Orkantief "Zeynep" in Potsdam: Feuerwehr muss zu mehr als 220 Einsätzen ausrücken
Erste Sturmbilanz für Potsdam: Ein Baum traf zwei parkende Straßenbahnen, Tramverkehr bis Samstagvormittag eingestellt. 1003 Alarme in der Leitstelle seit Freitagabend.
Potsdam - Das Orkantief "Zeynep" hat der Potsdamer Feuerwehr eine arbeitsreiche Nacht beschert: In den knapp 24 Stunden zwischen 18 Uhr am Freitag und 17 Uhr am Samstag seien in der Regionalleitstelle Nordwest in Potsdam insgesamt 1003 Einsätze koordiniert worden - 223 davon waren in Potsdam. Noch am Samstagvormittag seien mehr als 40 Einsätze abzuarbeiten gewesen, teilte die Feuerwehr via Kurznachrichtendienst Twitter mit.
Weil das Einsatzaufkommen am Samstagmorgen wie erwartet erneut angestiegen sei, habe die Feuerwehr den Führungsstab wieder einberufen, um die Fälle koordinierter abzuarbeiten.
In der Nacht hatte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) rund 50 Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr und der Freiwilligen Feuerwehren versorgt - es gab Tee, Kaffee und Wasser sowie Suppe und Wurst, hieß es vom DRK. Auch die Mittagsversorgung für die Feuerwehr-Kameradinnen und -kameraden werde man am Samstag wieder übernehmen, so das DRK bei Twitter. Insgesamt war die Potsdamer Feuerwehr in der zweiten Sturmnacht mit rund 150 Kräften im Einsatz.
Vor allem mussten im Stadtgebiet umgefallene, abgebrochene oder entwurzelte Bäume beseitigt werden. Zahlreiche beschädigte Bäume waren am Samstagmorgen beispielsweise entlang der Maulbeerallee am Park Sanssouci zu sehen.
Das Orkantief hatte in der Nacht zudem das Potsdamer Straßenbahnnetz lahm gelegt. Erst ab 10 Uhr am Samstag sollte der Tramverkehr wieder aufgenommen werden, teilte der Verkehrsbetrieb in Potsdam (ViP) am Morgen mit. Von Freitagabend um 20 Uhr bis Samstag um 8 Uhr galt eine offizielle Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes. Sie wurde um 8 Uhr morgens aufgehoben, doch es musste weiterhin den ganzen Tag über mit orkanartigen Böen gerechnet werden.
Umgefallener Baum blockierte Tram in der Gaußstraße
Um Mitternacht in der Nacht zum Samstag war der Trambetrieb komplett eingestellt und anschließend die Fahrleitung im gesamten Netz abgeschaltet worden, so der ViP. Zuvor hatte es einige Schäden und Behinderungen gegeben. So habe ein Baum in der Wendeschleife Kirchsteigfeld (Marie-Juchacz-Straße) die Fahrleitung und zwei parkende, menschenleere Straßenbahnen beschädigt. Auch in der Gaußstraße Am Stern sei ein Baum umgestürzt und habe eine Bahn blockiert. Vorsorglich seien alle Bahnen ab 23.15 Uhr auf den Betriebshof gebracht worden.
Am Samstagmorgen habe der ViP begonnen, das gesamte Tram-Streckennetz auf Schäden zu überprüfen. Es werde mit einer Wiederaufnahme des Betriebs in Teilen des Netzes ab 10 Uhr gerechnet, der ViP werde im nördlichen Bereich damit beginnen, hieß es am Samstagmorgen.
Gesperrt blieb zunächst der Abschnitt zwischen Marie-Juchacz-Straße, Gaußstraße und Bisamkiez, dort fuhr am Samstagmorgen ein Schienenersatzverkehr. Im Laufe des Samstags wurde der Trambetrieb erst von und zur Gaußstraße am Stern wieder aufgenommen werden, so der ViP. Der Abschnitt zwischen Stern und Marie-Juchacz-Straße wurde ab dem Nachmittag wieder befahren.
Der Busverkehr in Potsdam war ebenso gegen Mitternacht eingestellt worden, es hatte mehrere Einschränkungen wegen umgestürzter Bäume gegeben, so der Verkehrsbetrieb. Ab 1 Uhr seien jedoch Nachtbusse unterwegs gewesen, zum morgendlichen Betriebsbeginn konnte der Busbetrieb planmäßig wieder aufgenommen werden.
