Neues Museum Barberini Potsdam: „Eine Ausstellung mit Alten Meistern ist schon in Vorbereitung“
Barberini-Kurator Michael Philipp spricht im PNN-Interview über die Wirkung des Potsdamer Museums auf die Kunstwelt, das Geheimnis um die privaten Leihgeber und warum die Welt noch eine weitere Impressionismus-Ausstellung braucht.
Herr Philipp, im Online-Branchenblatt „The Art Newspaper“ wird Felix Krämer vom Frankfurter Städel-Museum mit dem bemerkenswerten Satz zitiert, das Barberini könne gewaltige Auswirkungen auf die deutsche Museumslandschaft haben. Was haben Sie bislang für Erfahrungen gemacht? Welchen Widerhall findet das Barberini in der Kunstszene?
Ortrud Westheider war ja lange Jahre Leiterin eines Ausstellungshauses in Hamburg, das drei Ausstellungen pro Jahr gemacht hat. Alles, was dort hingekommen ist, war ihrer Verhandlungstätigkeit, ihrem persönlichen Charisma zu verdanken, mit dem sie alle möglichen Museumsdirektorinnen und -direktoren davon überzeugt hat, Leihgaben zu geben. Im Laufe der Jahre hat sie ein großes internationales Netzwerk aufgebaut, sie kennt sehr viele Leute in anderen Museen und auch sie selbst und ihre Ausstellungen sind bekannt. Viele Museumskollegen wissen, wenn eine Ausstellung von Frau Westheider kuratiert wird, dann hat das Substanz, dann ist das eine wissenschaftlich fundierte und gut durchdachte Ausstellung.
Wie ist denn das Medieninteresse bislang gewesen?
Ich habe gar keinen Überblick, wer im Einzelnen schon hier war. Aber meines Wissens waren am Mittwoch „The New York Times“ und „The Guardian“ hier, außerdem verschiedene spanische und französische Medien. Man kann auf jeden Fall sagen, dass das Interesse sehr groß ist. Wir haben ja auch vor, künftig internationale Kooperationen zu machen, zum einen was Leihgaben angeht, aber auch indem wir Ausstellungen in anderen Ländern zeigen.
Bei vielen Bildern in den Eröffnungsausstellungen wird nicht kenntlich gemacht, aus welchen Sammlungen sie stammen. Ist das nicht ungewöhnlich?
Wir haben hier ja Leihgaben aus 32 Sammlungen, sowohl aus Museumssammlungen als auch aus Privatsammlungen. Es ist üblich, dass der Leihgeber selbst bestimmt, wie und ob er genannt werden möchte. In diesem Fall war es so, dass keiner der privaten Leihgeber genannt werden wollte. Und diesen Wunsch respektieren wir natürlich.
Haben Sie auch Absagen von potenziellen Leihgebern bekommen?
Ja, natürlich. Das Akquirieren von Leihgaben ist ein wahnsinnig mühsamer und aufwendiger Prozess. Es gibt immer sehr viel mehr Gründe, dass man ein Bild nicht bekommt, als dass man es bekommt. Häufig ist ein Werk konservatorisch nicht in einem Zustand, der einen Transport erlauben würde. Wenn der Restaurator sagt, ein Bild kann nicht reisen, gibt es quasi keine Chance. Ein anderer Grund kann sein, dass ein Werk schon verliehen ist und in einer anderen Ausstellung gezeigt wird, das passiert auch sehr häufig. Oder ein Werk war gerade ausgeliehen und soll das Haus nicht schon wieder verlassen. Wir hatten auch schon den Fall, dass das Treppenhaus eines Museums wegen Umbaus geschlossen war und das Bild deshalb nicht auf Reisen geschickt werden konnte. Oft hat eine Absage also gar nichts mit dem fehlenden guten Willen zu tun.
Werden in der Impressionismus-Ausstellung im Barberini denn besonders viele Werke aus Privatsammlungen gezeigt? Oder anders gefragt – sind die Bilder, die jetzt gezeigt werden, besonders selten öffentlich zu sehen?
Sicherlich sind eine ganze Reihe der Bilder über einen längeren Zeitraum nicht in Ausstellungen öffentlich zu sehen gewesen.
Weil sie hauptsächlich aus der Sammlung von Hasso Plattner stammen?
Aus der Sammlung von Hasso Plattner oder eben von anderen Privatsammlern, die ihre Bilder nicht so oft reisen lassen.
