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Potsdam nimmt 24 aus Seenot gerettete Flüchtlinge auf. 
© Symbolfoto: Lena Klimkeit/dpa

Migration: In Potsdam ist noch Platz für Flüchtlinge

Die Stadt nimmt freiwillig 24 aus Seenot gerettete Flüchtlinge auf. Das wird nicht nur positiv aufgenommen - insbesondere in den sozialen Netzwerken herrscht Aufklärungsbedarf. Wie ist die Lage Geflüchteter in Potsdam? Ein Überblick.

Potsdam - Potsdam nimmt freiwillig 24 aus Seenot gerettete Flüchtlinge auf. Derzeit sind sie noch in der Zentralen Ausländerbehörde des Landes in Eisenhüttenstadt – mit ihrer Ankunft in Potsdam wird in den nächsten Tagen, spätestens aber Anfang Januar gerechnet, wie im Rathaus zu erfahren war. Für die Stadt ist es die erste ganz konkrete Hilfsaktion, seit sie im Oktober die Leitung des bundesweiten Bündnisses „Städte Sicherer Häfen“ übernahm. Diese mehr als 120 Kommunen wollen ihre „Kräfte bündeln, damit das Sterben im Mittelmeer endet und die aus Seenot geretteten Menschen bei uns aufgenommen werden“, sagte Schubert damals. Doch gibt es dazu nicht nur positive Reaktionen, in den sozialen Netzwerken gibt es auch viel Unverständnis und Aufklärungsbedarf. Die PNN geben Antworten zur Lage geflüchteter Menschen in Potsdam.

Ist in den Flüchtlingsheimen der Stadt überhaupt genügend Platz?

Ja, sagt Stadtsprecherin Juliane Güldner. Die durchschnittliche Auslastung der Potsdamer Heime und Wohnungsverbünden liege bei aktuell 72 Prozent. Drei Unterkünfte sind zu mehr als 80 Prozent ausgelastet – und zwar die mit nur einigen Dutzend Plätzen ausgestatteten Standorte an den Kopfweiden in der Teltower Vorstadt, an der Grotrianstraße im Wohngebiet Am Stern und an der Marquardter Chaussee im Norden.

Insgesamt geht es laut einer Stadtstatistik vom November um knapp 1000 Personen, die in den quer über fast die gesamte Stadt verteilten Heimen und Wohnungsverbünden untergebracht sind. Zudem konnten in diesem Jahr mehr als 130 Personen in eigene Bleiben umziehen, was sich angesichts des angespannten Wohnungsmarktes in Potsdam sicherlich nicht einfach gestaltete.

Wie lange leben die Flüchtlinge in Heimen?

Lange. Von den knapp 1000 Flüchtlingen, die aktuell in Gemeinschaftsunterkünften wohnen, müssen rund ein Drittel schon mehr als drei Jahre in solchen Sammelunterkünften leben – also mehr als 331 Personen. Das teilte das Rathaus zuletzt dem Kommunalparlament mit. Dabei besagt das Integrationskonzept der Stadt eigentlich, dass die Aufenthaltsdauer in Gemeinschaftsunterkünften so kurz wie möglich gehalten werden soll.

Wie viel kostet es die Stadt, die 24 aus Seenot geretteten Flüchtlinge aufzunehmen? 

Es geht pro Person um rund 16.000 Euro pro Jahr. Stadtsprecherin Güldner teilte mit: „Für die Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und die Unterbringung gehen wir bei den 24 derzeit aufzunehmenden Menschen von insgesamt rund 385.000 Euro pro Jahr aus.“ Diese Kosten würden zu 95 Prozent vom Land Brandenburg erstattet.

Insgesamt würden in diesem Jahr in Potsdam für die Unterbringung, Beratung und Betreuung von Flüchtlingen voraussichtlich Kosten von 18,6 Millionen Euro entstehen. Davon übernimmt allerdings das Land rund 17,7 Millionen Euro. Damit bleiben bei der Stadt 900.000 Euro. Zum Vergleich: Für die Kinderbetreuung abzüglich der Landeszuschüsse zahlt die Stadt rund 66 Millionen Euro. Nicht in der Rechnung enthalten sind Migranten mit Fluchthintergrund, die schon längere Zeit in Potsdam sind und arbeiten oder auch Hartz IV beziehen. 

Wie viele Flüchtlinge leben eigentlich aktuell in Potsdam? 

In Potsdam sind nach Angaben der Stadtverwaltung von Ende September 4038 Personen aus Asylherkunftsländern registriert. Ende September 2018 waren es genau 3664 Personen, ein Jahr zuvor noch 4356 Menschen.

Zum Vergleich: Insgesamt leben in Potsdam aktuell rund 180.000 Menschen, 15.850 sind aus dem Ausland. Das ist ein Anteil von 8,8 Prozent.

Knapp 47 Prozent der Schutzsuchenden kommen aus Syrien, 14,5 Prozent aus Afghanistan, knapp acht Prozent aus der russischen Föderation, also vor allem aus Tschetschenien.

Nach Angaben der Stadt ist bei 778 Flüchtlingen noch nicht über das Asylverfahren entschieden worden, mehr als 2350 Personen sind schutz- oder asylberechtigt. 

Warum werden hunderte Menschen ohne Asylberechtigung nicht abgeschoben?

Das hat diverse Gründe. Zuständig ist dafür die Landesausländerbehörde. Zuletzt war laut Stadt von rund 450 Menschen die Rede, die in Potsdam leben – und zwar mit einer Duldung, also einer ausgesetzten Abschiebung nach einem abgelehnten Asylantrag. Stadtsprecherin Güldener sagte, bei einem Großteil der Ausreisepflichtigen seien fehlende Pässe und die fehlende Rücknahmebereitschaft der Herkunftsländer der Grund für den Verbleib in Deutschland. Zugleich sei es so, dass der „überwiegende Teil“ dieser Ausreisepflichtigen nicht aktiv bei der Identitätsklärung und Passbeschaffung mitwirke – dies müsse dann über die Ausländerbehörde und die Botschaften der Herkunftsländer geschehen, „das kann mehrere Jahre dauern“. Weitere Gründe für eine Duldung könnten aber auch eine gefundene Ausbildung oder persönliche, familiäre und medizinische Gründe sein. Zudem würden sich viele Personen solchen Abschiebungen entziehen, hieß es in der Antwort aus dem Rathaus weiter. In diesem Jahr wurden laut Rathaus bis November drei Personen aus Potsdam zwangsweise in ihre Herkunftsländer zurückgeführt. Ferner waren bis November 16 Personen freiwillig ausgereist.

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