Davon können Theaterleute heute nur träumen. 1911 begründete der Schauspieler, Regisseur und Stückeschreiber Alexander Delmar, geboren am 9. April 1867, die Heimatspiele in Potsdam und präsentierte in einem Naturtheater „auf dem eichengekrönten Brauhausberg in einer idyllisch anmutenden Talmulde“ – wie es in einer zeitgenössischen Schilderung heißt – von Mitte Mai bis Anfang August täglich nachmittags von 17 bis 19 Uhr selbstverfasste Stücke. Das Theater bot 1200 Besuchern Platz und es sollen sich 75 000 Gäste jährlich zu den Aufführungen eingefunden haben. Für jedes Stück wurde eine wetterfeste, naturnahe Dekoration gebaut. 40 Solokräfte – alles Berufsschauspieler – waren beschäftigt, und 80 bis 100 Statisten gesellten sich dazu.
In einem Plan der Residenzstadt Potsdam von 1912 ist der Theaterplatz noch eingezeichnet. Anfang der 20er Jahre wurde jedoch die Straße Am Brauhausberg gebaut und dafür schüttete man Teile der Senke zu. Das Naturtheater geriet in Vergessenheit und erst im Zuge der Neugestaltung des gesamten Bereiches Brauhausberg/Leipziger Straße, für den die Stadtverwaltung gerade eine Rahmenplanung erarbeitet, werden wieder Erinnerungen an die Freilichtbühne wach.
Axel Delmar, der eigentlich Alexander Hans Waldemar von Demandowsky hieß, verfasste Heimatspiel-Stücke, deren Titel heute etwas schauerlich anmuten wie „Der eiserne Heiland“ oder „Marschall Vorwärts“. Sie sind jedoch eindeutig ein Beleg des Zeitgeschmacks und so bewahrt das Potsdam Museum noch immer eine Reihe von Delmar-Manuskripten auf. Zu ihrer Zeit waren die Aufführungen ein Kassenmagnet bis über den ersten Weltkrieg hinweg. Erst als Delmar das Theater 1918 an Siegfried Hagen weitergab, machte es schließlich Pleite. Heute sind selbst die Reste der Senke wegen des Wildwuchses nur noch schwer aufzufinden.
Angefunden in Potsdam hat sich dagegen mit Alexander von Demandowsky ein Enkel Delmars, der gern das Andenken an seinen theaterbesessenen Großvater geehrt sehen möchte, denn Axel Delmar bewährte sich auch als Leiter der Kanaloper, die er ab 1911/12 gepachtet und dort ein Schauspiel- und ein Operettenensemble gegründet hatte. Die Stadt Potsdam übernahm erst 1938 das Haus. Da war Delmar schon neun Jahre tot. Er starb mit 61 Jahren am 7. April 1929. Zwischenstationen waren Berlin und Schwerin, wo er ebenfalls am Theater wirkte und für seine Verdienste Auszeichnungen erhielt.
Wenn der Brauhausberg in nächster Zeit überplant und neu gestaltet wird, wünscht sich Delmar-Enkel Alexander von Demandowsky, dass vielleicht eine Straße nach dem umtriebigen Theatermann benannt werden könnte. Der Enkel, der Architekt und Stadtplaner ist, kann sich auch vorstellen, die Posthofstraße umzubenennen. Denn dort befindet sich die in Sanierung begriffene Schauspielerkaserne, in der die Berliner Mimen untergebracht wurden, wenn sie in der Kanaloper gastierten.
Der Stadtplaner Alexander von Demandowsky war 1992 einem Hilferuf Potsdams gefolgt und hatte erst einmal im Stadtplanungsamt Schützenhilfe bei der Aneignung bundesdeutscher Vorschriften geleistet. Da ihn Potsdam faszinierte und sich auch private Verknüpfungen ergaben, blieb er und vertiefte sich bis 2006 in die planungsrechtliche Prüfung von Bauanträgen, half Satzungen entwickeln und Planungsrecht schaffen. Nach seinem Ausscheiden in den Ruhestand bleibt nun mehr Zeit, intensivere Ahnenforschung zu betreiben.
Das Verwandeln scheint übrigens eine sehr typische Eigenschaft der Demandowskys zu sein. Während Benjamin von Demandowsky als Haushofmeister dem Prinzen Albrecht, Sohn von Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise, diente, verschrieben sich die nächsten Generationen der Kunst. Aus Alexander Hans Waldemar wurde der Theaterdirektor Axel Delmar und aus dessen Sohn Ewald, ebenfalls Schauspieler, der überaus erfolgreiche Produktionschef der Filmgesellschaft Tobis. Er geriet dadurch in große Nähe zu den Nazis, zu Reichspropagandaminister Josef Goebbels. Die Sowjets ließen ihn als Nazipropagandisten 1946 hinrichten.
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