"Lummerland" im Filmpark Babelsberg: Eine Insel mit zwei Tunneln
Lummerland liegt in Potsdam. Genauer gesagt im Filmpark Babelsberg, in dem das Filmset aus „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ die neue Attraktion der Filmparktour ist
Potsdam - Es ist ein filmreifer Auftritt: Erst quillt wolkiger Rauch aus dem Tunnel, dann ertönt ein freundliches Tuten und schließlich erscheint er selbst, der Stargast des Tages: Lokomotive Emma. Sie spielt eine tragende Rolle in dem gerade entstehenden Kinofilm „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ nach dem gleichnamigen Kinderbuch von Michael Ende – und ist seit gestrigem Freitag eine neue Attraktion im Filmpark Babelsberg.
Dort können Besucher jetzt das Filmset von Lummerland bereisen, der Insel, auf der Lukas der Lokomotivführer im Film mit seiner Emma zu Hause ist. Die liebevoll gestaltete Originalkulisse ist ab sofort für etwa drei Jahre Teil der sogenannten Backlot-Tour des Filmparks – einer speziellen Tour, in der unter anderem das Set des RTL-Seriendauerbrenners „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ und ein Militärcamp aus dem Hollywoodfilm „Monuments Men“ mit und von George Clooney gezeigt werden. „Wir freuen uns sehr, diese besondere Attraktion hier zu haben und sind sehr dankbar für das Vertrauen, das uns die Filmproduzenten Rat Pack damit schenken“, sagte Filmpark-Chef Friedhelm Schatz am Donnerstag bei der offiziellen Einweihung. Er hoffe außerdem, dass bald auch der zweite Teil der beiden Jim Knopf-Bücher verfilmt würde und die Filmcrew das Set ein zweites Mal nutzen könne.
Das hofft auch Regisseur Dennis Gansel, der sich als Erster an eine Realverfilmung des Stoffes gewagt hat, die im nächsten Frühjahr in die Kinos kommen soll. Gute zwei Monate hat er im vergangen Jahr verschiedene Szenen für „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ im Babelsberger Filmstudio gleich neben dem Filmpark gedreht – und sich damit in mehrerer Hinsicht einen Traum erfüllt. „Alle großen Filmgenres wurden hier in Babelsberg erfunden, auch der Fantasyfilm“, so Gansel, der bereits mit Filmen wie „Mädchen, Mädchen“ oder „Die Welle“ große Erfolge feierte. „Dass wir jetzt mit diesem Film wieder dahin zurückkehren durften, ist großartig.“ Aber auch die Verfilmung der Geschichte um den kleinen Jim Knopf (gespielt von Solomon Gordon), der als Baby auf geheimnisvolle Weise nach Lummerland kommt und später mit Lukas (Henning Baum) sowie Lokomotive Emma auf große Abenteuerfahrt geht, ist für den Regisseur die Erfüllung eines Kindheitswunsches. Schon früh habe er die Story auf Hörspielkassette bei einem Freund gehört und sich alles in seinen eigenen Bildern ausgemalt. „Jim Knopf war für mich immer der Bruder, den ich nie hatte“, sagte der Regisseur, der selbst gerade Vater geworden ist und hofft, seinem Sohn in ein paar Jahren das Set zeigen zu können. Diese Figur nun zum Leben erwecken zu dürfen, sei ein Geschenk. So auch für Drehbuchautor Dirk Ahner, der aber gleichzeitig eine große Ehrfurcht vor dem Stoff hatte. „Ich habe das Buch sehr oft gelesen und bin dann letztendlich nach ganz praktischen Prämissen vorgegangen, etwa nach Budget oder den Anforderungen an eine Realverfilmung“, so Ahner. Für ihn sei das Buch vor allem eine emotionale Geschichte über Toleranz, Freundschaft und Wertschätzung über alle Grenzen hinweg. „Das herauszuarbeiten war dann auch ein großer Spaß“, erzählte der Autor, der bereits vor elf Jahren begann, sich mit dem Stoff zu beschäftigen. Besonders liebgewonnen habe er dabei die Figur des Scheinriesen Herr Tur Tur, der allein in der Wüste lebt. „Und Milan Peschel, der ihn spielt, hat dieses Schicksal ganz toll herausgearbeitet“, so Ahner.
Gedreht wurden die Wüstenszenen nicht in Babelsberg, sondern in Kapstadt. Da auch für die dortigen Szenen eine „Emma“ gebraucht wurde, gab es von der Lokomotive mehrere Ausführungen, wie Uwe Schaer, Art Department-Projektleiter des Babelsberger Filmstudios, erklärte. Gemeinsam mit seinem etwa 70-köpfigen Team hat er verschiedene Sets für den Film in den Studios gebaut. So etwa den Thronsaal des Kaisers von Mandala mit einem großen prächtigen Dach, wie Schaer erzählte, oder ein Kaisertor mit Treppe für den Kaiserpalast. Aber eben auch die Dampflok Emma, deren Bau etwa vier Monate dauerte. Sie besteht aus stabilem Stahl und fährt mit einem inneren Elektroantrieb. „Das Modell, das in Kapstadt verwandt wurde, haben wir zwar nicht selbst gebaut, aber die Vorlagen stammen von uns“, so Schaer. „Am Ende dürfen ja schließlich keine Unterschiede erkennbar sein.“ Für eine Szene in dem 900 Quadratmeter großen höhlenartigen Klassenzimmer von der fiesen Drachen-Lehrerin Frau Mahlzahn (gesprochen von Shirley MacLaine) – ebenfalls erbaut vom Babelsberger Art Department – musste dann noch eine leichtere Variante der Lokomotive aus Holz gebaut werden. „Sie muss dort eine Rampe hochfahren und das hätte die massive Variante mit ihren 500 Tonnen einfach nicht geschafft“, erklärte der Filmhandwerker. Auf den Schienen im Lummerland fährt sie aber problemlos durch die zwei Tunneleingänge, die das Art Department aus Kunststoff und mit Steinen aus London aufgebaut hat. Zwölf Wochen dauerte der Aufbau des Insellandes. Dabei sieht alles so aus, wie Michael Ende es in seinem Buch beschreibt: So fehlt weder der Laden von Frau Waas mit all ihren bunten Waren noch das kleine Haus von Herrn Ärmel – beide bestehen aus Holzkonstruktionen sowie originalen Dachsteinen, die Schaer auch schon für „Die Bücherdiebin“ verwandte. Auch der Bahnhof ist detailgetreu aufgebaut. Nur das Schloss von König Alfons dem Viertel-vor-Zwölften wird in der gerade laufenden Postproduktion digital eingefügt.
Darüber, dass die Lummerlandkulisse nun den Besuchern des Filmparks zur Besichtigung freigegeben ist, freut sich Schaer sehr. „Gerade dieses Set ist sehr schön und eignet sich gut für die Filmparktour“, sagte er. Außerdem sei es eine Würdigung der Arbeit seines Teams – alle anderen Kulissen wurden, wie in der Filmproduktion üblich, bereits wieder eingestampft.