Fähre nach Hermannswerder bleibt eingestellt
Eingestellt bleibt der Fährverkehr der Linie F1 zwischen Auf dem Kiewitt und Hermannswerder. Fahrgäste sollen den Bus 694 von/bis S Hauptbahnhof nutzen sowie aus Potsdam-West bis/von S Hauptbahnhof Tram 91, Bus 605, 606 und 631. Es könne weiterhin zu Verspätungen kommen.
Im gesamten Land Brandenburg hat es wegen Orkantief „Zeynep“ zahlreiche Einsätze der Feuerwehr gegeben. Der Sturm habe landesweit viele Bäume entwurzelt, berichteten die Leitstellen. Von verletzten Menschen wurde zunächst nichts bekannt. Im Landkreis Potsdam-Mittelmark kam es über mehrere Stunden zu großflächigen Stromausfällen, die erst am Samstagmorgen behoben waren. In Premnitz im Havelland stürzte ein Baum in eine Oberleitung an einer Bahnstrecke.
Weitere Sturmschäden an Gedenkstätte Sachsenhausen
Nach weiteren Sturmschäden bleibt die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Sachsenhausen in Oranienburg voraussichtlich bis Dienstag geschlossen. In der Nacht zu Donnerstag war bereits die östliche Lagermauer auf etwa 200 Meter Länge umgeweht worden. Nun seien weitere Teile betroffen, teilte die Stiftung mit. Zudem wurden bei einem Gebäude im ehemaligen Industriehof Teile der Dachhaut abgetragen. Bäume stürzten um. In der Stadt Brandenburg an der Havel deckte der Sturm das Dach einer alten Industriehalle ab. Dachteile stürzten auf eine relativ stark befahrene Straße, wie ein Feuerwehrsprecher sagte. Auch dabei wurde niemand verletzt.
Die Leitstelle Lausitz schätzte die Sturmlage in der Nacht als beherrschbar ein. Zwar seien Dutzende Bäume in der Region umgestürzt, aber andere größere Vorkommnisse wurden zunächst nicht gemeldet.
Am Flughafen BER in Schönefeld kam es zu Schwierigkeiten bei der Gepäckabfertigung. Hunderte Fluggäste warteten nach Angaben eines dpa-Reporters am späten Freitagabend vergeblich auf ihre Koffer. Der Flughafen hatte wegen des Sturms den Betrieb der Gepäckbänder eingestellt, die Reisenden sollten ihre Koffer nun am Samstag abholen. Wegen der hohen Windgeschwindigkeiten sei das Gepäck zum Teil weder aus den Flugzeugen aus- noch eingeladen worden, sagte ein Flughafensprecher am Samstag. Wegen des Sturms abgesagte Flüge habe es aber nicht gegeben, teilweise allerdings Verspätungen.
Keine witterungsbedingte Unfälle mit schwer Verletzten
Bei der Brandenburger Polizei wurden 215 witterungsbedingte Einsätze landesweit registriert. Über die Notrufnummer 110 seien Gefahren durch umgestürzte Bäume oder herabgestürzte Gebäudeteile gemeldet worden, sagte ein Sprecher des Polizeilagedienstes am Samstagmorgen. Vielfach hätten Anrufer auch informiert, dass Alarmanlagen aktiviert worden seien, weil Fenster durch den Sturm aufgedrückt wurden. Witterungsbedingte Verkehrsunfälle mit schweren Personenschäden habe es nicht gegeben, hieß es.
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Um Gefahren für die Besucher abzuwenden, bleiben die Parkanlagen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg in Potsdam, Berlin und Brandenburg bis einschließlich Montag geschlossen. Denn vorerst bleibt es stürmisch. Für den Zeitraum von 8 Uhr bis 17 Uhr am Sonnabend warnte der Wetterdienst ebenfalls vor Sturmböen. Nach Angaben des DWD schwächt sich der Wind voraussichtlich erst ab Samstagabend deutlich ab. Die Wetterlage ist allerdings noch nicht komplett entspannt. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Potsdam wies darauf hin, dass am Sonntagnachmittag in Berlin und ganz Brandenburg erneut mit Böen zu rechnen ist, allerdings längst nicht mit der Kraft wie in der Nacht zu Samstag. In der Nacht zum und am Montag selbst erwartet der DWD für Berlin und Brandenburg dann das neue Sturmtief „Antonia“. Auch in diesem Fall rechnet der DWD nicht mit einer Wiederholung der Sturmtiefs der vergangenen Tage. Auszugehen sei von Windspitzen zwischen 60 und 80, maximal 90 Stundenkilometern, also Windstärke acht und neun, weit entfernt vom Orkan. (mit KG, dpa)