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Mario Kade vo seinem Restaurant "Am Pfingstberg".
© Andreas Klaer

Kabarett und Kulinarik: Kultur im Restaurant Kades auf dem Pfingstberg

In Kades Restaurant am Pfingstberg wird nicht nur gut gekocht. Immer öfter treten dort auch namhafte Künstler auf. Und der Chef macht mit. Zudem gibt es ein Restaurant-Training für Jugendliche.

Potsdam - Wer bezahlt im Restaurant? Der Mann. „Und wer hat das Geld? Richtig, die Frau“, sagt Mario Kade, der das zumindest desöfteren so erlebe. Der Inhaber von Kades Restaurant am Pfingstberg in der Nauener Vorstadt, bis heute leidenschaftlich praktizierender Kellner, holt tief Luft und liefert dann die kabarettistisch-szenische Beschreibung eines Bezahlvorgangs: „Sie reicht ihm das Portemonnaie, er findet sich damit nicht zurecht, öffnet das falsche Fach. Sie sagt, andere Seite, er dreht es um, da fällt das Kleingeld aus dem von ihm eben geöffneten Münzfach. Sie sagt, gib mal her, nimmt einen Schein und gibt ihn dem Mann, der reicht ihn dem Kellner.“ Es folgen weitere Verwicklungen, und wer die flott erzählte Geschichte komplett hören will, muss entweder oben auf dem Berg essen gehen und Kade in einer ruhigen Minute erwischen - oder das Abendprogramm „Ein Gastwirt packt aus“ besuchen.

Dann steht der Chef auf der Bühne und plaudert über „komische Erlebnisse eines Kellnerlebens“. „Ich erzähle ja sehr gerne“, sagt er, und sein eigener Auftritt passt wunderbar ins Kulturprogramm mit Musik, Kabarett und Lesungen, das Kade seit einigen Jahren im Restaurant anbietet. Hier am Stadtrand, wo man es nicht unbedingt vermutet, entsteht dadurch ein kleiner, feiner Kulturstandort.

„Kunst und Kulinarik gehören für mich zusammen“, sagt der 49-Jährige. Auch die Mitarbeiter haben das verinnerlicht. Zum Service gehört Esprit und Humor. Die Gäste finden das gut und schreiben auf Bewertungsportalen: „Toller Abend, super Essen, bestens unterhalten worden“. Oder: „Lecker Essen und echt nettes lustiges Personal“. Ein anderer freute sich über „Witzige Bedienung“. Darauf antwortete der Chef: „Der Witz gehört zum Alltag wie das Salz in der Suppe“.

Ein beliebtes Ausflugsziel: Kades Restaurant "Am Pfingstberg".
Ein beliebtes Ausflugsziel: Kades Restaurant "Am Pfingstberg".
© Andreas Klaer

Ohne Vorbestellung geht nichts

Kade, dessen Restaurant seit 30 Jahren besteht - als Familiengeschäft von ihm und seiner Mutter Irmgard gegründet, holte die Kultur zunächst an Bord, um damit das Wintergeschäft des klassischen Ausfluglokals auf dem Pfingstberg zu beleben. Mittlerweile muss man sommers wie winters vorbestellen, und manche der Kultur-Dinner, jeweils drei Gänge plus Programm, sind schnell ausverkauft. „Er macht das toll, die Abende sind alle gut“, sagt ein Paar, das zu den Stammgästen zählt und im Februar in der Lesung von Harald Martenstein sitzt. Gerne wären sie auch zu Gregor Gysi gekommen, aber die Karten waren wenige Tage nach Bekanntwerden des Programms vergriffen. Der prominente Polit-Entertainer und Publizist wird am kommenden Wochenende sein Buch „Ein Leben ist zu wenig“ vorstellen.

Kade hofft, dass er auch den vielbeschäftigten Gysi als Stamm-Künstler gewinnen kann. Und Wladimir Kaminer, das würde ihn sehr freuen, aber der ziere sich noch etwas.

Restaurant als Weiterbilungsseminar

Er kennt das schon: Berühmte Leute, die große Bühnen gewohnt sind, schreiben erstmal eine Absage, wenn er sie buchen möchte. Dann aber sind sie überrascht über das schöne Ambiente und kommen immer wieder. „Auch Harald Martenstein wollte erst nicht“, sagt Kade mit einem kleinen Siegerlächeln. Mittlerweile liest er drei bis vier Mal im Jahr auf dem Pfingstberg. Die Termine mit dem Kolumnisten und Buchautoren sind immer ausgebucht. Einige Gäste kommen aus Berlin, viele sind Tagesspiegel- oder PNN-Leser, die ihren Kolumnisten mal live erleben wollen. Martenstein findet es in dem Potsdamer Restaurant gemütlich, die intimen Lesungen sogar praktisch. „Hier kann ich testen, wie neue oder auch alte Texte heute ankommen. Sie sind mein Weiterbildungsseminar“, sagt er. Außerdem sei das Essen gut. Der Vorleser bekommt aufs Pult seinen Lieblingsweißwein hingestellt und in der Pause dürfen die Gäste Fotos mit ihm machen und Bücher signieren lassen.

Harald Martenstein.
Harald Martenstein.
© Britta Pedersen/dpa (archiv)

Die ersten Kulturschaffenden auf dem Berg waren vom Kabarett Obelisk und verschiedene Liedermacher. Regelmäßig treten hier die A-Capella-Boygroup „Das hohe C“ auf, der Kabarettist Michael Eller mit Best of Kreuzfahrtwahnsinn, Zauberer André Kursch und Hellseher Martin Sierp. Es gibt Kabarett von „Die Flaneure“ und es spielt das Improvisationstheater des Ensemble Theatersport Berlin. Vieles davon wird sich auch in der kommenden Saison wiederfinden, das Programmheft wird gerade geschrieben, so Kade.

Fit fürs erste Date

Und auch er selbst geht wieder auf die Bühne. Neben Kellnergeschichten unterrichtet er seine Gäste in Sachen Manieren. Es gibt das Erwachsenenprogramm, wo es um Pünktlichkeit, gutes Benehmen oder auch gastronomische Fachbegriffe geht. Alles natürlich mit Humor vermittelt. Daneben trainiert Kade seit Jahren erfolgreich Jugendliche. Ganze Schulklassen buchen bei ihm das Programm, bei dem nicht nur der perfekte Umgang mit Besteck vermittelt wird. Es heißt, nach dem Kurs ist man fit fürs erste Date im Restaurant. Den Mädchen sagt er, wenn das Dekolleté zu tief ist, den Jungs, wenn die Unterhose blitzt. Keine Handys am Tisch, das gilt für alle. Die Jugendlichen finden Kades direkte Art gut. Einmal kam Kade in ein Potsdamer Café, wo an einem Tisch vier Jungs saßen, die ihn aus dem Kurs kannten. „Achtung, die Handys weg, da kommt der Etikettekomiker“, hätte plötzlich einer von denen gesagt. „Etikettekomiker!“ Kade muss lachen. „Mich hat das stolz gemacht.“

» Mehr Informationen unter www.restaurant-pfingstberg.de.

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