Potsdam: Jauch spendet schöne Aussichten
Die 1,5-Millionen-Euro-Gabe für die Garnisonkirche stammt vom Potsdamer TV-Moderator. Auch der Hansa-Rostock-Investor Rolf Elgeti und ein Caputher Freiherr sind unter den Großspendern
Das Geheimnis ist gelüftet: Der prominenteste Mäzen für den Wiederaufbau der Garnisonkirche ist Günther Jauch. 1,5 Millionen Euro hat Deutschlands beliebtester TV-Moderator für das Projekt zur Verfügung gestellt. Mit dem Geld soll die in 57 Metern Höhe geplante Aussichtsplattform gebaut werden. Jauch hatte die Summe bereits im Sommer gespendet, damals hatten die Garnisonkirchen-Stiftung und die Fördergesellschaft den Namen des Mäzens auf dessen Wunsch allerdings noch geheim gehalten.
Am gestrigen Dienstag wurde seine und die Identität anderer Großspender in der neuesten Ausgabe der Garnisonkirchen-Publikation „Potsdamer Spitze“ enthüllt. Jauch, der sich in den letzten Monaten mit öffentlichen Äußerungen zur Stadtentwicklung sehr zurückgehalten hat, gab der Zeitschrift nun eines seiner seltenen Interviews zum Thema. Er habe sich aus der Diskussion um den Wiederaufbau lange herausgehalten, sagt er dort. Als sich in diesem Jahr herauskristallisierte, dass man sich zunächst auf den barocken Turm beschränken wolle, habe er dies für ein „ebenso realistisches wie eben auch unterstützenswertes Ziel gehalten“, erklärte der Wahl-Potsdamer, der vor 15 Jahren mit seiner Spende für das Fortuna-Portal auch die Initialzündung für den Wiederaufbau des Stadtschlosses gab. Das in der Kirche geplante Versöhnungszentrum sei angesichts der Vielzahl von Krisenherden auf der Welt besonders wichtig, sagte Jauch. Es sei daher „gut zu wissen“, dass es Menschen gebe, „die sich intensiv mit den Fragen der Friedenssicherung und Versöhnung zwischen verfeindeten Völkergruppen, Religionen und Gesellschaften auseinandersetzen“. Dass solches künftig im Turm der Garnisonkirche geschehe, sei ein „gutes Zeichen“.
Angesprochen auf die Kritik an dem Vorhaben, sagte er: „Nennen Sie mir ein Thema, bei dem es in Potsdam keine kritischen Stimmen gibt.“ Wenn am Ende aber jene gewännen, „die zum Teil noch dafür verantwortlich sind, dass dieses wertvolle Kulturgut komplett zerstört wurde, dann machen wir diese Menschen und deren Geist zu Gewinnern der Geschichte“. Man brauche solche „authentischen Orte, um uns an die Vielschichtigkeit unserer Geschichte immer wieder zu erinnern und unsere Lehren daraus zu ziehen“, sagte Jauch weiter. „Dort, wo nichts mehr steht, wird auch nach nichts gefragt.“ Nicht zuletzt freue er sich auf den Ausblick vom Turm auf eine „beneidenswert schöne Stadt“.
Auch die Namen der anderen Großsponsoren der letzten Monate sind jetzt bekannt. So verbirgt sich hinter der 250 000-Euro-Spende für die im Turm geplante Bibliothek der frühere Chef des Immobilienkonzerns TAG, Rolf Elgeti. Der millionenschwere Manager, ebenfalls Wahl-Potsdamer, war zuletzt durch seine umstrittenen Investments beim Fußball-Drittligisten FC Hansa Rostock in die Schlagzeilen geraten. Im Wiederaufbau der Garnisonkirche sehe er die Möglichkeit, „an diesem historischen Ort ein Bildungsforum mitzugestalten, in dem die kommenden Generationen für die Zukunft lernen können“, sagte Elgeti. Die Bibliothek soll künftig den Namen der Potsdamer Firma des Mäzens tragen: Obotricia Capital. Es ist zugleich eine Reverenz an seine Heimat Mecklenburg-Vorpommern. Die Obotriten sind eine Herrscher-Dynastie, die ab 1137 fast 800 Jahre lang in Mecklenburg-Vorpommern regierte.
