Abschied für Potsdams Feuerwehrchef: „Menschen das Leben zu retten, ist das Wichtigste“
Potsdams Feuerwehrchef Wolfgang Hülsebeck wird heute verabschiedet. PNN-Redakteurin Valerie Barsig blickt mit ihm auf eine ereignisreiche Amtszeit zurück.
Potsdam - Könnte er es sich aussuchen, wäre er an diesem Tag nicht allein auf dem Foto. Am liebsten stünde er am Rand der Gruppe der vielen hauptamtlichen und freiwilligen Feuerwehrmänner, die in Potsdam für die Lebensrettung und den Brandschutz zuständig sind. Ihr scheidender Chef, Wolfgang Hülsebeck, ist eng verwoben mit seiner Feuerwehrfamilie. Das merkt man, wenn man den 65-Jährigen fragt, ob er nach 42 Jahren in Potsdam gut loslassen kann. „Es geht ja nicht um mich“, stellt er klar. Er blicke zurück auf ein glückliches Arbeitsleben, in dem er einiges erreichen konnte. „Gemeinsam mit Kollegen und Kameraden.“ Das Wir steht für ihn im Vordergrund. „Ich hatte eine tolle Zeit und die geht jetzt halt zu Ende“, sagt er.
Einige Verabschiedungen hat er bereits hinter sich, von den Kollegen in der Hauptwache, von den freiwilligen Wehren, am heutigen Mittwoch um 15 Uhr folgt der offizielle Abschied in Babelsberg. Taschentücher brauche er dafür nicht, sagt Hülsebeck.
Kurz nach der Wende "war das Korsett enger als in der DDR"
Bereits nach seinem Abitur war er in Oranienburg bei der Berufsfeuerwehr, nach vier Jahren Studium von Maschinenbau, Sicherheitstechnik und Brandschutz in Magdeburg kam er 1976 nach Potsdam. Ab 1981 übernahm er die Leitung der Potsdamer Feuerwehr und führte sie auch zu Wendezeiten. Gerade bei der Technik brachen nach dem Mauerfall bessere Zeiten an. „Vorher hatten wir zum Beispiel keine hydraulischen Geräte, die im Westen gang und gäbe waren“, erzählt er. „Das Korsett war enger, in der DDR konnte man nicht so individuell auf unsere Bedürfnisse eingehen.“ 1991 baute Hülsebeck das städtische Amt für Brandschutz mit auf. „Das war eine total spannende Zeit, um zu gestalten.“ Denn Zivilschutz, Rettungsdienst und Berufsfeuerwehr kamen damals unter ein Dach.
Über die Arbeit zu sprechen, fällt dem dreifachen Vater nicht schwer. Geht es um Persönliches, wählt er seine Worte mit Bedacht. Etwa, wenn er von seinem Grundstück im Heimatort Grüneberg nördlich von Oranienburg erzählt. Bei der Frage, ob er landverbunden sei, muss Hülsebeck lachen – und stimmt dann zu. Das Grundstück werde von ihm und seiner Familie in den Ferien genutzt. „Das ist einfach eine andere Welt als das Büro.“ Eine, in der er runterkommen kann. Und gern die Motorsäge zu Hand nimmt, um einen Obstbaum zu fällen. „Einen Zaun bauen oder Rasen mähen – dort mache ich alles, was anfällt“, erzählt er. Seit 1976 wohnt er in Potsdam. „Hier bin ich zu Hause und das wird auch so bleiben.“ Die Stadt habe die Größe, die ihm liege. Berlin sei zu gewaltig.
Was die Nachbarn Potsdam voraus haben
Trotzdem blickt er gelegentlich auf Potsdams Nachbarstadt: Denn dort gibt es für den Rettungsdienst Zulagen, die es in Brandenburg nicht gibt, und das sei ein Nachteil im Wettbewerb. „Wir brauchen vergleichbare Verhältnisse“, betont Hülsebeck. Auch die Anerkennung für das Ehrenamt müsse größer werden. Zum Beispiel mit Tickets für den Nahverkehr. Hülsebeck blickt auf die kommenden zehn Jahre. Das gehöre zu seinem Beruf dazu. Gerade die wachsende Stadt sei ein großes Thema in Potsdam. Neu Fahrland sei ein Nadelöhr, das es zu überwinden gelte, ebenso ein Thema sei die Brandrettung im neuen Stadtteil Krampnitz. Jetzt müsse man überlegen, ob es die Verkehrssituation in der Stadt hergebe, in zehn Jahren schnell zur Rettung vor Ort zu sein. „Man ist nie fertig bei der Feuerwehr“, sagt Hülsebeck. Probleme müssten gelöst werden, bevor sie auftreten. Dazu wird auch er in Zukunft beitragen, denn so ganz von der Feuerwehr lassen, wird er noch nicht: Als Experte auf Landesebene wird er beratend tätig bleiben.
Fragt man den scheidenden Chef nach Geschichten aus seiner Amtszeit, gibt es viele: Die Eröffnung der neuen Hauptfeuerwache 2010 gehört dazu. Am Eröffnungstag brach auf der gegenüberliegenden Straßenseite im Dachstuhl ein Feuer aus, das vor den Augen der Gäste und der Presse erfolgreich gelöscht werden konnte. Verletzt wurde niemand.
„Leben zu retten, ist das Wichtigste“
„Menschen das Leben zu retten, ist das Wichtigste“, sagt Hülsebeck. Etwa, als in Babelsberg ein Pflegeheim brannte und alle Bewohner gerettet werden konnten. Hülsebeck kann sich nicht mehr an die Zeitpunkte erinnern, aber die Feuer kennt er genau. Spektakulär sei der Brand eines leerstehenden Gebäudes in der Speicherstadt vor rund zehn Jahren gewesen oder die Truman-Villa, die in Flammen stand. Es sind aber genauso Unfälle wie der 2010 auf dem Schlänitzsse, als ein Frachtkahn eine Sportyacht rammte, die sofort sank. Zwei Frauen waren im Rumpf eingeschlossen und konnten noch gerettet werden, starben aber später im Krankenhaus. Oder der Unfall im vergangenen Jahr, als zwei Feuerwehrleute bei einem Einsatz auf der A2 ums Leben kamen. „Das hat uns alle sehr getroffen“, erzählt Hülsebeck. Jedes verlorene Leben sei eines zu viel.
Sicherheit spielt im Berufsleben eines Feuerwehrmannes eine große Rolle. Genauso wie das Wissen um die Gefahr. Auch Hülsebeck kennt brenzlige Situationen, wie bei dem Wohnungsbrand damals in Oranienburg, als ihm unter der Atemschutzmaske mit dem DDR-Filter die Luft wegblieb. „Ich musste da raus“, erzählt er. Zum Glück sei man als Feuerwehrmann immer im Trupp unterwegs. Auf die Hilfe der anderen konnte er sich verlassen. Zusammen stark sein – das hat sein Berufsleben geprägt. Wenn er heute geht, bleibt das da, was ihm wichtig ist: die Gemeinschaft der Feuerwehr.
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Jörg Huppatz folgt auf Wolfgang Hülsebeck
Der 49-jährige Oberbrandrat Jörg Huppatz wurde Anfang Februar als neuer Feuerwehrchef vereidigt. Huppatz leitete zuvor die Feuerwehr in Bergisch-Gladbach (Nordrhein- Westfalen) und war davor der Leiter des operativen Brandschutzes im Chempark Dormagen. Davor war er seit dem Jahr 2000 bei der Feuerwehr in Köln tätig.
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