Verkehr in Potsdam: Manipulation an Potsdamer Bussen?
Mehrere Potsdamer Busfahrer beklagen Sicherheitsmängel: So sollen unter anderem einige Busse am Gaspedal manipuliert worden sein, um Sprit zu sparen. Außerdem gibt es Kritik an der Personalführung.
Potsdam - Gegen den Potsdamer Verkehrsbetrieb (ViP) werden schwere Vorwürfe erhoben. Dabei geht es um Manipulationen an Bussen und die schlechte Behandlung von Leiharbeitskräften in einem öffentlichen Unternehmen. Nach PNN-Recherchen werden kritische Stimmen unternehmensintern nicht gern gesehen. Es wird Druck auf Fahrer ausgeübt, die beispielsweise auf die Einhaltung von vorgeschriebenen Pausen beharren.
Zuletzt verlor ein Busfahrer seinen Job, nachdem er auf technische Mängel aufmerksam gemacht hatte. Der Fahrer war über eine Leiharbeitsfirma beim ViP beschäftigt. Sein Name ist der Redaktion bekannt, er will ihn jedoch nicht in der Zeitung lesen, weil er Nachteile bei späteren Bewerbungen befürchtet. Der Mann schilderte, wie er bei einer Fahrt auf der Linie 694 eine Fehlfunktion am Getriebe bemerkte. Weil er fürchtete, das voll besetzte Fahrzeug könnte womöglich abrupt stehen bleiben, sah er die Sicherheit der Fahrgäste in Gefahr. „Außerdem hätte es einen Unfall mit einem anderen Auto geben können“, sagte er den PNN. Laut Straßenverkehrsordnung sei er für die Sicherheit der Fahrgäste verantwortlich. Daraufhin forderte er ein Ersatzfahrzeug bei der Leitstelle an.
Busfahrer bemerkte Fehlfunktion am Bus - und verlor seine Anstellung
Doch statt eines anderen Busses erschien aus der Leitstelle sein Vorgesetzter. Dieser habe ihn angewiesen, dass er weiterfahren soll. „Ohne es auszusprechen, machte er deutlich, dass es besser für mich wäre zu gehorchen“, sagte der Busfahrer. Das habe er auch getan. Ein Nachspiel hatte die Sache trotzdem: Es sollte ein Gespräch mit dem nächsthöheren Vorgesetzten geben. Als der Fahrer darauf bestand, dass bei dem Gespräch auch ein Mitglied des Betriebsrats dabei sein solle, wurde der Termin wieder abgesagt. Als Fahrer wurde der Mann vom ViP dann nicht mehr angefordert. Seine Anstellung bei der Leiharbeitsfirma verlor er daraufhin.
Klein beigegeben hat der Busfahrer allerdings nicht. Er schilderte seinen Fall nicht nur den PNN, sondern auch der Gewerkschaft Verdi und Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) in einer E-Mail. Die Stadtverwaltung bestätigt den Eingang des Schreibens. Man habe den Verkehrsbetrieb um eine Stellungnahme gebeten, teilte Rathaussprecher Stefan Schulz den PNN mit. Inhaltlich wolle man sich dazu nicht äußern. Bei Verdi kennt man den Vorfall – ist allerdings wenig überrascht. In der Vergangenheit habe es bereits Probleme mit der mittleren Führungsebene beim Verkehrsbetrieb gegeben, sagte Verdi-Sekretär Marco Pavlik. Leiharbeitskräfte hätten dabei die schwächste Position. Viele würden es nicht wagen, Kritik auch nur zu äußern. Nach Angaben des Verkehrsbetriebs sind von 159 Busfahrern im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre etwa 30 Leiharbeiter gewesen.
Veränderungen an Fahrzeugen sorgen für Verspätungen
Doch der Fall hat noch eine andere Dimension: Als Ursache für die Getriebeprobleme vermutet der entlassene Fahrer Manipulationen an den Bussen der Marke Volvo. Um Kraftstoff zu sparen, seien die Motoren abgeregelt worden. So sei beispielsweise unter dem Gaspedal ein Bolzen eingebaut worden, der verhindern soll, dass das Pedal voll durchgetreten werden kann. Die Veränderungen an den Fahrzeugen führten dazu, dass das Anfahren an den Haltestellen länger dauert. „Man verliert Zeit“, so der Fahrer. Über eine Vielzahl von Haltestellen summiere sich so eine Verspätung, die nicht nur ärgerlich für die Fahrgäste sei, sondern den Fahrern am Ende der Runde auch von ihrer Pausenzeit abgezogen werde.
Ein weiterer Fahrer berichtet vom „ruppigen Umgang“ der mittleren Führungsebene mit den Angestellten. Es fehle am menschlichen Gespür in der Personalführung. Vorgesetzte wollten gegenüber der Geschäftsführung eine gute Figur machen. Störenfriede würden kaltgestellt. Auch er spricht von Eingriffen in das Motormanagement der Volvo-Busse und „Kuriositäten wie dem Einbau von Bolzen unter dem Gaspedal“. Nach der Anschaffung der Volvos habe sich herausgestellt, dass die Fahrzeuge nicht nur „sehr durstig“ seien, sondern auch störanfällig. Er vermutet, dass beim Kauf der Volvos der niedrigere Preis ausschlaggebend war und Zuverlässigkeit und Verbrauch nicht ausreichend bedacht worden seien.
ViP: "Das Gaspedal ist nicht verändert"
Tatsächlich räumt auch der Verkehrsbetrieb auf PNN-Anfrage ein, dass die Volvos, verglichen mit den Citaro-Bussen von Mercedes, störanfälliger sind. Die Volvo-Busse seien im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung beschafft worden. „Volvo hat jeweils das wirtschaftlichste Angebot abgegeben“, sagte ViP- Sprecher Stefan Klotz. Wegen des erhöhten Werkstattaufwands sollen sie in den nächsten zwei Jahren komplett ersetzt werden. Auf die Frage, ob sich die Haltestellenbremse der Volvos mit Verzögerung löse, antwortet der ViP, dass sie den geltenden Vorschriften entspreche. „Das Gaspedal ist nicht verändert.“ Alle Busse gingen betriebssicher in den Verkehr.
Die Frage der PNN, ob Beschwerden über das mittlere Führungspersonal der Geschäftsführung bekannt seien, beantwortete der Verkehrsbetrieb indes nicht. Auch zum konkreten Fall des entlassenen Busfahrers äußerte er sich nicht.
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