Schwimmausbildung in Brandenburg: Gegen Defizite beim A und O
Viele Deutsche können nicht sicher schwimmen. Dabei ist es eine lebenswichtige Fähigkeit. Der Landesschwimmverband Brandenburg beteiligt sich an einem neuen Projekt, das die Ausbildung für Kinder verbessern soll. Es heißt: "Swim to go".
Schönes Wetter – Badewetter! Mit der Sonne und den steigenden Temperaturen genießen immer mehr Menschen die Abkühlung im Wasser – ob nun in Flüssen und Bächen oder in Seen und Kanälen. Das Problem dabei: Viele Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene können entweder nicht richtig oder überhaupt nicht schwimmen. Laut einer Forsa-Umfrage, die die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) im vergangenen Jahr durchführen ließ, betrifft das 59 Prozent der Grundschüler und 52 Prozent der Erwachsenen. Entwickelt sich Deutschland mit seinen mehr als 850 Binnengewässern also zu einem Land der Nichtschwimmer? „Jein“, antwortet Maren Zwiesigk, Geschäftsführerin des Brandenburgischen Landesschwimmverbandes. „Aber die Zahl der Nichtschwimmer ist uns weiterhin viel zu hoch.“
2017 gab es im Land Brandenburg 22 tödliche Badeunfälle
Um die Quote zu verbessern, haben sich neun Schwimmverbände – darunter der märkische – zur deutschen Kooperationsgemeinschaft „SchwimmGut“ zusammengeschlossen. In jahrelanger Kleinarbeit entwickelten sie das Trainermanual „Swim to go“ – ein Handbuch für Lehrer, Übungsleiter und Eltern. Diese Woche wurde es in Berlin vorgestellt. Natürlich in einem Hallenbad. „Erklärtes Ziel von ‚Swim to go’ ist es, Kindern neue Bewegungshorizonte im Wasser zu ermöglichen“, sagt der Autor und Geschäftsführer des Berliner Schwimmverbandes Manuel Kopitz. „Es geht um die Sicherheit, richtig schwimmen zu können. Und dabei steht der Spaß im Mittelpunkt.“ Durch das Trainermanual – ein von der AOK Nordost unterstütztes Projekt – soll vorrangig die Qualität der Schwimmausbildung in den Vereinen erhöht werden. Es steht aber auch anderen Institutionen zur Verfügung.
Der Mangel an schwimmerischen Fähigkeiten oder falsche Gefahreneinschätzungen im und am Wasser können gravierende Folgen haben. Allein 2017 kamen nach Angaben der DLRG in Deutschland mindestens 404 Menschen bei Badeunfällen ums Leben. In Brandenburg waren es 22. Ein leichter Rückgang, nachdem 2016 noch 31 Menschen in märkischen Gewässern starben. Dass weniger Todesfälle zu beklagen waren, begründet DLRG-Präsident Achim Haag mit dem verregneten Sommer im Vorjahr, der das Badevergnügen trübte. Wie sich lang anhaltendes, gutes Sommerwetter auf die Zahl der tödlichen Badeunfälle auswirken kann, hat dagegen der Juni 2017 gezeigt. Deutschlandweit ertranken allein in diesem Monat 69 Männer, Frauen und Kinder – mehr als ein Sechstel der Opfer des gesamten Jahres.
Das Handbuch bietet 72 Lektionen für Anfänger
„Schwimmen ist das A und O. Zumal viele Sportarten wie Segeln, Rudern oder Kanurennsport ohne das Schwimmen nicht möglich sind“, betont Maren Zwiesigk. „Unser Traumziel ist natürlich, dass jeder sicher schwimmen kann und es gar keine Probleme an unseren zahlreichen Gewässern mehr gibt“, meint sie. Doch gerade in einem Flächenland wie Brandenburg sei es aufgrund der großen Entfernungen im ländlichen Raum zu den Bädern eine besondere Schwierigkeit, jedem qualitativ das Schwimmen beizubringen. Von daher sei wichtig, die Lehrangebote zu stärken – etwa durch das Trainermanual „Swim to go“.
Die Ausbildung über das Handbuch erfolgt in drei Modulen: zwei Qualitätskurse und ein Effizienzkurs stehen mit 72 Lektionen zur Auswahl. Die methodisch durchdachten Übungsbeispiele sind unter dem besonderen Aspekt der Entwicklung koordinativer Fähigkeiten ausgesucht worden. Angepasst an gesundheitliche Richtlinien soll Kindern das Anfängerschwimmen spielerisch und effektiv näher gebracht werden. Es ist lebenswichtig. Denn die aktuelle DLRG-Statistik zeigt: Im vergangenen Jahr kamen bundesweit fünf Kinder im Grundschul- und neun im Vorschulalter ums Leben. Für den DLRG-Präsidenten Achim Haag steht fest, dass „die zurückgehende Schwimmfertigkeit bei den Kindern“ die Hauptursache für diese Tragödien ist.
7,5 Prozent Nichtschwimmerquote zu Beginn der fünften Klasse
Neben Vereinen und privaten Schwimmschulen – die beispielsweise in Potsdam ein großes Angebotsspektrum liefern – ist der Schulunterricht eine zentrale Säule der Anfängerschwimmausbildung. Im Brandenburger Rahmenlehrplan sei sie fest verankert, teilte das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) auf PNN-Anfrage mit. Bis zum Beginn der fünften Klassenstufe sollen die Grundfertigkeiten gelehrt werden, wofür mindestens 36 Unterrichtsstunden vorgesehen werden. In der Sekundarstufe I sind einmalig 15 Stunden angesetzt und in der Sekundarstufe II wird Schwimmen – ohne konkrete Empfehlungen – im Kursunterricht vermittelt. Laut MBJS wird der erwartete Umfang der Anfängerschwimmausbildung im Land aktuell zu zirka 99 Prozent erreicht – witterungs- beziehungsweise sanierungsbedingt kommt es vereinzelt zu Ausfallzeiten.
Um die personellen Ressourcen effektiver zu nutzen und die Ausbildungsqualität zu verbessern, werde der Plan verfolgt, den Schwimmunterricht perspektivisch in Schulschwimmzentren zu organisieren. Eine Datenerhebung des Ministeriums besagt, dass bisher rund 7,5 Prozent der Brandenburger Schüler zu Beginn der fünften Klassenstufe noch nicht richtig schwimmen können. Sprich, jedes 13. Kind.
Matthias Schütt
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