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Der Schlaatz soll umgestaltet und ergänzt werden. 
© Andreas Klaer

Potsdamer Stadtviertel Schlaatz wird umgestaltet: Jury kürt Sieger in Ideenwettbewerb

Die drei besten Entwürfe für das Quartier stehen fest - sie zeigen sehr unterschiedliche Ideen für die Zukunft des Viertels. Im Juni soll feststehen, welcher Entwurf umgesetzt wird.

Grün, futuristisch oder zur Nuthe orientiert: So könnte der Schlaatz in einigen Jahren aussehen. In einer elfstündigen Sitzung hat eine Jury am Dienstag die drei besten Entwürfe im offenen Planungswettbewerb für den Masterplan Schlaatz 2030 gekürt. Es gehe, so heißt es in der Mitteilung, um „das aktuell größte Stadtumbau-Projekte in Potsdam“. Neun Bewerbungen waren eingegangen, im Dezember waren diese bereits im Bürgerhaus am Schlaatz zu sehen gewesen – allerdings unter Zusicherung der Verschwiegenheit. Am Dienstagabend wurden die Visionen für den Schlaatz der Zukunft erstmals öffentlich präsentiert.

Das Büro Bauchplan aus München nimmt die Aufenthaltsqualität an den langen Linien in den Blick. 
Das Büro Bauchplan aus München nimmt die Aufenthaltsqualität an den langen Linien in den Blick. 
© Visualisierung: bauchplan ).( Stadtplanung und Landschaftsarchitekten | München

Der Vorschlag des Münchner Büros Bauchplan legt den Fokus auf den offenen Raum zwischen den Gebäuden, ist sehr grün und mit zahlreichen Bäumen. „Der Entwurf legt einen starken Fokus auf den Freiraum“, sagte Jurypräsidentin Sophie Wolfrum. Neben der Architektin und Vorsitzenden des Potsdamer Gestaltungsrates bestand die Jury aus den Beigeordneten Bernd Rubelt (parteilos) und Brigitte Meier (SPD), Sebastian Krause, Vorstand der Wohnungsgenossenschaft Karl Marx, und vier externen Architekten, Stadtplanern und Landschaftsarchitekten.

Aktuell sei der öffentliche Bereich am Schlaatz „leicht verlottert“, so Wolfrum. Der Entwurf aus München habe vor allem die Aufenthaltsqualität der langen Linien in den Blick genommen – eine L-förmige Straßenachse, die im Norden mit dem Milanhorst beginnt und dann über Weidenhof und Pappelhof quer läuft. Dabei wird nur sehr behutsam verdichtet.

Der Entwurf der AG Urban aus Berlin verdichtet stark nach und lässt durch neue Riegel urbane Innenhöfe entstehen.
Der Entwurf der AG Urban aus Berlin verdichtet stark nach und lässt durch neue Riegel urbane Innenhöfe entstehen.
© Visualisierung: AG Urban | Berlin

Der Entwurf der AG Urban aus Berlin wirkt dagegen futuristisch. Die Pläne werden erzählt wie eine Geschichte. Man sieht Menschen, die mit ihren Smartphones durch den Stadtteil gehen, durch geschwungene Arkaden schlendern, vorbei an vertikalen Gärten an Hauswänden. Der Entwurf habe das Thema der produktiven Stadt gewählt, so Wolfrum. Bei dieser Kritik am modernistischen Städtebau, wo ein Ort nur einen Zweck hat – also Arbeit hier, Wohnen dort – sollen die Arbeitsplätze im gleichen Viertel angesiedelt werden. Es stelle sich die Frage: „Wie können Arbeitswelten in eine Stadt integriert werden, die für die Menschen dort stabil bleiben soll?“ Das Berliner Büro schlägt eine starke Nachverdichtung vor, durch zusätzliche Gebäuderiegel entstehen neue Innenhöfe, die sehr urban wirken.

