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Feste Sache. Beim Pressetermin für die Demontierung der Sternfassade ließen sich die Schrauben nicht lösen. Zweieinhalb der insgesamt fünf Fassadenelemente sind bereits seit vergangenem Freitag abgebaut.
© Sebastian Gabsch

Potsdam: Im Herbst 2018 ist die FH Geschichte

Nach dem Abbau der Sternenfassade beginnt der Innenrückbau im November. Rund 300 Privatleute wollen Waben haben

Innenstadt - Die Schrauben saßen einfach zu fest: Beim offiziellen Fototermin zur Demontierung der Sternenrasterfassade der Fachhochschule (FH) gaben die Bauarbeiter irgendwann auf. Die Schrauben an der noch verbliebenen Rasterwand an der Friedrich-Ebert-Straße wollten sich nicht abdrehen lassen. Bereits am vergangenen Freitag waren die ersten zweieinhalb Wände der charakteristischen Aluminiumfassade abmontiert worden. Das ging sogar schneller als gedacht, weil sich die Schrauben leichter lösen ließen als beim Termin auf der Baustelle am gestrigen Montag. Es musste erst ein spezielles Öl zum Lösen der Schrauben besorgt werden. Deshalb gab es für die Fotografen dann nicht das ersehnte Bild.

Der Abriss der Potsdamer FH ist mit dem Beginn der Arbeiten am Freitag aber dennoch eingeleitet. Sigrun Rabbe, Geschäftsführerin vom Sanierungsträger der kommunalen Bauholding Pro Potsdam, der als Treuhänder den Abriss verantwortet, stellte den groben Fahrplan für den Abriss des Gebäudes vor. Bis Herbst 2018 soll die FH komplett verschwunden sein. Am 17. Oktober soll es vor dem weiteren Abriss zunächst noch eine Informationsveranstaltung für Bürger geben, bei der über das künftige Areal informiert werden soll.

Wenn die Fassadenelemente abgenommen sind, geht es ab November im Inneren des Gebäudes weiter. Die dort verbauten schadstoffhaltigen Baumaterialien wie Asbest, künstliche Mineralfasern und belastetes Bodenmaterial werden durch Fachkräfte entfernt, die dafür sorgen sollen, dass die Schadstoffe nicht in die Umwelt gelangen. Ab März nächsten Jahres wird das Gebäude dann von Nord nach Süd – also aus Richtung Bildungsforum in Richtung Landtag – abgetragen. „Es kommt weder eine Abrissbirne, noch eine Sprengung“, betonte Rabbe. Vielmehr werden Einzelteile Geschoss für Geschoss mithilfe eines Krans abgebaut und der Beton dann zum Brechen abtransportiert. Um mögliche Betonstaubwolken müssten sich Anwohner keine Sorgen machen – entsprechende Bereiche sollen abgedeckt oder Sprinkleranlagen eingesetzt werden. Auch die Wohnanlage Staudenhof werde „punktuell vom Abriss betroffen sein“, sagte Rabbe. Denn wenn der Keller der FH abgetragen und die Baugrube verfüllt ist, dann werden auch die Pergola und Teile des Gartens auf zwölf Metern Breite am Staudenhof verschwunden sein. Der künftige Bereich ohne FH wird rund 1,40 Meter unter dem Staudenhof liegen. Für ihn gilt bis 2022 ein Moratorium – dann will die Politik sich zur Weiterentwicklung des Areals positionieren.

Nun werden aber erstmal die 160 Sternenrasterteile der charakteristischen Fassade abmontiert. Sie sollen unter anderem dem Studiengang Restaurierung der FH, dem Potsdam Museum und dem Museum Barberini übergeben werden. Auch das Rechenzentrum hat Interesse angemeldet – ebenso wie rund 300 Privatleute, die sich per Mail an die Pro Potsdam gewandt haben, um eines der Teile zu ergattern. Vorwiegend will der Sanierungsträger aber Bildungseinrichtungen bei der Vergabe bevorzugen.

Dass die Einzelelemente abgegeben werden sollen, hatten die Gegner des FH-Abrisses vom Bündnis „Stadtmitte für alle“ und der Initiative „Potsdamer Mitte neu denken“ in einem offenen Brief als „fatal falschen Weg“ kritisiert (PNN berichteten). Die Verantwortlichen gingen bewusst einer Debatte um Gemeinschaftseigentum aus dem Weg. Das Bündnis fordert den Stopp des FH-Abrisses und des Vergabeverfahrens sowie eine verbindliche Bürgerbefragung.

Die Anschuldigung, die Vergabe der Sterne insbesondere an das private Museum Barberini sei Ausdruck einer Siegermentalität, wies Rabbe zurück. Von einer Schuldfrage könne keine Rede sein. „Wir setzen hier Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung um“, sagte Rabbe. Es stünde Potsdam gut zu Gesicht, dass an der Stelle der FH ein lebendiges Wohnquartier entstehen solle, in dem auch der Einzelhandel seinen Platz haben werde. Der Abriss der FH sei ein Vorgang mit großem Vorlauf gewesen. „Natürlich kann man das hinterfragen“, sagte Rabbe. Aber genau dies sei eben bereits immer wieder erfolgt. „Es kann aber nicht sein, dass man eine Ja-Nein-Antwort haben will. Das wird einer komplexen Betrachtung nicht gerecht.“ So spalte man die Gesellschaft, anstatt einen wirklichen Diskurs zu führen.

Der Abriss der FH ist umstritten: Im Juli hielten die Abrissgegner das Gebäude zehn Stunden lang besetzt. Seitdem sind Teile des Gebäudes mit Brettern abgesichert und zwei Kameras aufgestellt. Das Gebäude wird durch Wachschutz gesichert und ist seit der Besetzung eingezäunt. 184 Beamte waren während der Besetzung im Einsatz. Das geht aus der Antwort auf eine kleine Anfrage der AfD-Fraktion von Ende August an die Landesregierung hervor. Für die Unterbringung und Verpflegung der vorrangig landeseigenen Polizisten seien Kosten in Höhe von 1476,60 Euro entstanden, heißt es weiter. Zu vier der bei der FH-Besetzung registrierten Personen lägen außerdem Erkenntnisse zu politisch motivierten Straftaten bei Versammlungen vor. Dazu gehörten Nötigung, Körperverletzung, Landfriedensbruch, Widerstand und auch der Verstoß gegen das Versammlungsgesetz.

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