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Der Traum von einer eigenen Wohnung mit Balkon - in Potsdam ist er schwer zu erfüllen.
© Ralf Hirschberger/ZB /Archiv/ Symbolbild)

Interview | Immobilienmakler in Potsdam: „Kaum Chancen für Normalverdiener“

Promi-Immobilienmakler Robert Neubauer über noch einmal anziehende Preise für Wohnungen und Häuser in Potsdam und Barzahler.

Mitten in der Coronakrise hieß es, die Immobilienpreise in deutschen Städten könnten fallen. Wie ist Ihr Eindruck für Potsdam aktuell?
Ganz anders. Nach dem sehr plötzlichen Lockdown war es aber erst einmal so: Unsere Ladengeschäfte mussten wir schließen, alle Faxe, E-Mails, Dateien und Anrufe wurden zu mir privat nach Hause gestellt. Zugleich wurde unser Geschäft aber komplett unterbrochen, innerhalb weniger Stunden. 

Was hieß das?
Wir haben sonst rund 20 bis 30 Anfragen am Tag, das sind Kunden aus aller Welt. Und mit Beginn des Lockdowns: Nichts. Gar nichts mehr. Das Telefon war tot. Verrückt, ich habe mich sogar selbst im Büro angerufen, um zu schauen ob überhaupt das Telefon noch geht. Da macht man sich grundsätzliche Gedanken, was passiert hier gerade. Es gab eben nur einzelne Anfragen, ob nun die Preise sinken - auch wegen der besagten Schlagzeilen und Expertenmeinungen, dass es eine Katastrophe bei den Immobilienpreisen gibt. Aber ich bin grundsätzlicher Optimist: Es gibt zwar Schwankungen, aber Immobilien gewinnen immer. 

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Hat sich das erfüllt?
Es war so: Die Preise für Edelmetall sind gefallen, auch die Aktienpreise. Aber dann, etwa 14 Tage nach dem Lockdown, nachdem sich die Leute mit dem Thema abgefunden haben, sind die Anfragen pro Tag plötzlich wieder gestiegen. Und momentan haben wir sogar 33 Prozent mehr Anfragen als vorher, auch der Umschlag von Immobilien ist deutlich schneller. Wir haben gerade viel mehr zu tun als vor Corona. 

Woran liegt das?
Ich denke: Die Leute wissen nicht, was mit dem Geld passiert, ob es entwertet wird. Aber eine Immobilie bleibt eine Immobilie. Und die Menschen wurden ja praktisch in ihrem eigenen Land eingesperrt - und haben auch erkannt, wie attraktiv es hier in Deutschland ist, der Lockdown hat ja funktioniert. Zugleich haben wir schon in den vergangenen Jahren eine regelrechte Berlin-Flucht erlebt, ins Umland. Und Potsdam ist da der erste Punkte, ohne Smog, mit viel Grün, mit einer guten Anbindung. Und wir haben festgestellt, dass unsere Kunden im Zuge von Corona festgestellt haben, dass die Leute wieder das Ländliche suchen: Was nützt mir mein schickes Penthouse in Berlin-Mitte, wenn ich dort nicht mehr rauskomme. Davon profitieren auch Orte wie Caputh oder Werder (Havel). Denn in einem Einfamilienhaus mit Garten kommt man eben immer auch schnell ins Grün, da steht der Grill immer im Garten. 

Peyton Robert Neubauer (47) ist Immobilienmakler in Potsdam und führt das Unternehmen „Dahler & Company“ mit Sitz in der Yorckstraße. Bekannt wurde er durch mehrere Fernsehauftritte.
Peyton Robert Neubauer (47) ist Immobilienmakler in Potsdam und führt das Unternehmen „Dahler & Company“ mit Sitz in der Yorckstraße. Bekannt wurde er durch mehrere Fernsehauftritte.
© Foto; privat

Also steigt die Nachfrage in der Region, Einfamilienhäuser dürften wohl noch teurer werden?
Ja. Und es ist ja auch so: Wir haben zwar sehr viele Investoren, die gerade hier in Potsdam bauen würden - aber es gibt einfach keine Bauplätze mehr. Und wir merken gerade, dass unsere Kunden sehr schnell zu sehr knackigen Preisen verkaufen. Wir haben erst jetzt in der Berliner Vorstadt innerhalb von nur vier Tagen eine Eigentumswohnung zu einem Preis verkauft, den wir in der Höhe nicht erwartet hätten. Ich staune selbst, welche Preise da möglich sind. Aber Leute aus München, Hamburg oder Sylt geht es anders: Sie verfügen über mehr finanzielle Mittel. Aus ihrer Sicht erkauft man sich in Potsdam nicht die Immobilien an sich, sondern den Wohnplatz hier, wenn es noch etwas zu erwerben gibt. 

