70 Jahre Potsdamer Abkommen: Kein Sonntagsschloss
Vor 70 Jahren wurde in Cecilienhof das Potsdamer Abkommen unterzeichnet
Viel ist nicht zu sehen: An die Potsdamer Konferenz vor 70 Jahren erinnert im Innenhof des Schlosses Cecilienhof derzeit nur das kreisrunde Beet mit dem roten Stern aus Geranien. Damit hatte der sowjetische Staatschef Josef Stalin unmissverständlich klargemacht, wer der Gastgeber der Konferenz zur Nachkriegsordnung vom 17. Juli bis 2. August 1945 mit dem US-Präsidenten Harry S. Truman und dem britischen Premier Winston Churchill beziehungsweise dessen Nachfolger Clement Attlee war.
Das einstige Kronprinzenschloss ist zum größten Teil eingerüstet, im Hof liegen stapelweise alte Dachziegel und an den teils eingestürzten Stützmauern der Gartenanlagen tauschen Steinmetze die Natursteine aus. Es ist die erste umfassende Sanierung des von 1913 bis 1917 vom letzten deutschen Kaiser Wilhelm II. für das Kronprinzenpaar Wilhelm und Cecilie errichteten Schlosses im englischen Landhausstil. Dorthin hatte Stalin zur Alliierten-Konferenz geladen, weil es im völlig zerstörten Berlin keine geeignete Tagungsstätte mehr gab.
Für Besucher aus aller Welt hat Cecilienhof eine ungebrochene Anziehungskraft. „Derzeit haben wir bis zu 1300 Besucher an den Wochenenden“, berichtet Schlossbereichsleiter Harald Berndt. Jedes Jahr kommen bis zu 170 000 Touristen. „Die Besucher kommen aus den USA, China, Japan und sehr viele aus Polen und Russland“, berichtet Berndt. Darunter sind besonders viele Senioren, aber auch viele Schulklassen. „Die wollen am historischen Ort nachvollziehen, was ihnen im Unterricht über die Weltgeschichte beigebracht wurde.“ „Ich sage immer, es ist kein Sonntagsschloss, kein Ort, an den man fährt, um einen unbeschwerten Tag zu verbringen“, sagt Nils Hauer, der seit mehr als zehn Jahren Besucher durch das Schloss führt. „Hier geht es um den Teil der deutschen Geschichte, der schwerer verdaulich ist.“
Das Publikum sei sehr gemischt, sagt Hauer. Neben Schulklassen aus Polen, Frankreich oder Großbritannien kämen hochrangige militärische Delegationen und Staatsgäste, ebenso Vertriebene, die in Cecilienhof nicht den Neuanfang, sondern den Verlust sehen. „Aber sie werden stetig weniger“, sagt Hauer. Er habe auch schon Kriegsveteranen aus den USA durch das Schloss geführt, eine Gruppe von Holocaust-Überlebenden und den Oberbefehlshaber der amerikanischen Seestreitkräfte.
Doch die stärkste Besuchergruppe komme mittlerweile aus Asien, vor allem aus Japan und China, sagt Hauer. Denn bei der Potsdamer Konferenz ging es nicht nur um die Nachkriegsordnung in Europa, denn der Krieg im Pazifik gegen das kaiserliche Japan tobte unvermindert weiter. Truman erhielt in Potsdam die Nachricht, dass die Atombombe einsatzfähig sei und die Alliierten stellten dem japanischen Kaiserreich ein Ultimatum zur Kapitulation. „Deswegen besuchen viele Japaner auch die Truman-Villa in Babelsberg, denn dort hat sich Truman vermutlich zum Abwurf der beiden Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki entschlossen“, sagt der Potsdamer Historiker Manfred Görtemaker. Den endgültigen Befehl zum Abwurf der Atombomben erteilte Truman allerdings erst Anfang August auf der Rückfahrt in die USA. Die Tochter von Winston Churchill, die damals in Potsdam Adjutantin ihres Vaters war, habe bei ihrem Besuch in Potsdam berichtet, wie die Atmosphäre bei den Konferenzteilnehmern in Potsdam war: „Dass dort eben auch gefeiert wurde, dass man sich zum Essen und zu Konzerten traf und dass man versuchte, sich gegenseitig durch ein gutes Kulturprogramm zu überbieten.“
Bis 2017 werden nun das Dach, die markanten 38 Schornsteine und die Naturstein-Fassade des Ensembles restauriert. Und ein Streit über die originalgetreue Pflanzung des roten Sterns konnte von den Gärtnern gelöst werden. „In den 1990er-Jahren gab es die Ansicht, dies seien Rosen gewesen“, erzählt Berndt. „Aber da Rosen nur langsam wachsen und der Konferenzort recht kurzfristig festgelegt wurde, ist klar, dass es auch damals Geranien waren.“ Klaus Peters
Klaus Peters
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