Corona-Lage in Potsdam: Infektionszahlen noch höher als angegeben
Durch Nachmeldungen klettern die Inzidenzen in der Landeshauptstadt nachträglich deutlich. Trotz Engpässen in Kitas ist das Ministerium gegen einen Beitragserlass.
Potsdam - Die Zahl der Corona-Infizierten in Potsdam ist seit Wochen deutlich höher, als von den Behörden zunächst ausgewiesen. Offenbar kommt man in der Omikronwelle zunehmend in Verzug mit der Verarbeitung von positiven Testergebnissen. Das geht aus der Auswertung der Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) hervor. Demnach lag die aktualisierte Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner in Potsdam in den vergangenen zehn Tagen – unter Berücksichtigung der Nachmeldungen – im Durchschnitt gut 140 Punkte höher als zunächst vermeldet.
Korrektur um bis zu 191 Inzidenzpunkte
Am größten fiel die nachträgliche Korrektur für den vergangenen Samstag (22.1.) aus – mit Nachmeldungen korrigierte das RKI den Sieben-Tage-Inzidenzwert für Potsdam um 191 Punkte nach oben, 348 Fälle waren für den Zeitraum nachträglich hinzugekommen. Zum Vergleich: Im Landkreis Potsdam-Mittelmark bewegte sich die nachträgliche Inzidenz-Korrektur seit Mitte Januar zwischen zehn und 30 Punkten. Auf ähnliche Werte war auch Potsdam Ende vergangenen Jahres noch gekommen. Auch bei den landesweiten Zahlen fällt die nachträgliche Korrektur längst nicht so stark aus: Dort lag die Inzidenz unter Berücksichtigung der Nachmeldungen seit Mitte Januar zwischen 25 und 90 Punkten höher als zuerst angegeben. Wie sich die Diskrepanzen erklären lassen, blieb am Freitag unklar: Ein Rathaussprecher versicherte, man melde alle eingegangenen Infektionen tagesaktuell weiter.
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Am Samstag stieg die Sieben-Tage-Inzidenz nach RKI-Angaben auf 1808. Das sind fast 300 Punkte mehr als vor einer Woche. 783 neue Infektionen wurden vermeldet - der bisher stärkste Anstieg seit Beginn der Pandemie. Am gestrigen Freitag wurde erstmals seit Wochen ein Inzidenzrückgang in der Landeshauptstadt registriert – was vor dem Hintergrund der beschriebenen Diskrepanzen aber wenig aussagekräftig sein dürfte. Das RKI gab den Wert der wöchentlichen Neuinfektionen je 100.000 Einwohner am Freitag mit 1729 an.
Mehr als 120 Kitakinder in Quarantäne
Besonders in Kitas und Schulen grassiert das Virus. So sind derzeit, mit Ferienbeginn, mehr als 1200 Kitakinder in Quarantäne – in dem Bereich wendet das Gesundheitsamt noch schärfere Regeln an, um Infektionsketten zu unterbrechen. Ferner sind 1006 Kinder und Jugendliche infiziert, rund die Hälfte davon aus Grundschulen und knapp 20 Prozent aus Kitas. Vor einer Woche waren es in dem Bereich noch 783 Infizierte, den Freitag davor 382. Auch die Zahl der von Ansteckungen betroffenen Mitarbeiter ist seitdem stetig gestiegen: von 57 am 14. Januar auf 129 vor einer Woche auf aktuell 153.
Seit Wochen ächzen gerade Kitaträger wie berichtet unter Personalengpässen. Für Eltern, die auf die Betreuung ihrer Kinder aus beruflichen Gründen angewiesen sind, kann das gravierende Folgen haben. Ein aktuelles Beispiel: Die für 100 Kinder gedachte Kita „Entdeckerland“ des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerks (EJF) im Bornstedter Feld. Dort erfuhren die Eltern jetzt von der Kitaleitung, dass man aktuell den Regelbetrieb nicht mehr aufrechterhalten könne und zum Teil schließen müsse, weil kommende Woche nur noch vier Mitarbeiter:innen vor Ort seien – neun seien krank oder in Quarantäne, mindestens bis nächsten Donnerstag. Zugleich sei aber nächste Woche mit 80 Kindern zu rechnen, auch weil Quarantänezeiten enden. Eine Betreuung für alle Kinder sei, auch wegen der Aufsichtspflicht, nicht zu gewährleisten. Daher könnten drei Gruppen zumindest von Montag bis Mittwoch die Kita nicht besuchen. Eine Regelung zur Notbetreuung für Kinder systemrelevanter Eltern – wie zu Beginn der Pandemie – gebe es nicht, heißt es in dem Schreiben. Daher lägen solche Entscheidungen nun beim Kita-Träger, so die Leitung im „Entdeckerland“.
Keine Notbetreuung für Kinder systemrelevanter Eltern
Zuletzt hatten Elternvertreter angesichts der Lage in den Einrichtungen gefordert, dass das von Britta Ernst (SPD) geführte Bildungsministerium des Landes jenen Familien, die ihre Kinder zur Entlastung des angespannten Systems zu Hause lassen würden, wieder die Kitabeiträge erlässt. Allerdings lehnt das Ministerium das ab: Es seien „keine Maßnahmen geplant, um Angebote der Kindertagesbetreuung nicht in Anspruch zu nehmen“, teilte ein Sprecher diese Woche auf Anfrage mit – und verwies auf das Recht zu frühkindlicher Bildung.
Kritik hatte es auch daran gegeben, dass für die angekündigte Kita-Testpflicht ab dem 7. Februar die Träger für die Beschaffung der Testkits zuständig sein sollen – und diese nicht zentral wie bei den Schulen vom Land ausgegeben werden. Doch so biete sich die Chance, dass die Einrichtungsträger und Eltern gemeinsam entscheiden könnten, welche Tests zum Einsatz kommen. Die Beschaffung der Tests könne so „bedarfsgerechter und schneller erfolgen“, meinte der Sprecher.
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