Talente von Turbine Potsdam: Gegenwart und Zukunft
Die B-Juniorinnen von Turbine Potsdam sind zum elften Mal deutscher Meister. Für die Verantwortlichen des Klubs geht mit den Nachwuchserfolgen zugleich eine Herausforderung und Aufgabe einher.
Ihren Status verkündeten die U17-Fußballerinnen von Turbine Potsdam bei der Siegerehrung auf gesangliche Weise. Sie trällerten: „Die Nummer eins im Land sind wir.“ Wieder einmal sind sie es. Bei der 17. Auflage der deutschen B-Juniorinnen-Meisterschaft, deren Finale am Samstag vor 551 Zuschauern im Ludwigsfelder Waldstadion ausgetragen wurde, erlebte der Rekordchampion bereits seinen elften Triumph und verteidigte somit den Titel aus dem Vorjahr. Im Endspiel der aktuellen Saison setzte sich Turbine 4:2 (2:1) gegen den FSV Gütersloh durch.
Es war eine Partie mit äußerst hohem Unterhaltungswert. Beide Teams waren ebenbürtig, bestachen durch technisch sauberen, temporeichen, spielfreudigen und leidenschaftlichen Fußball. Nach der frühen Gütersloher Führung durch Annalena Rieke (7. Minute) wendete Potsdam dank der Treffer von Melissa Kössler (15.), Anna Sophie Frehse (36.) und Gina Chmielinski (62.) das Blatt. Den Ostwestfälinnen gelang zwar noch der 2:3-Anschluss (74./Sophia Kleinherne), doch Torjägerin Melissa Kössler (80.+1) machte letztlich alles zugunsten der insgesamt etwas aufmerksameren und entschlosseneren Turbinen klar.
Anspruchsvoller Übergang von B-Jugend in den Frauenbereich
Und so durfte dann Gina Chmielinski die kreisrunde Trophäe in Empfang nehmen und als erste gen Himmel recken. Für sie, die Kapitänin, war das vorgestrige Finale dann tatsächlich auch ein echtes „Heim“-Spiel, denn die erst seit Kurzem 16-Jährige stammt aus Ludwigsfelde, durchlief dort die Jugendabteilung des LFC, ehe sie 2011 an die Potsdamer Sportschule wechselte. „Hier auf der Anlage meines Heimatklubs spielen zu dürfen, war großartig. Erst recht mit dem Ergebnis“, sagte die Mittelfeldakteurin. Gegen Gütersloh bewies sie als Torschützin und Spielgestalterin ihre Qualitäten, die beim 1. FFC Turbine als derart vielversprechend eingeschätzt werden, dass der Youngster schon zur kommenden Saison mit einem Vertrag ausgestattet und in die erste Frauenmannschaft hochgezogen wird. „Ich werde da erst einmal die Vorbereitung mitmachen, worüber ich mich bereits riesig freue. Und dann mal sehen, wie es weitergeht“, erzählte sie.
Auf diejenigen Kickerinnen, die wie Gina Chmielinski nun die B-Jugend verlassen, wartet direkt der Frauenbereich. Ein anspruchsvoller Übergang, wie Turbines U17-Coach Sven Weigang meinte: „Dass jemand dabei sofort in der ersten Liga voll zum Zuge kommt, ist eher unrealistisch. In der Regel brauchen die Mädchen noch ein, zwei Jahre, um sich an das neue Niveau bei den Erwachsenen zu gewöhnen.“ Jene Möglichkeit der Anpassung und Weiterentwicklung werde ihnen in der zweiten Damenmannschaft des Klubs gegeben, die in der 2. Bundesliga antritt. „Für unser System ist diese Zwischenstation ganz, ganz wichtig, weil wir damit an höhere Aufgaben heranführen können“, erklärte Sven Weigang, der vorgestern von seinen Mädels mit „Meistertrainer“-Sprechchören gehuldigt wurde. Fünf der nunmehr elf nationalen Turbine-B-Juniorinnen-Titel fallen in die seit 2009 währende Amtszeit Weigangs.
Konzept: Unten ausbilden, oben ankommen
Dass Potsdam immer wieder seine herausragende Stellung in Deutschlands Mädchenfußball behauptet, ist stets aufs Neue eine Bestätigung. Dafür, dass die hiesigen Fördermechanismen – Verzahnung aus Vereinen, Landesverband, Sportschule und Olympiastützpunkt – ein absolutes Erfolgsmodell darstellen. Weigang betont aber: „Mit unseren hohen Ansprüchen ist natürlich auch großer Druck verbunden. Wer das Turbine-Zeichen auf der Brust trägt, muss schon in jungen Jahren lernen, damit klarzukommen, dass viel von ihr erwartet wird. Denn allein wegen unseres Namens gehen wir in jede B-Jugend-Saison automatisch als Titelfavorit.“
Wenn dann schlussendlich auch – wie am vergangenen Samstag erneut geschehen – die Nachwuchsmeisterschaft gewonnen wird, ist dies zwar ein freudiges Ereignis für den Klub, „doch am Ende zählt primär, dass die Mädchen, die wir unten ausbilden, auch oben in unserer ersten Mannschaft ankommen. Das ist das Wichtigste im gesamten Konzept“, sagte Weigang. Allerdings – und das wurde auch schon selbstkritisch von der Vereinsführung eingeräumt – wurde jener konzeptuelle Hauptgedanke, der Turbine einst groß gemacht hat, in der jüngeren Vergangenheit vernachlässigt. Da wurde eher auf externe Neuzugänge zurückgegriffen, statt kontinuierlich auf das offenkundig vorhandene immense Potenzial der eigenen Jugend zu setzen – nicht umsonst würde schließlich Jahr für Jahr ein Spitzenplatz im U17-Bundesvergleich herausspringen.
Wieder mehr davon ernten, was selbst gesät wurde
Die Talente sind also da. Und damit geht entsprechend die Herausforderung und Aufgabe für die Verantwortlichen einher, den Hoffnungsträgerinnen nach der Juniorinnen-Zeit eine Perspektive bei Turbine aufzuzeigen, sie intensiv auf dem Weg empor zu begleiten, sodass sie möglichst nicht auf diesem durchaus mühseligen Pfad den Mut verlieren und aus Potsdam abwandern, sondern das notwendige große Vertrauen und den Rückhalt spüren. Im Unterschied zu einer Aktivität auf dem Transfermarkt verlangt ein solcher Prozess viel Geduld. Vonseiten des Klubs wird nun beteuert, dass man sich diese künftig wieder stärker nehmen werde. Es soll wie einst mehr davon geerntet werden, was selbst gesät wurde. Auch den Turbine-Fans würde das sicherlich gut schmecken. Schließlich sind es doch für gewöhnlich die Eigengewächse, mit denen sie sich am meisten identifizieren.
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