Techcode in Potsdam: Ein Schreibtisch unterm Dach
Das chinesische Unternehmen Techcode bietet vier Start-ups aus der Gesundheitsbranche einen Platz.
Innenstadt - Der Einzug kam später als geplant: 330 Quadratmeter im Dachgeschoss der Jägerallee 16 sind seit September Platz für kreative Ideen. „Jetzt funktioniert alles, bis auf ein paar Kleinigkeiten“, sagt Emon Wang, Geschäftsführer von Techcode Germany. Die weltweit vernetzte chinesische Firma hat im September ein neues Gründerzentrum eröffnet. Innovative internationale Start-ups können hier günstig Büroflächen mieten.
Das Dachgeschoss musste umgebaut und renoviert werden, dann habe die Heizungsanlage zunächst nicht richtig gearbeitet – erst danach konnte das Unternehmen einziehen. In dem Dachgeschoss sind auf sieben Büros Arbeitsplätze für etwa 20 Leute verteilt. Es gibt einen großen Co-Working-Platz mit zehn Schreibtischen. Die restlichen Flächen sind für Start-up-Teams mit etwa vier bis fünf Leuten ausgerichtet, wie Caroline Lange, Communitymanagerin bei Techcode, erzählt. „Es können auch noch weitere Schreibtische in die Büros gestellt werden“, sagt Lange. Die Start-ups zahlen etwa 280 Euro Miete pro Schreibtisch.
Hilfe bei Entscheidungen
Vier Start-ups sind schon eingezogen: biotx.ai entwickelt eine Plattform, die Muster in klinischen Datensätzen analysiert, um so den Weg zu neuartigen Diagnosen und Therapien zu ebnen. Das Start-up EduBaba, das eine App für die Lernentwicklung von Kindern entwickelt. Dabei helfen Eltern und Lehrer. Ebenfalls unter dem Dach von Techcode arbeitet die Firma appamedix, die eine App für Patienten, medizinische Labore und Krankenhäuser erstellt.
Das vierte Start-up, das vor Kurzem eingezogen ist, heißt ODE.systems. Noch sitzt Geschäftsführer und Mitgründer Gordian Overschmidt alleine im Büro in Potsdam. Das Team arbeitet international, ein Teil seiner Leute ist noch in London. Die Plattform, die ODE.systems entwickelt, soll die Entscheidungsfindung erleichtern. „Sie unterstützt zum Beispiel junge Menschen, sich besser beim schweren Weg von der Schule in eine Ausbildung oder Studium entscheiden zu können“, erklärt Overschmidt. Es sei zunächst vergleichbar mit einem Coaching, das bei Entschlüssen des täglichen Lebens unterstütze. Später soll es auch Ärzte und Patienten bei der gemeinsamen Wahl für Behandlungsmethoden helfen. „Entscheidungen haben einen enormen Einfluss auf die mentale Gesundheit“, erklärt Overschmidt das Anliegen seines Start-ups. Vor allem 18- bis 35-Jährige, das würden Studien zeigen, hätten Probleme damit, Entscheidungen zu treffen, da sie oft im Nachhinein mit ihrer Wahl hadern.
Das Angebot richtet sich an verschiedene Branchen
Techcode will junge Unternehmer wie Overschmidt über sein internationales Netzwerk bei ihrer Entwicklung unterstützen. Neben Standorten in China hat Techcode bereits Gründerzentren im Silicon Valley, in Tel Aviv, Seoul, Helsinki und vor zwei Jahren auch in Berlin errichtet. Techcode hilft nach eigenen Angaben den Start-ups auch mit der Partner- und Kundensuche, der Finanzierung sowie bei der Erschließung des chinesischen Marktes und sieht sich als Plattform für den internationalen Austausch neuer Technologien und Entwicklungen. Das Angebot richtet sich in allen Zentren an unterschiedliche Branchen, wie Geschäftsführer Wang erzählt. In Potsdam liegt der Fokus von Techcode ganz gezielt auf Firmen aus der Gesundheitswirtschaft, in den Bereichen Life Sciences und Digital Health. Die Wirtschaftsförderung Brandenburg (WFBB) hat Techcode bei der Planung begleitet.
Derzeit gibt es nur wenige Co-Working-Möglichkeiten wie an der Jägerallee. Start-ups können sich ansonsten am Mietwerk Am Kanal oder im Officium in der Nauener Vorstadt niederlassen. „Die Angebote sind vollständig ausgelastet“, sagt der Chef der Potsdamer Wirtschaftsförderung, Stefan Frerichs. Mehrere private Investoren planen weitere Co-Working-Flächen, wie etwa das Unternehmen KW Development, welches das Multifunktions-Filmstudio „Studio Five“ in der Medienstadt umbaut oder das Mietwerk, das einen zweiten Standort am Leipziger Dreieck eröffnet. Der Berliner Projektentwickler Trockland plant außerdem, zusammen mit weiteren Investoren die RAW-Halle in der Friedrich-Engels-Straße bis 2021 zu einem IT-Innovationsstandort mit 1000 Arbeitsplätzen auszubauen.
Co-Working-Flächen sind wichtig
Mit der Ernennung zum MediaTech Hub im April vergangenen Jahres sei die Stadt laut Frerichs bereits ein wichtiger Standort in diesem Bereich geworden. Wie berichtet ist Potsdam als einer von deutschlandweit zwölf Digital Hubs auserkoren worden, der Schwerpunkt liegt auf der Medientechnologie.
Co-Working-Flächen seien für junge Unternehmen wichtig, so Frerichs. „Junge Unternehmen brauchen zunächst einmal bezahlbare Räume, in die sie recht unkompliziert einziehen und auch schnell wieder ausziehen können, sobald sie wachsen.“ Wie etwa im Wissenschaftspark Golm: Dort soll ab 2019 das GO:IN II auf rund 6000 Quadratmetern rund einem Dutzend weiterer Firmen Platz bieten.
Auch in die Räume von Techcode sollen in der Zukunft noch mehr Start-ups einziehen. Wie genau sich das Gründungsbüro dann entwickelt, wissen die Mitarbeiter auch noch nicht genau. „Wir wachsen ja noch. Wir wollen erstmal Teams hier reinholen und sehen, wie der Bedarf genau aussieht“, so Wang.
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Hintergrund: Potsdam ist ein Hightech-Standort
Im Jahr 2017 waren in Potsdam insgesamt 13 300 Unternehmen ansässig. Die Zahlen der Gewerbeanmeldungen steigen stetig, die Abmeldungen dagegen würden hingegen seit 2008 sinken, sagt der Chef der Potsdamer Wirtschaftsförderung, Stefan Frerichs. Fünf branchenorientierte Gründerzentren mit insgesamt 20 000 Quadratmeter Gewerbeflächen gibt es zurzeit in der Stadt. Laut einer Studie des Verbandes der Vereine Creditreform aus dem vergangenen Jahr zählt Potsdam zu den Regionen mit dem höchsten Anteil an Hightech-Unternehmensgründungen in den Jahren 2012 bis 2016. Potsdam landete in der Rangliste mit insgesamt 194 Gründungen auf dem zehnten Platz.
Sarah Stoffers
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