Potsdam: „Man öffnet seinen Horizont“
X-Filme-Produzent Stefan Arndt über seine Rolle als Oscar-Academy-Mitglied
Herr Arndt, Sie sind seit knapp zwei Jahren Mitglied der Academy of Motion Arts and Sciences und haben auch über die diesjährigen Oscars mit abgestimmt. Wie funktioniert das?
Ich kriege stapelweise all die Filme auf DVD zugeschickt. Das ist sehr spannend, viele Filme sind bei uns noch nicht im Kino gestartet oder kommen hier nicht ins Kino, das betrifft besonders die Kurzfilme und die Dokumentarfilme. Von den nominierten Filmen hatte ich vielleicht 20 schon gesehen, um die 60 habe ich mir noch angesehen.
Zu Hause statt im Kino?
Wir müssen dringend dafür werben, dass mehr deutsche Filmemacher in die Academy kommen. Die Mitglieder, die in L.A. und London wohnen, die können sich die Filme auf der Leinwand angucken. Das habe ich schon vermisst.
Was ist Ihr Fazit?
Man sieht, wie sich die Filmsprache insgesamt entwickelt. Da unterscheiden sich Filme aus den USA schon sehr von Filmen aus anderen Ländern.
Inwiefern?
Das betrifft die Art, Filme zu gucken oder das, was man vom Film erwartet. „American Sniper“ zum Beispiel: Clint Eastwood, eine der größten Heldenfiguren des Films überhaupt, macht da auf einmal einen Film, in dem er vollkommen kritikfrei die Position eines Scharfschützen, der Menschen abschießt, einnimmt. Das kann ich wirklich nur schwer verstehen. Oder das Frauenbild: Im Film in den USA gibt es schon ein anderes Frauenbild als bei uns. Wenn man die Filme so geballt guckt, wird einem das klarer. Das ist ja auch das, wofür die Academy da ist: die Filmkunst voranzubringen.
Wie läuft die Abstimmung rein technisch?
Das geht alles online, total simpel. Die Academy hat Geld, die kann so etwas perfekt organisieren.
Welche Aufgaben haben Sie als Academy-Mitglied sonst noch?
Die Academy macht sehr viel, es gibt eigene Mitarbeiter, die sich um den Filmnachwuchs und die Filmkunst in den ganz kleinen Ländern kümmern, Afrika zum Beispiel. Ich war mit denen in Sarajevo auf dem Filmfest, da kamen Filmemacher aus Montenegro, dem Kosovo, Albanien. Die Academy ermutigt immer, eine eigene Filmsprache zu finden – und zum Beispiel nicht nur eine Geschichte zu machen, wie jemand von Montenegro nach München kommt, weil es dann Geld für eine Koproduktion gibt.
Haben Sie als Produzent dadurch neue Projekte gefunden?
So direkt läuft das nie. Man öffnet erstmal einfach seinen Horizont. Das geht vielen so, dass durch das Berufsleben der Horizont eher kleiner wird. Da ist es toll, rausgehen zu können und zu sagen: Jetzt schau ich mir was an. Durch das Gucken der Filme, die Gespräche, bekommt man einen weltweiteren Blick auf das Filmemachen. Das ist mir mit Michael Haneke und „Liebe“ damals so gegangen, aber auch mit unseren Koproduktionen „Cloud Atlas“, „Ein Hologramm für den König“ oder jetzt „Jeder stirbt für sich allein“, den wir bald anfangen zu drehen. Da haben wir viel mit dem US-Filmgeschäft zu tun. Es ist einfach gut, dass man sich immer besser damit auskennt.
Was kann sich die Deutsche Filmakademie, die Sie viele Jahre geleitet haben, von der Academy noch abgucken?
Meine Meinung verfestigt sich immer mehr, dass man sehr selbstkritisch sein muss, dass es gut wäre, wenn man lieber weniger Filme einreicht als zu viele. Nicht jeder Film, der den Produzenten begeistert, muss unbedingt in so eine Auswahl geschickt werden. Es muss um Filmkunst gehen, um die Speerspitze.
Wem drücken Sie bei der Oscar-Verleihung am Sonntag die Daumen?
Ich kann natürlich nicht verraten, wen ich gewählt habe. Ich finde aber, dass die Auswahl in der Endrunde bei den besten Filmen und den nicht-englischsprachigen Filmen sehr gut ist. Auch bei den Dokumentarfilmen habe ich klare Favoriten. Für mache Kategorien wie Kostüm ist es für mich schwierig: Da ist der Unterschied, ob man den Film auf Leinwand oder DVD gesehen hat, schon erheblich.
Und wo werden Sie die Verleihung sehen?
Wahrscheinlich zu Hause im Bett. Ich versuche, so lange wach zu bleiben, wie es geht. Den Rest lese ich Montagmorgen.
Das Gespräch führte Jana Haase
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