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Der Ökonom Ottmar Edenhofer drängt auf entschiedenere Schritte beim Klimaschutz
Potsdam - Ottmar Edenhofer, Chef-Ökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), bleibt skeptisch. In Paris einigten sich im Dezember vergangenen Jahres die beteiligten Staaten auf ein Klimaschutzabkommen. Nun wird das Abkommen in New York feierlich unterzeichnet. Wie es umgesetzt wird, ist allerdings bisher recht unklar. „Wir müssen den Einstieg in eine internationale Klimapolitik schaffen“, sagt Edenhofer. Bisher gebe es lediglich Ansätze einer Politik, die auch die Folgen weltweit steigender Kohlendioxyd-Emissionen einbezieht.
Eine weltweite Energiewende sei allerdings ebenso wenig in Sicht, wie eine deutsche Politik, die kompromisslos auf erneuerbare Energien setzen würde. Seit 2000 sind in Deutschland etwa zehn Kohlekraftwerke entweder neu gebaut oder in erneuerter Form ans Netz gegangen. Die Industrie unternimmt erhebliche Anstrengungen, um weiter an der billigsten Form der Energieerzeugung zu verdienen. „Die Energiewende steckt in Deutschland in einer deutlichen Krise. Wir werden weiterhin als Kohle-Nation wahrgenommen“, so Edenhofer. Zwar würden die Folgen einer zögerlichen Klimapolitik schneller sichtbar als bisher angenommen, so der Ökonom. Aber es geschähe trotzdem viel zu wenig.
Während Gletscher abschmelzen, Inselstaaten im Meer versinken und die Niederländer bereits über höhere Dämme nachdenken müssen, setzen die Unterzeichnerstaaten weiter auf freiwillige Selbstkontrolle. Dass die nicht so recht funktioniert, hat sich bereits in den vergangenen Jahren gezeigt. Denn trotz teurer, international verhandelter Konferenzen sind die weltweiten Emissionen ungebremst weiter gestiegen. Auch die kürzlich verbreitete Nachricht über den mittlerweile gestoppten Anstieg der Emissionen im boomenden Kohleland China basierten möglicherweise auf einer zweifelhaften Berechnung.
Wie also ist der Schwenk hin zu einer verantwortungsvollen Klimapolitik zu schaffen? Möglicherweise mit der Einpreisung der Klimafolgen in die Kosten für die Emission von Kohlendioxyd. Ottmar Edenhofer hat es ausgerechnet. Wenn der Emissionspreis für eine Tonne Kohlendioxyd (CO2) auf 50 US Dollar pro Tonne steigen würde, könnte sich der Ertrag aus den Einnahmen des Verkaufs der Emissionszertifikate auf die Summe von 1,8 Billionen Dollar addieren. Das würde ausreichen, um einen erheblichen Teil der weltweiten Armut zu beseitigen.
Denn die veranschlagte Summe zur Bereitstellung eines universellen Zugangs zu sauberem Wasser, Sanitäranlagen und Elektrizität schätzt eine aktuelle Studie auf knapp eine Billion US-Dollar. Nun liegt der gegenwärtige Preis für eine Tonne CO2 allerdings gerade einmal knapp über fünf Euro. Der Emissionspreis hat in den vergangenen fünf Jahren eine rasante Talfahrt von ohnehin nicht sehr üppigen 20 Euro je Tonne auf den gegenwärtigen Tiefpunkt hinter sich gebracht.
Edenhofer hält hingegen ein Ziel von 100 Euro je Tonne im Jahre 2030 für sinnvoll. Ökonomisch sei das auch von den nicht so hoch entwickelten Ländern zu verkraften. „Obwohl in den vergangenen Jahrzehnten der Preis der Arbeit rasant gestiegen ist, wird dennoch viel mehr produziert“, erklärt Edenhofer. Grund sei die gestiegene Produktivität. Gleiches könne sich bei den CO2 vermeidenden Technologien vollziehen. Je besser die Technik werde, desto mehr CO2 könne vermieden werden. Dann könnten die sinkenden Emissionen teurer werden. Eine Erklärung für den gegenwärtigen Preisverfall und die Möglichkeit, diesen zu vermeiden hat Edenhofer auch. Wissenschaftler und Politiker hätten bei der Konzeption und der Ausgabe der bisherigen Emissionszertifikate ökonomische Mechanismen grob missachtet. Man habe übersehen, dass auch für marktwirtschaftliche Prozesse ein entsprechender staatlicher Rahmen gesetzt werden müsse. Ein steigender CO2-Preis könnte allerdings auch für die Stahlindustrie problematisch werden, die viel Abgas produziert. „Da wären dann Ausnahmeregelungen notwendig“, erklärte Edenhofer.
Gegenwärtig setzten vor allem die weniger entwickelten Staaten auf billige Kohle, um mit billigerer Energie ihre boomenden Wirtschaften in Schwung zu bringen, so Edenhofer. Daher sei es notwendig, den in Paris anvisierten globalen Klimafond schnell auf einen guten Weg zu bringen. Bis zum Jahre 2020 sollen sich in diesem Fond 100 Milliarden Dollar befinden. Verwendet werden soll das Geld, um Ausgleichszahlungen und Unterstützungen zu zahlen. Bisher allerdings befinden sich lediglich sechs Milliarden US-Dollar im Topf. „Ich habe die Befürchtung, dass der Rest von vielen Staaten durch kreative Buchführung beigesteuert wird, indem schon bestehende Zahlungen einfach umdeklariert werden“, fürchtet Edenhofer.
Bliebe als letztes Steuerungselement die Selbstverpflichtung der Staaten zur Emissionsreduzierung. Hierfür müssten erst einmal die weltweiten Emissionen vergleichbar gemacht werden. Dann könnte ein Wettlauf um die niedrigsten Emissionen einsetzen, vermutet Edenhofer. Allerdings wären dazu Sanktionen notwendig. Die allerdings sind bisher noch in keinem Klimaabkommen vorgesehen.
Richard Rabensaat
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