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Potsdamer Familien, die noch einen Traum vom Eigenheim haben, müssen also ins Umland ausweichen?
Ja. Denn der Otto-Normal-Verdiener kommt gerade in einen Pulk vieler Interessenten. Solche Leute, die normalerweise erst einmal mit der Bank über Finanzierungsmöglichkeiten sprechen und den Gutachter beauftragen, werden gerade von Barzahlern überholt. Diese sagen: Dieses Haus für 500 000 Euro gefällt uns, wir können es sofort in bar bezahlen. 

Können Sie das noch an anderen Beispielen schildern?
Wir hatten zuletzt ein besonderes Zwei-Familien-Haus im Potsdamer Norden, dass wir für 1,2 Millionen Euro verkaufen wollten, wohlgemerkt unsaniert. Das waren 200.000 Euro mehr als eigentlich der Gutachter geschätzt hatte. dennoch gab es 25 Interessenten. Das Problem war: Wie filtern wir das jetzt? Wir haben dann entschieden, es nur mit Barzahlern zu versuchen. Und wissen Sie was: Es gab immer noch 15 Personen, die sofort hätten bar zahlen wollen. Bei 1,2 Millionen Euro unsaniert … So viele Barzahler - also 1,2 Millionen bar auf dem Konto - so etwas habe ich in meinen 25 Jahren in der Potsdamer Immobilienbranche nicht erlebt. Schon daran sieht man, dass Normalverdiener kaum noch Chancen haben hier vor Ort. 

Gibt es denn viele Menschen, die sich für Immobilien auf dem Land interessieren?
Ja. Da gibt es nach der Krise viele Nachfragen, gerade weil man auf einem Hof mit fünf Hektar Fläche natürlich frei ist, sollte es noch einmal einen Lockdown geben. Die erhöhte Nachfrage nach solchen Objekten war früher nicht denkbar. 

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Zurück nach Potsdam. Wenn die Immobilienpreise steigen, dann steigen doch auch die Mieten - was ja in Potsdam sowieso ein Problem ist?
Die Gentrifizierung in Potsdam gibt es schon lange. Wir empfehlen unserer Eigentümern, nicht mehr mit zehn oder elf Euro pro Quadratmeter in die Vermarktung zu gehen, wie das noch vor einem Jahr üblich war - sondern mit 14 Euro, die Kunden dafür sind da. Das ist für normale Verdiener natürlich der absolute Killer. 

Wie empfinden Sie das?
Für mich als gebürtigen Potsdamer schlagen in meiner Brust zwei Herzen. Ich sehe ja wie die Stadt wächst, wie sie sich verändert - auch von den Menschen her. Ich erkenne da meine eigene Stadt zum Teil nicht wieder, bekannte Gesichter sieht man einfach nicht mehr, es wird zusehends anonymer. 

Zwischendurch gab es Befürchtungen, dass es in Potsdam eine Immobilienblase geben könnte. Diese Sorge haben Sie nicht?
Nein. In Potsdam ist das Angebot so verknappt und die Nachfrage so hoch: Da gehen die Preise nach oben. Und das Bauland ist eben auch sehr begrenzt. Und eine Situation wie beispielsweise in München, dass die Immobilienpreise schon so hoch sind, dass sie gar nichts mehr einspielen, ist noch nicht gegeben - die Rendite hier liegt immer noch bei rund 2,5 bis drei Prozent. Die Mieten steigen mit den Preisen. 

Spüren Sie die Entwicklungen auch privat?
Ich habe hier zuletzt mein Privathaus in der Innenstadt zu einem guten Preis verkauft und wir suchen nun eine schöne Eigentumswohnung in der Innenstadt, finden aber selber in Potsdam momentan auch nichts Bezahlbares mehr. Das muss man sich einfach mal vorstellen: Selbst der Makler, der eigentlich an der Quelle sitzt, sucht vergebens.

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