Es gab ja schon zig Impressionismus-Ausstellungen in aller Welt. Was hebt diese hier von den anderen ab – außer der Tatsache, dass viele Werke zum ersten Mal seit Langem gezeigt werden?
Impressionismus ist ein Thema, das viele anspricht, begeistert und interessiert. Weil viele Besucher angezogen werden, gibt es viele Impressionismus-Ausstellungen. Aber oftmals ist der Zugang oder die analytische Tiefe nicht sehr ausgeprägt. Hier bei uns geht es nun darum, das Thema Landschaft danach zu untersuchen, was die Maler eigentlich interessiert hat. Was hat sie dazu gebracht, immer wieder bestimmte Szenen, Ansichten, Themen aufzugreifen? Das hat es bisher noch nicht gegeben. Noch nie ist eine Ausstellung der Frage auf den Grund gegangen, warum sie immer wieder Schnee, immer wieder Pappeln gemalt haben. Wir haben die Motive der Maler in Gruppen eingeteilt und die acht wichtigsten Gruppen in acht Räumen zusammengestellt. Dort sieht man, dass es eben nicht so war, dass die sich einfach hingesetzt und spontan eine Stimmung gemalt haben, wie es oft in der Literatur dargestellt wird. Sie zeigen zwar eine Stimmung, aber das geschieht nicht spontan, sondern es ist systematisch und geplant.
Wodurch erschließt sich das dem Besucher der Ausstellung?
Jeder der acht Räume hat einen Titel und es gibt in jedem einen kurzen Text, der in wenigen Sätzen erklärt, warum diese Gruppe besteht und was der Witz daran ist. Man liest zum Beispiel den Titel „Spiegelungen im Wasser“, guckt sich um und denkt: Oh ja, tatsächlich, alle haben Spiegelungen im Wasser gemalt. Manchmal hängen auch wirklich zwei Maler nebeneinander und man sieht, dass sich da zwei Leute am selben Thema abgearbeitet haben.
Wie ist das bei der anderen Eröffnungsausstellung, „Klassiker der Moderne“? Was hebt sie von anderen Ausstellungen mit Werken dieser Epoche ab?
Diese Ausstellung vollzieht den Weg nach, den die Kunst nach dem Impressionismus genommen hat, nämlich den Weg hin zur Abstraktion. Dieser wird ja im Impressionismus schon vorbereitet, wie man etwa an Monets Seerosen sieht. Das ist eine Erzählung über die Entwicklung der Kunst mit vielen Parallelen oder Bezugspunkten zu den Impressionisten. Es ist keine Ausstellung über das Nachleben des Impressionismus, aber eine Ausstellung über die Kunst des 20. Jahrhunderts mit einigen Bezugspunkten zum Impressionismus.
Wird es denn auch mal eine Ausstellung mit Werken Alter Meister geben?
Ja. Es gibt da bereits Vorbereitungen und Gespräche.
Können Sie schon ein Jahr nennen?
Nein. Das hängt teilweise auch damit zusammen, dass bei den Werken Alter Meister oft die konservatorischen Verhältnisse noch problematischer sind. Eine Holztafel erfordert im Vergleich zu einer Leinwand ganz hohe Sensibilität. Wir können diese zwar gewährleisten, aber so mancher Sammlungsleiter sagt eben trotzdem: Diese Holztafel wird unser Haus nie verlassen.
Was erwarten Sie hier denn für ein Publikum im Museum Barberini? Bei der Pressekonferenz vermutete jemand, dass zwei Drittel der Gäste Berliner sein würden. Denken Sie das auch?
Das kann ich nicht einschätzen. Aber Berlin hat 20-mal so viele Einwohner wie Potsdam, das wird sich auch auf die Zusammensetzung der Besucher niederschlagen. Wir sind auch gespannt, wie viele Touristen aus Berlin nach Potsdam kommen. Wir werden auf jeden Fall eine Besucherbeobachtung und -befragung machen.
Gibt es denn ein Ziel für die Besucherzahlen im ersten Jahr?
Nein, da lassen wir uns völlig überraschen. Aber nach dem, was wir allenthalben hören, scheint das Interesse sehr groß zu sein. Viele sind gespannt und wollen das sehen.
Das Interview führten Peer Straube und Katharina Wiechers
ZUR PERSON: Michael Philipp (54) ist im schwäbischen Krumbach geboren. Wie Barberini-Direktorin Ortrud Westheider war er zuvor am Bucerius Kunst Forum in Hamburg tätig – auch dort als Kurator.
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