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Vorbild für Potsdam? Expressfähre Hamburg - Helgoland Foto: Bodo Marks/dpa
© picture alliance/dpa

Verkehrsplanung für Krampnitz: Expressfähre, O-Bus oder gleich ein U-Bahn-Netz

Seit rund vier Wochen wird bei einer Online-Bürgerbeteiligung über die Tram nach Krampnitz diskutiert. Dabei wird es bisweilen visionär.

Potsdam - Die Bürgerbeteiligung zur Tramerweiterung nach Krampnitz und Fahrland beflügelt offenbar die Fantasie der Potsdamer – jedenfalls die der Teilnehmer. Gefordert werden unter anderem ein U-Bahn-Netz für Potsdam oder eine Rückkehr der Oberleitungsbusse. Rund vier Wochen nach dem Start der Online-Plattform www.tram96.de gibt es 36 Beiträge und 78 Kommentare. Eine wirklich breite Diskussion ist allerdings nicht in Gang gekommen, da einige der Verfasser gleich mehrere Beiträge veröffentlicht haben und sich dann gegenseitig kommentieren.

Wie berichtet hat der Online-Bürgerdialog Mitte Juli begonnen. Bis 20. September können auf der Webseite Vorschläge gemacht und Kommentare abgegeben werden. Um mitmachen zu können, muss man sich registrieren. Beiträge und Kommentare werden innerhalb von 24 Stunden veröffentlicht. In fünf Rubriken können Anregungen und Hinweise abgegeben werden: Natur und Umwelt, Haltestellen und Angebote, Hinweise zum Bauverlauf, Streckenverlauf sowie Verkehr, Querungen und Sicherheit. 

Detailfragen und Fundamentalkritik

Bei Durchsicht der Beiträge zeigt sich, dass sich inhaltlich zwei Schwerpunkte gebildet haben. Einerseits finden sich über die meisten Kategorien hinweg Hinweise und Wünsche zu Detailfragen der vorgestellten Pläne. Anderseits gibt es Fundamentalkritik an der Stadtentwicklung und Beiträge, die auf den Wunsch nach einem Verzicht auf den Tramausbau hinauslaufen. Stattdessen werden dann vermeintliche Alternativen vorgeschlagen.

Grafik Tram Erweiterung Tram 96 nach Norden nach Krampnitz
Grafik Tram Erweiterung Tram 96 nach Norden nach Krampnitz
© PNN/Böttcher

Dabei zeigt sich, dass sich viele Teilnehmer nicht vorstellen können, dass eine Menge der künftigen Krampnitzer tatsächlich auf das Auto zugunsten der Straßenbahn verzichten. Es werden Nachteile für jene befürchtet, die jetzt schon mit dem Auto aus dem Potsdamer Norden Richtung Innenstadt unterwegs sind. Einige Teilnehmer malen sich statt einer Tram gänzlich andere Verkehrslösungen aus – Hauptsache die Straße wird nicht angetastet. 

So fordert ein Nutzer, den künftigen Stadtteil doch mittels einer Expressfähre direkt an der Potsdamer Hauptbahnhof anzubinden. Das sei für Pendler bestimmt interessant, meint er. Auf die gesamte Tramerweiterung inklusive neuer Brücken könne dann verzichtet werden: „Der Erwerb von entsprechenden Fähren ist sicher deutlich kostengünstiger.“

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In einer Stunde bis zum Hauptbahnhof

Tatsächlich können Expressfähren viele Passagiere befördern und Luftkissenboote, Katamarane oder Tragflächenboote beachtliche Geschwindigkeiten erreichen. Nur dürften derart schnelle Fahrzeuge wohl nicht infrage kommen. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf den Gewässern zwischen Krampnitz und dem Hauptbahnhof liegt bei 12 Kilometern pro Stunde: Die Fähre wäre also rund eine Stunde unterwegs. Anders als die Tram könnte die Fähre auch Krampnitz nicht Richtung Fahrland durchqueren – es sei denn man baut einen Kanal.

Aber es gibt auch bodenständigere Vorschläge. So wird beispielsweise eine Rückkehr der Oberleitungsbusse nach Potsdam gefordert. Die Fahrzeuge seien billiger als Trams. Gegen den Vorschlag wird allerdings eingewendet, das auch für O-Busse Flächen für Busspuren nötig würden, wenn sie nicht im Stau stehen sollen. Auch können sie weniger Passagiere aufnehmen als eine Tram.

Potsdam benötigt deutlich mehr Straßenbahnen
Potsdam benötigt deutlich mehr Straßenbahnen
© Ottmar Winter

Ein Nutzer sucht die ganz große Lösung und fordert für Potsdam gleich ein ganzes U-Bahnnetz. „Würde man wirklich im Interesse der Bürger fahren wollen, müsste es eine U-Bahn vom Krampnitz bis Rehbrücke und Potsdam-West bis Stern/Drewitz geben, die dann nach Teltow, Falkensee, Berlin, Werder, Großbeeren, Ludwigsfelde weiterfährt, ohne noch ewig durch Potsdam zu tuckern.“

Die Stimmung unter den Teilnehmern hat sich offenbar mit der Zeit etwas angespannt . Nicht jeder hält es aus, wenn ihm widersprochen wird. So wirft etwa ein Nutzer einem Befürworter des Trambaus vor, für seine Teilnahme an der Online-Bürgerbeteiligung bezahlt zu werden. Ein weiterer scheint für seine Ideen zu werben, indem er andere für naiv erklärt: „Wer glaubt, die Verkehrsprobleme Potsdams mit einer Straßenbahnlinie zu lösen, der glaubt auch an den Klapperstorch.“

Toiletten, Kiosk, leise Gleise

In den Rubriken zur Haltestellen und Querungen sind die Themen etwas kleinteiliger und konkreter. So wird beispielsweise eine Haltestelle an der Grundschule am Jungfernsee gefordert, damit die Schüler nicht die Bundesstraße überqueren müssen, um die Haltestelle Nedlitzer Straße zu erreichen. Ein anderer Nutzer wünscht sich attraktivere Umsteigepunkte mit besserem Wind- und Regenschutz, Toiletten, Fahrkartenkauf und Kiosk. „Solange es noch keine Straßenbahn in alle Ortsteile gibt, sollte ein Shuttleverkehr mitgedacht werden.“ Ein Nutzer setzt sich für Rasengleise ein. Die sollen den Schall eindämmen.

Die Tram-Strecke soll 2029 in Betrieb gehen. Auf sieben Kilometern soll sie von der jetzigen Endhaltestelle am Campus Jungfernsee über die Insel Neu Fahrland durch Krampnitz nach Fahrland führen. Inzwischen hat die Entwurfs- und Genehmigungsplanung begonnen, bis Ende 2021 soll diese abgeschlossen sein. Dann wolle man das Planfeststellungsverfahren beginnen und Förderung beantragen. Baubeginn könnte dann 2025 sein. Bis die Tram fährt, sollen die Bewohner zunächst Busse nutzen.

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