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Schätzungsweise 1000 Menschen kamen zu der Infoveranstaltung zum Thema Flüchtlinge in die Babelsberger Metropolishalle.
© Andreas Klaer

Anwohnerversammlung in Babelsberg: Mehr Andrang als je zuvor

Das Interesse war groß wie nie: 1000 Besucher informierten sich über Unterkünfte für 96 Flüchtlinge in Babelsberg. Die Diskussion, die anfangs unter keinem guten Stern stand, blieb überwiegend sachlich.

Potsdam - So viele Gäste kamen noch nie zu einer Anwohnerversammlung zu geplanten Flüchtlingsunterkünften: Mehr als 1000 Potsdamer wollten am Donnerstagabend in der Metropolishalle mehr über die geplanten zwei Leichtbauhallen für 96 Asylbewerber im Stadtteil Babelsberg wissen. Bei der Veranstaltung hielten sich Bedenken vor wachsender Kriminalität und Aufrufe zu Toleranz und Hilfsbereitschaft in etwa die Waage, die Diskussion blieb überwiegend sachlich.

Dabei stand der Abend unter einem schlechten Stern: Eine zunächst für die Filmhochschule geplante Versammlung zu den Hallen – die ab Mitte November am Sportplatz „Sandscholle“ stehen sollen – musste vor mehr als einer Woche abgesagt werden, weil der Andrang zu groß war (PNN berichteten). Dafür entschuldigte sich Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gestern persönlich. Zugleich warb er um Verständnis für die derzeit nicht optimale Informationspolitik der Stadt – doch seien solche beheizbaren Hallen kurzfristig dringend notwendig. Erst am Mittwoch hatte die Stadt erneut die Zahl der in diesem Jahr aufzunehmenden Flüchtlinge um 600 Personen nach oben korrigieren müssen – auf 2200. Damit müssen 2015 noch knapp 1200 Asylbewerber untergebracht werden.

Kein erhöhtes Kriminalitätsaufkommen

Am Donnerstag wurde nun versucht, Sorgen zu zerstreuen. Angela Basekow, die Chefin der für die neuen Hallen zuständigen Arbeiterwohlfahrt, bot besorgten Anwohnern persönliche Gespräche an – auch weil an der Sandscholle keine Familien unterkommen werden, sondern nach derzeitigem Stand doppelt so viele Männer wie Frauen. Eine Polizeisprecherin betonte jedoch, im Umkreis von Asylunterkünften sei kein erhöhtes Kriminalitätsaufkommen feststellbar. Basekow sagte, die Neuankömmlinge würden explizit über die in Deutschland geltenden Regeln aufgeklärt. Ein Wachschutz werde rund um die Uhr für Sicherheit sorgen, ebenso werden Sozialarbeiter eingesetzt. Jakobs sagte, da vermutlich im kommenden Jahr wieder 2000 Flüchtlinge in Potsdam untergebracht werden müssten, würden die Leichtbauhallen wohl noch längere Zeit benötigt. Er betonte, trotz erhöhter Kosten für die Stadt – allein in diesem Jahr sechs Millionen Euro – habe Potsdam auf keine geplanten Projekte verzichten müssen. Mehrere Anwohner boten an, Projekte mit den Flüchtlingen oder Willkommensfeste zu organisieren.

Oberbürgermeister Jann Jakobs hatte bereits am Mittwochabend vor den Stadtverordneten angekündigt, noch im Dezember eine Dringlichkeitsvorlage zur Anmietung des alten Landtags auf dem Brauhausberg vorlegen zu wollen. Dort könnten zwischen 300 und 450 Flüchtlinge unterkommen. Die Stadt will den Bau von einem Berliner Konsortium anmieten, das das Gelände erst im Sommer vom Land erworben hat und dieses wie berichtet eigentlich zu einem Wohn- und Gewerbestandort entwickeln will.

Strafanzeige gegen den III. Weg

Unterdessen hat der SPD-Stadtverordnete Nico Marquardt nach einer rechtsextremen Postwurf-Aktion in Drewitz eine Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen den Bundesvorsitzenden der rechtsextremen Splitter-Partei „Der III. Weg“, Klaus Armstroff, gestellt. Wie berichtet waren im Umfeld einer Anwohnerversammlung zu zwei Leichtbauhallen für Flüchtlinge in der Slatan-Dudow-Straße etliche Handzettel der Partei in Drewitzer Briefkästen aufgetaucht – unter anderem versehen mit unbelegten Behauptungen, dass sich mit zunehmendem Ausländeranteil „Unrat und Krankheiten verbreiten“ würden oder „unsere Kinder nicht mehr sorglos aufwachsen“ könnten. SPD-Politiker Marquardt erklärte, er werde es nicht hinnehmen, dass rechtsextremistische Parteien ihren Hass gegen Flüchtlinge schürten. Auch in der Metropolishalle versuchten einzelne Neonazis lautstark mit populistischen Parolen Gehör zu finden.

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