Auch der bei Potsdam lebende Architekt Georg Freiherr von Willisen hat sich in die Spenderliste eingetragen. Er hat 150 000 Euro für den Turmaufstieg bereitgestellt. Er wünsche sich, dass durch den Wiederaufbau des Garnisonkirchturms „diese große, durch Zerstörung entstandene Lücke im Stadtbild unbedingt geschlossen wird“, sagte von Willisen. Anfangs sei er für einen modernen Bau an diesem Standort gewesen. Doch gebe es „einige Beispiele für den Wiederaufbau historischer Gebäude in moderner Interpretation, die wenig überzeugen“. Von Willisen nimmt übrigens selbst gern Anleihen bei berühmten Vorbildern. Seine „Villa San Vitale“ am Ortseingang von Caputh zitiert die Schinkelschen Villen im italienischen Stil, die sich oft in Potsdam finden.
Er freue sich ebenso über die Großsponsoren wie über die vielen kleinen Spenden, sagte Wieland Eschenburg, Kommunikationsvorstand der Garnisonkirchen-Stiftung, gestern den PNN. Als Beispiel nannte er den Imker Manfred Schnell aus Paretz, der gemeinsam mit einem Kollegen 140 Euro aus dem Verkauf von Honig zur Verfügung gestellt hat. Das zeige, dass das Wiederaufbauprojekt eine breite Unterstützung in der Bevölkerung genieße, sagte Eschenburg.
Bei einer im Frühjahr durchgeführten PNN-Umfrage hatten sich 77,6 Prozent der befragten Potsdamer für einen Wiederaufbau der Garnisonkirche ausgesprochen. Eine repräsentative Erhebung zu diesem Thema gibt es bislang nicht.
Das Projekt ist seit Jahren umstritten. Gegner argumentieren hauptsächlich mit dem sogenannten Tag von Potsdam am 21. März 1933, als sich Hitler und Reichspräsident Hindenburg vor der Garnisonkirche symbolisch die Hand schüttelten. Die Garnisonkirchen-Stiftung will das einstige Potsdamer Wahrzeichen, das mit seinem fast 90 Meter hohen Turm das Stadtbild prägte, als Versöhnungszentrum wiederaufbauen. Dort soll die Bevölkerung, vor allem Schulklassen, auch über die dunklen Kapitel der deutschen Geschichte informiert werden.
Wie berichtet will die Stiftung im Oktober 2017 mit dem Wiederaufbau einer zunächst abgespeckten Variante ohne Turmhelm und barocken Zierrat beginnen, die 26,1 Millionen Euro kosten soll. Noch immer fehlen rund eine Dreiviertelmillion Euro bis zu dieser Summe. Er sei optimistisch, diese Lücke bis zum Jahresende zu schließen, sagte Eschenburg. Erst dann will der Bund über die Freigabe der in Aussicht gestellten zwölf Millionen Euro entscheiden. Der Bund hatte die Förderung mit der Bedeutung der Kirche als „national bedeutendes“ Kulturdenkmal begründet. Nach der Intervention der evangelischen Landeskirche, die ebenfalls ein Darlehen in Höhe von 3,5 Millionen Euro beisteuert, soll nur noch der Turm nach dem Original wiederentstehen, das Kirchenschiff aber nicht – als Symbol für die Brüche der belasteten Geschichte.
Die Zeit drängt: Weil die Baugenehmigung 2019 ausläuft, muss der Turm nach brandenburgischem Baurecht spätestens Ende 2020 fertig sein.
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