Sport: Ehre für Potsdams Olympiahelden
Lange Zeit verlor sich in der Stadt die Spur ihrer Sportidole. Nun soll es einen „Walk of Fame“ geben
Olympiasieger Sebastian Brendel lag weit daneben, als ihn der Potsdamer Sportfotograf Eberhard Thonfeld dieser Tage fragte, wie viele olympische Goldmedaillengewinner die Stadt hervorgebracht hat. Knapp 30, schätzte der Kanute. Tatsächlich sind es 52 Potsdamer Sportler, die ihre Laufbahn mit olympischem Gold krönten. Der Erste war 1964 Jürgen Eschert, der in Tokio im Einer-Canadier gewann und quasi die goldene Fahrrinne zog, in die sich Brendel 48 Jahre später bei seinem Triumph in London einfädelte.
Nicht nur Brendel als aktuell weltbestem Canadierfahrer wurde durch die Frage eine Wissenslücke offenbart. Im vergangenen Herbst waren es die U17-Spielerinnen des 1. FFC Turbine Potsdam, die sich während einer Florida-Wettkampfreise fragten, warum es zu Hause keine Erinnerung und Würdigung für die Sporthelden der Vergangenheit gibt. „In Florida gab es in jeder Uni und Highschool Bilder und Denkmäler ihrer erfolgreichen Sportler“, erzählt die junge Fußballerin Lätizia Radloff. Aus der Frage wurde eine Idee und aus dieser ein „Walk of Fame“, der noch in diesem Jahr im Sportpark Luftschiffhafen entstehen soll: gläserne, LED-beleuchtete Stelen, auf denen für die jeweiligen Olympischen Sommer- und Winterspiele die Potsdamer Medaillengewinner mit den entsprechenden Sportarten aufgelistet sind.
„Als die Schülerinnen mit ihrer Projektidee kamen, konnten wir nicht mehr ausweichen“, sagt Andreas Klemund, Geschäftsführer der Luftschiffhafen GmbH. Sowohl er als auch Stadt-Marketingchefin Sigrid Sommer räumten am gestrigen Donnerstag bei der Vorstellung des Projektes ein, dass es die Idee dafür schon seit Langem gibt. „Aber wir hatten zunächst andere Aufgaben zu bewegen“, wand sich Klemund, während Sommer meinte, dass die Geschichte das Potsdamer Sports nach dem Mauerfall in der Stadt lange Zeit auch kontrovers diskutiert und reflektiert wurde.
Für Eberhard Thonfeld wird es indes höchste Zeit, dass sich die Stadt ihrer sportlichen Helden erinnert. Der Fotograf, der 2011 den Sven-Simon-Preis für das beste Sportfoto bekam, hat viele von ihnen begleitet und im Moment ihres Erfolges mit der Kamera festgehalten. Unter dem Titel „Olympisches Gold für Potsdam“ werden vom 27. Juli bis 15. August in den Bahnhofspassagen 60 Porträts zu sehen sein, die Thonfeld von allen 52 Potsdamer Olympiasiegern gemacht hat – als Chronist während der olympischen Wettbewerbe oder in jüngerer Vergangenheit. Es wird auch ein Bild von Hans Grodotzki zu sehen sein, der bei den Spielen 1960 in Rom über 5000 oder 10 000 Meter jeweils Silber gewann, was für Thonfeld genauso viel wert ist wie eine Goldmedaille. Als sich Thonfeld mit dem einstigen Langstreckenläufer zum Fototermin verabreden wollte, um den 79-Jährigen zu porträtieren, habe dieser sich gewundert: „Warum meldet sich die Stadt jetzt? Die wollten doch bislang nichts von uns wissen.“
Für Thonfeld sind es genau diese Gesichter und Geschichten des Potsdamer Sports, die gezeigt und erzählt werden müssen. Daher betont Potsdams Sportdezernentin Iris Jana Magdowski nun auch eifrig, dass man mit dem „Walk of Fame“ Stolz und Begeisterung wecken will für Leistungen, die in ihrer Erinnerung verblasst oder auch gar nicht bekannt sind. Und für die es zuweilen kaum noch Zeugnisse gibt. So schilderte Eberhard Thonfeld die Schwierigkeit, vom Olympiasieg des Damen-Ruderachters 1988 in Seoul ein Foto zu finden. Selbst in den Archiven großer Agenturen sei er nicht fündig geworden. Zudem glaubt Thonfeld, dass es einige Motive in Zukunft nicht mehr geben wird. So glaubt er nicht daran, dass Potsdam noch einen Turn-Olympiasieger (Holger Behrend) an den Ringen oder olympisches Schwimm-Gold über 400 Meter Freistil (Uwe Daßler) hervorbringen wird.
Oder doch? Denn die Illustration und Erinnerung früherer Erfolge soll zugleich Ansporn und Motivation für junge Sportler sein. „Ich selbst hatte viele Vorbilder, an denen ich mich orientiert habe“, sagt Geher-Olympiasieger Peter Frenkel in einem Videobeitrag, den die Sportschüler im Rahmen ihrer Projektarbeit und parallel zur Entstehung der Fotoausstellung und des „Walk of Fame“ gedreht haben. „Es ist eine tolle Idee, vor allem, um auch junge Athleten zu motivieren“, sagt Ruder-Olympiasiegerin Kathrin Boron in dem Film.
Noch braucht es Geld, um den Entwurf der Landschaftsarchitektin Marie-Luise Klein mit Stelen auf dem Abschnitt vom historischen Eingangstor des Luftschiffhafens bis zur Hauptstraße des Sportparks umzusetzen. Von einem sechsstelligen Betrag spricht Anne Pichler, Geschäftsführerin des Stadtsportbundes. Es sei Absicht, die Summe nicht nur aus dem Stadthaushalt aufzubringen, sondern auch Potsdamer Einwohnern, Unternehmen, Vereinen und Institutionen die Chance zu geben, sich als Paten zu beteiligen. „Wir nehmen lieber von vielen wenig als von einem viel“, so Klemund. Er ist überzeugt, dass die Identifikation der Potsdamer mit den olympischen Helden ihrer Stadt groß genug ist, sodass die Idee des „Walk of Fame“ nicht an der Finanzierung scheitert.
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