Begegnungscafé in Babelsberg: Ein Treffpunkt für alle Kulturen in Potsdam
Am Sonntag feiert das Babelsberger Begegnungscafé dreijähriges Bestehen Die Einrichtung für Flüchtlinge und Potsdamer hatte bereits 10.000 Besucher.
Babelsberg - Als Martina und Günther Kruse zum ersten Mal das Begegnungscafé der evangelischen Kirchengemeinde Babelsberg öffneten, rechneten sie mit 30, vielleicht 50 Besuchern. „Am Ende waren es 200“, erinnert sich Günther Kruse. Das Angebot wurde dankbar angenommen, am Sonntag feiert die Einrichtung in der Karl-Liebknecht-Straße ihren dritten Geburtstag. Von Anbeginn hat das Café jeden Sonntag geöffnet, mit immer neuem Programm – gemeinsam singen, Geburtstag feiern, Fußball spielen, Workshops machen, Deutsch üben. Ein Ort, an dem sich Geflüchtete und Potsdamer treffen und austauschen konnten, um etwas über die jeweils andere Kultur zu erfahren, Hilfe bei Alltagsproblemen zu bekommen oder einfach nur gemütlich bei Kaffee und Kuchen zusammen zu sitzen.
„Ich komme seit zwei Jahren regelmäßig hierher“, sagt der 32-jährige Abd Alhameed Alibrahim, der vor drei Jahren aus Syrien nach Deutschland gekommen ist. „Man kann viele neue Leute treffen, sich auf Deutsch unterhalten, feiern, tanzen und Ausflüge machen. Wir haben eine tolle Zeit im Café verbracht.“ Rund 10 000 Besucher waren seit der Eröffnung des Cafés hier zu Gast, Neupotsdamer aus Syrien, Eritrea, Afghanistan, dem Sudan und vielen anderen Ländern besuchen es regelmäßig, rund 2400 Helferstunden wurden seitdem durch die ehrenamtlichen Mitarbeiter geleistet. 2016 hatte die Stadt das Begegnungscafé mit dem Ehrenamtspreis ausgezeichnet.
Fotoshow und Buffet
Zum Geburtstag am Sonntag um 15.30 Uhr soll es ein großes internationales Fingerfood-Buffet sowie eine Fotoshow mit den Highlights der letzten drei Jahre geben. Die Idee zum dem Café kam dem Ehepaar Kruse 2015 angesichts der prekären Bedingungen in der Erstaufnahmeeinrichtung in der Heinrich-Mann-Allee: Viele Menschen auf engem Raum, Langeweile, kaum Kontakt zu anderen Potsdamern. „Beim ersten Café haben wir einfach Brettspiele rausgelegt“, sagt die Deutschlehrerin Martina Kruse. „Wir haben uns gedacht: Wenn wir schon nicht miteinander sprechen können, können wir zumindest miteinander spielen.“ Nach und nach verbesserten sich die Sprachkenntnisse, einige der Gäste wurden zu ehrenamtlichen Dolmetschern.
Martina Kruse denkt sich für jeden Sonntag ein anderes Programm aus: Gemeinsam kochen, Sprachkurse machen, Fotos aus dem Heimatland zeigen oder arabische Buchstaben lernen und schreiben. Auch ernste Themen werden behandelt, zum Beispiel der Holocaust-Gedenktag, Gewaltenteilung oder Psychotherapie und wie man sie in Anspruch nehmen kann. Einmal wurde in gespielten Dialogen das Thema „Schwierige Nachbarn“ behandelt: Was passiert, wenn Nachbarn sich über Lärm beschweren, klopfen oder etwas wollen? Für viele Geflüchtete ein alltägliches Problem: „Einer unserer Gäste hatte alle Bewohner des Hauses nach seinem Einzug zum Tee eingeladen – gekommen ist niemand“, sagt Günther Kruse. Es geht aber auch anders: „Nachdem ich in meine Wohnung eingezogen bin, hat mir ein Nachbar sofort angeboten, sein Auto auszuleihen“, sagt Alibrahim.
Viele der Geflüchteten kommen auch wegen der freundlichen Atmosphäre: „Man kann viel mit anderen Deutsch sprechen und die Leute sind alle sehr nett hier“, sagt Ghazaleh Mohseni Yosofi. Im Alltag hat die 35-jährige Iranerin auch andere Erfahrungen gemacht: „Wenn ich in der Bahn sitze, passiert es immer wieder mal, dass ich aufgefordert werde, aufzustehen und den Platz freizumachen.“
Über Potsdam hinaus bekannt
Nicht nur Geflüchtete, sondern auch andere Potsdamer sind häufig zu Gast im Begegnungscafé, nicht selten als freiwillige Helfer: „Das reicht von der Schülerin, über den Studenten bis hin zum Rentner und zur Staatsanwältin“, sagt Martina Kruse. Rund 30 Ehrenamtler umfasst das Team des Cafés, einige von ihnen haben sogar Patenschaften für Geflüchtete übernommen. Auch prominente Gäste wie Volker Schlöndorff oder Florian Engels, Brandenburgs Regierungssprecher, waren schon da und haben mitangepackt. Mittlerweile ist das Begegnungscafé über die Grenzen Potsdams bekannt: Das Konzept wurde bundesweit nachgefragt und stand bereits Pate für ähnliche Projekte.
Auch bei praktischen Problemen hilft das Café mit seinen Netzwerken weiter, egal ob bei der Arbeits- und Wohnungssuche, beim Möbeltransport, Gang zum Arzt oder beim Umgang mit Behörden und Formularen. Ein besonderes Highlight sind die gemeinsamen Ausflüge. Der erste fand 2016 statt und ging für drei Tage in den Harz: „Wir saßen mit 64 Leuten im Bus, es war absolute Hochstimmung“, sagt Martina Kruse. „Für manche war das der erste richtige Urlaub.“
Ans Aufhören denkt das Ehepaar nicht. „Uns ist es wichtig, dass wir ein deutliches Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und für Verständigung setzen.“