Octagon aus Leipzig und GM013 Landschaftsarchitektur aus Berlin orientieren sich zur renaturierten Nuthe.
Octagon aus Leipzig und GM013 Landschaftsarchitektur aus Berlin orientieren sich zur renaturierten Nuthe.
© Visualisierung: Octagon Architekturkollektiv/GM013 Landschaftsarchitektur

Der dritte Entwurf, vorgelegt von Octagon Architekturkollektiv aus Leipzig mit GM013 Landschaftsarchitektur aus Berlin, „kommt zunächst sehr bescheiden daher“, so Wolfrum. Verdichtet wird hier über Punkthochhäuser und Townhouses in den Innenhöfen. Integriert wird hier die renaturierte Nuthe, wobei der Schlaatz durch eine Brücke mit Babelsberg verbunden wird. Die Planer hätten viele kleine Ideen für unterschiedliche Orte im Viertel vorgelegt, sagte die Jurypräsidentin. „Das ist Stadtreparatur im besten Sinne.“

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Der Schlaatz, so war die Zielstellung des Wettbewerbs, soll bis 2030 lebenswerter werden, ohne die bisherige Bewohnerschaft zu verdrängen. Anna Popelka, ebenfalls Jurymitglied, beschrieb das Ziel des Verfahrens online so: Die Plattenbausiedlung mit Schwerpunkt Wohnen solle „zeitgemäß und zukunftstauglich konvertiert und nachverdichtet werden“. In dem Quartier im Südosten Potsdams lebt ein verhältnismäßig hoher Anteil an einkommensschwachen Haushalten. Etwa ein Viertel der Schlaatzer bezieht Hartz IV. Pro Potsdam und Genossenschaften halten gemeinsam 85 Prozent der insgesamt 5600 bestehenden Wohnungen in dem Stadtteil.

Rund 500 neue Wohnungen

Doch es geht, das zeigen auch die Entwürfe deutlich, nicht nur um die ohnehin geplante Sanierung von 2500 Bestandswohnungen der Pro Potsdam bis 2033 und den Bau des Sportforums bis 2024. Sondern es soll auch durch den Neubau von rund 500 Wohnungen um das ergänzt werden, was bislang fehlt. Das sind insbesondere größere Wohnungen für Familien mit mehreren Kindern und barrierefreier Wohnraum. Auch Gewerbe soll zusätzlich angesiedelt werden. In den Fokus stellen sollten die Entwürfe insbesondere drei Orte am Schlaatz: den Magnus-Zeller-Platz als süd-westlichen Eingangsbereich für das Quartier und Ankunftsort mit der Tram, den Marktplatz am Rewe-Markt und die genannte lange Linie.

Die nun ausgewählten drei Entwürfe sind die Konkretisierung eines Prozesses, dessen erste Überlegungen bis ins Jahr 2015 zurückreichen. Anders als beim Umbau von Drewitz zur Gartenstadt sollten die Bewohner von Anfang an durch zahlreiche Beteiligungsformate eingebunden werden. Den Wettbewerb ausgelobt hat das 2019 gegründete „Bündnis für den Schlaatz“, in dem sich Rathaus, Sozialträger und Wohnungswirtschaft zusammengeschlossen haben.

Grundlage für die Weiterentwicklung

Die drei Finalisten werden nun in Dialogrunden mit Akteuren und Bürgern weiterentwickelt. Das heißt, die Entwürfe sind noch nicht der Endpunkt, sondern „eine gute Grundlage für die Weiterentwicklung“, wie Baudezernent Rubelt sagte. Im Juni soll das Gesamtkonzept stehen – dann soll auch die Entscheidung für eines der Planungsbüros fallen.

Alle Beteiligten zeigten sich nach der Jurysitzung zufrieden mit der Qualität der Vorschläge. Sebastian Krause von der Genossenschaft Karl Marx betonte, alle Ideen gingen „behutsam und respektvoll mit dem Bestand“ um. „Das Verfahren hat sich gelohnt“, sagte Rubelt. Gerade die große Bandbreite biete neue Perspektiven. „Wir nehmen die Menschen vor Ort mit“, versicherte er.

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