Media Tech Space in Babelsberg: Im Ökosystem der Medientechnologie
In der Medienstadt sind fünf Start-ups in den neuen Coworking Space des MediaTech Hub eingezogen. Die jungen Gründer haben sich bewusst für Potsdam als Standort entschieden.
Potsdam - Potsdam ist das Epizentrum des Films. So drückt es Justin La Vallee aus. Der Komponist von Filmmusik aus New York hat gemeinsam mit Tobias Wagner aus Hamburg die Firma Portal One gegründet. In Potsdam. Denn hier habe das Start-up mit zehn Mitarbeitern die potentiellen Kunden direkt vor der Haustür: Portal One, derzeit in der Betaversion, ist eine Plattform, auf der Filmemacher die passende Musik für ihre Werke suchen, testen, mit Kollegen diskutieren und lizenzieren können. "Bislang brauchen die Filmemacher dazu vier oder fünf verschiedene Programme oder Plattformen, wir bieten alles aus einer Hand", sagt La Vallee.
Portal One ist eines von fünf Start-ups, die Anfang September in das neue Media Tech Space in Babelsberg gezogen sind. Bis Ende 2022 dürfen sie hier bleiben. Eine Jury hat sie aus mehreren Dutzend Bewerbern ausgewählt. Das neue Coworking Space befindet sich im Obergeschoss des UFA-Sitzes, gegenüber vom Studio Babelsberg. "Wir sitzen hier mitten im etablierten Unternehmen und im Ökosystem der Media Tech Branche", sagt Andrea Wickleder, Managerin des MediaTech Hub. Das neue Büro für junge Firmen komplettiert als dritte Säule die Arbeit des Hubs. Die anderen beiden Säulen sind der Accelerator, der Unternehmen im Bereich der Medientechnologie in der Gründungsphase unterstützt, und die jährlich stattfindende Media Tech Conference. Alle fünf Start-ups, die das Space bezogen haben, sind oder waren auch Teil des Accelerator-Programms des MediaTech Hub.
Vergünstigte Miete für Gründer
Im Media Tech Space werden nun Firmen unterstützt, die die erste Gründungsphase bereits hinter sich gebracht haben und ein marktreifes Produkt entwickelt haben. Die Start Ups im Coworking Space sollen von der Vernetzung bei der Konferenz profitieren können, Veranstaltungen besuchen oder Coachings nutzen. Die Unterstützung erfolgt nicht durch eine direkte finanzielle Förderung, sondern durch eine vergünstigte Miete. "Die Nutzer müssen nur die Hälfte der Miete bezahlen", so Wickleder.
Der Quadratmeterpreis liegt bei 9,50 Euro Warmmiete, der Empfang und der Meetingraum können mitgenutzt werden. Möglich ist die vergleichsweise günstige Miete durch eine Förderung des Bundeswirtschaftsministeriums und der Stadt Potsdam. "Die Gewerbemieten in Potsdam sind gestiegen und oftmals mit einer langen Mindestmietdauer verbunden. Wir wollen hier eine Lücke schließen", sagt Wickleder.
Infrastruktur, Anbindung und Fördergelder
Die unterschiedlichen Fördermöglichkeiten für junge Firmen waren auch einer der Gründe, warum sich die Macher von Roadia für den Standort Potsdam entschieden haben. Zum Zeitpunkt der Konzeption befand sich einer der drei jungen Gründer in München, einer in Kolumbien, einer in Potsdam - sie zogen verschiedene Optionen in Betracht. In Potsdam passte vieles. Die Wirtschaftsförderung Brandenburg, die wesentlich mehr Fördergelder für Start-ups bereitstelle, als München. Die Infrastruktur und die Verkehrsanbindung.
"Wir sind viel unterwegs", sagt Mykhaylo Filipenko, einer der Geschäftsführer. Denn das junge Unternehmen entwickelt technische Lösungen für den Straßenverkehr. Bereits vermarktet wird ein Gerät, das aussieht wie eine knallgelbe, stabile Brotbüchse aus Kunststoff. Diese Dose, so erläutert Co-Geschäftsführer Tobias Fischer, kann Verkehrszählungen durchführen - ganz ohne dass dabei Menschen im Auto sitzen, und Strichlisten führen. Noch in der Zertifizierung befindet sich eine weitere Erfindung von Roadia, ein Blitzer, der nur mit Kameras funktioniert und auch den Abstand von Autos beim Überholen von Radfahrern messen kann.
Haifischbecken versus Vernetzung
Die Gründer sind zufrieden mit Potsdam. "Am Anfang hatten wir befürchtet, dass wir weniger Bewerber finden in Potsdam, aber das hat sich nicht bestätigt", so Filipenko. Berlin habe auch ein gutes Ökosystem für Start-ups, sagt Mitgründer Markus Hantschmann, sei aber auch "mehr Haifischbecken". "Potsdam ist kleiner, aber enger verknüpft." Die überschaubarere Größe helfe auch bei der Verwaltung. So beschäftigt das Unternehmen mittlerweile 15 Mitarbeiter, darunter Fachkräfte aus Südafrika, Hong Kong, Indien oder Taiwan, die per Blue Card hier sind. "Hier haben wir in der Ausländerbehörde eine direkte Ansprechpartnerin, das erleichtert vieles", so Hantschmann.
Mit einem Potsdamer Problem sind aber auch die Gründer und ihre Mitarbeiter konfrontiert: die hohen Wohnungsmieten. Die meisten Kollegen wohnen deshalb in Berlin und pendeln, da hilft der Bahnhof Medienstadt in fußläufiger Entfernung. Und noch einen Standortfaktor sieht Fischer und grinst: "Hier gibt's einen guten Döner."
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HINTERGRUND
Neben Portal One und Roadia sind drei weitere Start Ups in den Media Tech Space eingezogen. Marktkost beliefert Unternehmen in Potsdam, Berlin und dem Umland mit Mittagessen, verpackt in Schraubgläser. Die gekochten Gerichte aus regionalen Zutaten werden einmal wöchentlich ausgeliefert, kommen in den Kühlschrank und können in der Mikrowelle aufgewärmt werden. Die gespülten Gläser werden wieder mitgenommen und wiederverwendet. Marktkost versorgt nach eigener Angabe etwa 50 Firmen.
Klangchat will die Messengerkommunikation zum Klingen bringen. Nutzer können Sprachnachrichten mit Musik hinterlegen und diese dann verschicken. So soll die Kommunikation im Chat persönlicher und authentischer werden. Der Service ist im Apple Store bereits verfügbar.
Bottle Ad will jene 90 bis 120 Sekunden nutzen, die Menschen im Schnitt vor dem Pfandautomaten verbringen, wenn sie ihre Flaschen zurückgeben. Über dem Rückgabeloch wird ein Tablet angebracht, auf dem je nach Leergut zielgruppengerechte Werbespots ausgespielt werden. Rund 100 Händler nutzen das System nach Firmenangaben bereits.