Serie | Barberini - die Kunst hinter der Kunst: Immer an der Wand lang
Im Museum Barberini läuft der Umbau zur Schau "Impressionismus in Russland". Die PNN stellen Menschen vor, die daran beteiligt sind. Teil 2: Maler- und Lackiermeister Frank Herber.
Potsdam - Rockmusik schallt durch den Gartenflügel im ersten Geschoss des Barberini, das Museum hat Ruhetag. Die Fenster sind mit Folie verklebt, auch das Parkett, die Türrahmen und die Stuckleiste unter der Decke, hinter der sich die Leuchten verbergen, sind abgedeckt. Wenn Frank Herber und seine drei Kollegen später an diesem Dienstag Feierabend machen, werden zwei Säle die Farbe gewechselt haben: Vom dunklen Grünton, in dem die Wände für „Rembrandts Orient“ gestrichen waren, zu Grau. Wobei „gestrichen“ der falsche Ausdruck ist: Der Maler- und Lackiermeister spritzt die Wände mit einer sogenannten Airless-Maschine, die die Farbe mit Hochdruck - 150 bar - fein vernebelt und an die Wand bringt.
Bloß keine "wolkigen" Wände
Wenn der 54-Jährige auf der Leiter steht und die Düse mit ruhiger Hand von oben nach unten zieht, ist Konzentration gefragt. Fehler kann er sich nicht erlauben. Wenn eine Wand nach dem Trocknen „wolkig“ aussieht, wie Herber es nennt, bliebe nur das Neuspritzen der ganzen Wand. „Wir hatten noch nie einen Unfall, wo wir die Wand ausbessern mussten“, sagt er nicht ohne Stolz.
Entscheidend ist die gute Vorbereitung. Die fing schon 2016 an. Herber ist mit seinem Meisterbetrieb aus Berlin-Steglitz von Anfang an mit dabei im Barberini. Als er die Säle das erste Mal sah, hatte er es mit nackten Gipskartonplatten zu tun. „Wir haben die Wände auf Q4 gebracht“, erzählt er. So heißt die höchste Qualitätsstufe beim Spachteln. Nur superglatte Wände ermöglichen einen ebenmäßigen Farbauftrag: „Die Wand soll komplett homogen aussehen, damit nichts von den Kunstwerken ablenkt.“ Das Ganze beginnt mit einer Grundierung, darüber eine erste Spachtelschicht, ein Fließ und eine weitere Schicht Spachtelmasse, die mit einem Rakel geglättet wird. Gearbeitet wurde im Streiflicht – mit einem Bauscheinwerfer, der schräg an die Wand strahlt: „Da sehen Sie sofort alles, was nicht so schick ist.“
Brillante Rot- und Gelbtöne sind am schwierigsten
An die Wandfarbe der Eröffnungsschau mit den Impressionisten 2017 erinnert Frank Herber sich noch gut: „Ein brillantes Blau.“ Nach dem Petrol-Ton erkundigen sich Fans des Museums noch heute auf den Social-Media-Kanälen, wenn dort ein Video von den Malerarbeiten geteilt wird.
Leuchtende Farben sind für Herber und sein Team eine Herausforderung – besonders, wenn Gelb- oder Rottöne im Spiel sind. So wie 2018, als im Lelbachsaal die Götter aus der Dresdner Skulpturensammlung gezeigt wurden – vor weinroten Wänden: „Das war heavy“, sagt Herber. „Da sind die Pigmente so fein, dass ein Grauton vorgesprüht werden muss, damit der Farbton so brillant wird“, erklärt er.
Schon bis zu 30 Farbschichten auf den Wänden
Neu gemalert wird vor jeder Ausstellung. In machen Räumen sind schon jetzt an die 30 Farbschichten auf den Wänden, schätzt der Malermeister. Da die Farbe aber deutlich dünner aufgetragen wird als mit einer Walze, geht er davon aus, dass er noch mindestens vier bis fünf Jahre weiter arbeiten kann, bis über eine Ausbesserung nachgedacht werden muss.
Die Farbwahl ist Chefinnensache. Museumsdirektorin Ortrud Westheider und die Kuratoren beraten bei der Konzeption nicht nur virtuell am Computer über den richtigen Ton, sondern mit dem Ausstellungsarchitekten auch vor Ort mit großen Abbildungen der Werke. Von den in Frage kommenden Farbtönen werden jeweils mehrere Schattierungen heller und dunkler bestellt und auf Holztafeln gestrichen. „Farben sind dann gelungen, wenn sie die Bilder sehr schön zur Geltung bringen“, sagt Ortrud Westheider. Die russische Avantgarde hängt auf einem Grauton: „Eine neutrale Farbe, aber in der Helligkeit so dunkel, dass sie die Bilder gut zum Leuchten bringt.“
Mehrere Eimer mit Brillux 99.00.33 – so heißt der Ton – stehen an diesem Dienstag bereit. Etwa 90 Liter werden für einen der großen Säle im Gartenflügel gebraucht – es geht um rund 230 Quadratmeter Fläche. Zweieinhalb Stunden braucht Frank Herber dafür mit der Spritzmaschine. Bevor er sie in Gang setzen kann, muss er mit seinen drei Kollegen die Bohrlöcher von der letzten Schau zuspachteln und glatt schleifen, alles, was keine Farbe abbekommen darf, abkleben und die Wandtexte abkratzen. Wenn er mit der Maschine loslegt, muss es schnell gehen: Die Farbe darf nicht trocken werden, bevor er fertig ist – sonst drohen Absätze.
Seit fast 40 Jahren ist Frank Herber Maler und macht seinen Beruf gern. 1996 hat er sich selbstständig gemacht, seit zehn Jahren führt er seinen Meisterbetrieb. Er hat schon im Naturkundemuseum in Berlin gemalert, für das Theater in der Parkaue in Berlin-Lichtenberg, übernimmt aber auch Malerarbeiten in Privathaushalten.
Der schönste Moment bei der Arbeit: „Wenn ein Tag vorbei ist und der ganze Raum ist komplett anders – und das hat man an einem Tag geschafft“, sagt Frank Herber. Die Kunst im Barberini hat er bislang nur bei der Eröffnungsausstellung gesehen, sagt der 54-Jährige und lacht. „Ich sehe meine Wände, das reicht mir.“
Das Museum Barberini ist Potsdams meistbesuchte Kultureinrichtung. Mit hochkarätigen Ausstellungen zieht es ein Publikum aus der ganzen Republik und darüber hinaus an. Aber welche konzeptionellen, handwerklichen und logistischen Herausforderungen sind für die Vorbereitung einer Schau eigentlich zu bewältigen? Die PNN begleiten den Umbau für die Ausstellung „Impressionismus in Russland. Aufbruch zur Avantgarde“ und stellen die Menschen vor, die daran beteiligt sind – ein Einblick in die Kunst hinter der Kunst.
Teil 1: Museumschefin und Kuratorin Ortrud Westheider
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