eingefroren und sollten erst an 2022 mit der Inflation um bis zu 1,3 Prozent wachsen dürfen. Auf fünf Jahre gerechnet wäre der Potsdamer Mietendeckel strenger.
Die Kostenschätzung setze die Situation des kommunalen Unternehmens nach einer Umsetzung des Bürgerbegehrens in Bezug zur Situation zum derzeit angestrebten Wirtschaftsplan des Unternehmens, so Meier. Das heißt aber nicht, dass in dem Szenario die gesetzlich möglichen Mietsteigerungen von 15 Prozent innerhalb von drei Jahren auch ausgeschöpft würden. Schon seit fast zehn Jahren ist dieses Maximum bei der Pro Potsdam auf vier Jahre gestreckt. Außerdem sieht der Wirtschaftsplan wie berichtet auch Modernisierungen und Neubauten vor. Die zusätzlichen Einnahmen würden dann im Falle eines Mietendeckels ebenfalls fehlen, weil wegen des Mietendeckels weniger Eigenkapital zur Verfügung stehe. Theoretisch könnte zwar auch die Stadt als Eigentümer die Investitionsmittel zur Verfügung stellen – allerdings würde das den Haushalt stark belasten. „Wir könnten bis zu 700 Wohnungen weniger bauen“, fürchtet Westphal.
Schätzung: 150 Millionen Euro könnten der Pro bis 2050 entgehen
Langfristig rechnen Rathaus und Pro Potsdam sogar mit noch größeren Schäden. Die Einnahmeausfälle des kommunalen Wohnungsunternehmens würden sich bis zum Jahr 2040 auf über 150 Millionen Euro summieren, bis zum Jahr 2050 auf über 350 Millionen Euro, hieß es. „Diese Gelder würden als Eigenmittel für die nachhaltige Stadtentwicklung und dabei insbesondere für den „Masterplan 100 Prozent Klimaschutz“ der Landeshauptstadt fehlen“, so Westphal.
Die Initiatoren hatten den Bürgerentscheid erstmals beim sogenannten „Housing Action Day“ Ende März vorgestellt. Die Idee dahinter ist, dass kaum noch steigenden Mieten des mit rund 18 000 Wohnungen größten Vermieters der Landeshauptstadt auch einen mittelbaren Einfluss auf den restlichen Mietmarkt haben. Jede Mietanpassung – und sei sie noch so klein – landet im Mietspiegel und drückt dort den Durchschnitt, an dem sich andere Vermieter orientieren müssen. Wie berichtet ist die durchschnittliche Kaltmiete pro Quadratmeter laut Mietspiegel stadtweit zwischen 2014 und 2020 um 14 Prozent gestiegen. Die Steigerungsrate bei der Pro Potsdam fällt allerdings schon jetzt niedriger aus.
Die Initiativgruppe selbst wolle am Donnerstag das weitere Vorgehen besprechen, sagte Lutz Boede (Die Andere) den PNN. Er gehe allerdings davon aus, dass man so schnell wie möglich mit dem Sammeln der Unterschriften beginnen werde. Angesichts der hohen Kosten, wies Boede darauf hin, dass der unbefristete Entwurf des Mietendeckels keineswegs bedeute, dass er für immer gelten würde. „Die Stadtverordneten können jedes Bürgerbegehren nach zwei Jahren wieder aufheben.“ Dementsprechend manche es auch keinen Sinn, Folgekosten über Jahrzehnte hinaus hochzurechnen, ohne zu wissen welche Rahmenbedingungen dann gelten.
Zehn Prozent der wahlberechtigten Potsdamer müssen zustimmen
Damit das Bürgerbegehren als erfolgreich gilt, müssen mindestens zehn Prozent der für die Kommunalwahl wahlberechtigten Potsdamer unterschreiben. Eine Frist gibt es nicht. Kommen genug Unterschriften zusammen, stimmt die Stadtverordnetenversammlung darüber ab. Entscheidet sie sich gegen den Vorschlag des Bürgerbegehrens, kommt es zum Bürgerentscheid.
Meier sprach am Dienstag von einer Chance, ins Gespräch zu kommen. Das Bürgerbegehren Mietendeckel mache einen einfachen Vorschlag, ziele aber auf einen komplexen Sachverhalt. „Es braucht daher vor allem mehr geförderten Wohnungsbau“, so Meier.
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