Hobbygärtner drohen höhere Beiträge: Kleingärtnerverband in Not
Die Kleingärtner schreiben einen Brandbrief wegen einem finanziellen Engpass: Sind höhere Mitgliedsbeiträge die Rettung?
Potsdam - Krisenstimmung bei den Kleingärtnern: Der Potsdamer Kreisverband der Garten- und Siedlerfreunde (VGS) hat in einem Brandbrief an seine Mitglieder vor einer finanziellen Schieflage des Vereins gewarnt. Nun drohen höhere Beiträge für Tausende Vereinsmitglieder.
In dem den PNN vorliegenden Schreiben vom 30. Januar erklärt VGS-Geschäftsstellenleiter Christian Peschel, wegen „vieler, in der Vergangenheit aufgeschobener Probleme“ bestehe „akuter finanzieller Handlungsbedarf“, um die Liquidität des gemeinnützigen Vereins zu erhalten. Der Verein fungiert laut Satzung als Dachorganisation und Interessenvertretung für rund 140 Kleingartensparten in Potsdam und Potsdam-Mittelmark mit mehr als 6600 Parzellen (siehe Kasten).
Als Gründe für die Probleme nannte Peschel unter anderem von Eigentümern rückwirkend geltend gemachte Pachtzahlungen, gerichtlich festgestellte Entschädigungsansprüche oder Forderungen der Stadt Potsdam zu den Betriebskostenabrechnungen. Dies alles führe zu „möglichen Zahlungsengpässen des Kreisverbands“ – zumal Rücklagen stetig geschrumpft seien.
Allein das Problem Betriebskostenabrechnung umfasse ein Volumen von 190 000 Euro für den Zeitraum von 2008 bis 2016. Einiges davon könne noch Verursachern zugeordnet werden, aber für einen „beträchtlichen Teil der Kosten“ könnten die Schuldigen nicht mehr ermittelt werden, machte Peschel deutlich. Das Rathaus habe bereits einen Teil der Summe vor Gericht geltend gemacht. Die VGS-Spitze sei aber bemüht, eine „bestmögliche Klärung auch auf außergerichtlichem Wege zu erzielen“. Die Stadtverwaltung reagierte bereits am Mittwoch. Zu den offenen Betriebskosten sagt der Bereichsleiter Grundstücksmanagement im Rathaus, Frank Scheffler, dass hierzu bereits Gespräche stattfinden und die Landeshauptstadt an einer einvernehmlichen Lösung interessiert sei.
VGS-Mann Peschel fordert eine Anhebung der Preise um zwölf Euro pro Parzelle
Doch angesichts auch der weiteren finanziellen Probleme und Unwägbarkeiten sieht VGS-Mann Peschel nun eine massive Umstrukturierung des Finanzhaushalts als einzige Chance „um weiterhin geschäftsfähig zu bleiben“. Dazu fordert er eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge und weiterer Gebühren zur Begleichung öffentlich-rechtlicher Lasten für das kommende Jahr von insgesamt mindestens zwölf Euro pro Parzelle. Damit würde die Gesamtbelastung bei einzelnen Parzellen bei 6,78 Euro pro Monat liegen, der Jahresbeitrag stiege auf 81,34 Euro, wovon 75 Euro an den Verband gingen. Die schon in diesem Jahr erfolgte Erhöhung der Beiträge um fünf Euro habe nicht gereicht, um die steigenden Kosten abzufedern, so Peschel. Es sei ihm „kein Verein von der Größe unseres Verbands bekannt, welcher damit überleben kann“, machte Peschel deutlich. Die Beiträge seien bisher zu niedrig angesetzt. Zudem sollten die Kleingärtner künftig selbst die Müll- und Abwassergrundgebühren tragen – was für den Verein eine Entlastung von 30 000 Euro bedeuten würde. Peschel appellierte ferner an die Mitgliedssparten, auch selbst Rücklagen zu bilden – etwa zur Baumpflege.
Am Ende des Briefs wird Peschel noch einmal grundsätzlich. Wenn nicht jetzt „ein entscheidender Wandel passiert und in die Zukunft investiert wird“, bestehe die Gefahr, dass „wir Kleingärtner langsam von der Bildfläche verschwinden“. Es dürfe nicht am falschen Ende gespart werden, verteidigt er die geplanten Beitragserhöhungen, Gerade die Nachwuchsförderung oder die Unterstützung von Schulgärten oder Sozialprojekten zur Erhaltung der steuersparenden Gemeinnützigkeit dürften nun nicht weggespart werden, so der VGS-Leiter.
„Das ist natürlich für alle Seiten unbequem“
Auf PNN-Nachfrage sagte Peschel am Mittwoch, Ziel sei es nun, bei einer Mitgliederversammlung im März einen demokratischen Beschluss zu den Beitragserhöhungen zu fassen. Bei einem ersten Arbeitstreffen am Dienstag habe es Fürsprecher für die Pläne gegeben, betonte Peschel – aber eben auch Gegner: „Das ist natürlich für alle Seiten unbequem.“ Kritiker der VGS-Spitze, die lieber anonym bleiben wollten, erklärten den PNN, es müsse detailliert geklärt werden, wie die Schieflage entstanden sei.
Zu möglichen Auswirkungen einer Insolvenz wollte Peschel nicht spekulieren: „Das steht nicht im Raum.“ Gleichwohl wäre ein Aus wohl folgenreich: Der VGS tritt schließlich nach eigenen Angaben für zahlreiche Gartensparten als Vertreter auf, der die Pachtverträge mit den Eigentümern aushandelt und verwaltet. Zudem hatte der Verband in der Vergangenheit gerade in Potsdam mehrfach und mit wechselndem Erfolg gegen die drohende Schließung von Kleingartensparten gekämpft, wenn Investoren solche Flächen in Bauland umwandeln wollten.
Der Verein
Laut der aktuellen Satzung des Potsdamer Kreisverbands der Garten- und Siedlerfreunde hat der vor allem aus Beiträgen und Spenden finanzierte Verein unter anderem folgende Aufgaben:
die Schaffung, Sicherung und ökologisch orientierte Nutzung der Kleingartenanlagen und Kleingärten,
die Beratung, Betreuung, Aus- und Weiterbildung seiner Mitglieder, etwa bei der Durchsetzung der Rahmengartenordnung,
die Förderung aller geeigneter Maßnahmen, Grundstücke für Kleingärtner und Siedler zu erhalten und neue bereitzustellen, den Bestandsschutz rechtmäßig errichteter Baulichkeiten und Anlagen zu sichern,
die Sicherung der Kleingartenanlagen als Dauerkleingartenanlagen in Bebauungsplänen.
Der Vereinssitz ist die Babelsberger Paul-Neumann-Straße 33 a. Aktueller Vorstandschef ist Wolfgang Zeidler. Der langjährige Kreisgeschäftsführer Friedrich Niehaus fungiert noch als Beisitzer in dem parteipolitisch und konfessionell unabhängigen Verein.
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