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Der Potsdamer Architekturprofessor Ludger Brands bezeichnete das Fachhochschulgebäude als "Tanker" ohne städtebauliche Qualität. Das sahen beim Stadtforum aber nicht alle so.
© A. Klaer

Stadtforum: Über die Zukunft der Fachhochschule: Eine emotionale Angelegenheit

Erhaltenswertes Zeugnis der DDR-Architektur oder städtebaulicher Missgriff: Beim Stadtforum wurde kontrovers über die Zukunft des Fachhochschulgebäudes am Alten Markt diskutiert.

Potsdam - Es war eine spannende, ja eine mit Verve geführte Debatte, die am vergangenen Donnerstagabend zur Zukunft des Areals zwischen Nikolaikirche und Friedrich-Ebert-Straße geführt wurde. Der Veranstaltungsort hätte nicht treffender gewählt werden können: Das Stadtforum Potsdam hatte in das Gebäude der Fachhochschule (FH) eingeladen. Für die einen ist der Gebäuderiegel aus DDR-Zeiten ein städtebaulicher Missgriff, für die anderen ein bewahrenswertes Zeugnis der DDR-Architektur.

DDR-Gebäude vom Abriss bedroht

Während sich Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Donnerstag vor den mehr als 150 Zuhörern für die weitere Umsetzung des sogenannten integrierten Leitbautenkonzepts – und damit für einen Abriss des Fachhochschulgebäudes – aussprach, warben Vertreter der Initiative „Potsdamer Mitte neu denken“ für eine Stadtpolitik, die nicht auf Abriss setzt. „Bisher ist die Stadtentwicklung sehr einseitig“, so die Sprecherin der Initiative, Frauke Röth. Sie erinnerte daran, dass mit dem einstigen Haus des Reisens in der Friedrich-Ebert-Straße/Ecke Yorkstraße bereits ein DDR-Bau aus dem Stadtbild getilgt wurde und weitere individuelle Architekturschöpfungen aus dieser Epoche, wie das frühere Terrassenrestaurant Minsk und das Rechenzentrum, perspektivisch vom Abriss bedroht seien.

Das von Jakobs seit Langem vehement verteidigte Leitbautenkonzept sieht anstelle des derzeit von der Fachhochschule genutzten Gebäuderiegels zwischen Bildungsforum und Altem Markt eine kleinteilige Neubebauung vor, die dann auch dichter an die Friedrich-Ebert-Straße heranrücken soll. Zudem ist geplant, entsprechend dem früheren historischen Stadtgrundriss die Schwertfegerstraße über die Friedrich-Ebert-Straße hinaus in Richtung Nikolaikirche zu verlängern. Dadurch würde das Fachhochschulgelände in zwei kleine Quartiere geteilt werden. Einige der zu errichtenden Häuser in den beiden Quartieren, die sogenannten Leitbauten, sollen historische Fassaden von Vorkriegsgebäuden bekommen. Für die Häuser in den Bereichen dazwischen sieht das Konzept moderne Architektur vor, für die es umfangreiche gestalterische Vorgaben geben soll. Das vor sechs Jahren von der Stadtverordnetenversammlung beschlossene Leitbautenkonzept fußt auf einem Grundsatzbeschluss der Stadtverordneten von 1990. Damals hatten sich die Kommunalvertreter für eine Annäherung an den historischen Stadtgrundriss ausgesprochen.

Vierstündige Debatte mit vereinzelten Zwischenrufen

Dass die Entwicklung der Innenstadt eine Angelegenheit ist, die viele Bürger emotional beschäftigt, stellte Jakobs am Donnerstag gleich zu Beginn seines Eingangsstatements fest. Dennoch verlief die mehr als vierstündige Debatte, zu der zahlreiche Experten eingeladen waren, erstaunlich sachlich. Einzelne Zwischenrufe blieben jedoch nicht aus, immer wieder grummelte es unter den Zuhörern. Steffen Pfrogner von der Initiative „Potsdamer Mitte neu denken“ verstieg sich zu dem Vorschlag, Jakobs möge sein Schlusswort unter dem Eindruck der Veranstaltung ganz frei und ohne den vorbereiteten Stichwortzettel halten.

Mit teils pointierten Aussagen warben die Diskutanten für ihre Ansichten. So sagte etwa der Potsdamer Architekturprofessor Ludger Brands über den Stadtraum zwischen Altem Markt und Bildungsforum: „Wir befinden uns hier in einer Wüste, sogar in einer desaströsen Wüste.“ Das Areal habe derzeit keine städtebauliche Qualität zu bieten. „Einen Tanker“ nannte er das Fachhochschulgebäude. Ein Mann aus dem Publikum geißelte die Pläne der Stadt, das Hochschulareal durch Verkauf der Öffentlichkeit zu entziehen. Das sei rückwärtsgewandt. Frauke Röth sagte, die Abrisspläne der Stadt zeugten „von Hochmut und Hybris“. Die Stadtverordnete Saskia Hüneke (Grüne) warf den Abrissgegnern vor, so zu tun, als ob es bei den Plänen der Stadt „um ein preußisches Abbild ginge“.

Vorschlag: Mix aus Leitbautenkonzept und teilweiser Erhalt der FH

Bernd Steigerwald vom Potsdamer Stadtforum stellte seinen Vorschlag für einen Mix aus Leitbautenkonzept und teilweisem Erhalt des Hochschulgebäudes vor. Für ein Moratorium in der Abrissfrage sprach sich Röth aus. Jakobs versicherte am Schluss der Veranstaltung, die Anregungen aus der Diskussion aufzunehmen. Zugleich machte er mit Blick auf das Leitbautenkonzept jedoch deutlich: „Wir werden auf dieser Linie weitermachen.“

Die Potsdamer Verwaltung will die konkreten Planungen für das Hochschulareal im Mai oder Juni dieses Jahres in die Stadtverordnetenversammlung einbringen. Dann soll auch feststehen, welche Vorgaben die zukünftigen Bauherren auf den zum Verkauf stehenden Flächen berücksichtigen müssen. Womöglich noch im Herbst werden die Parzellen öffentlich ausgeschrieben. Im September 2017 soll die Fachhochschule ausgeräumt und abgerissen werden. Danach könnte neu gebaut werden, vorausgesetzt die Stadtverordneten geben dafür grünes Licht.

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