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Der Treffpunkt Freizeit am Neuen Garten wurde als Pionierhaus gegründet und beherbergt seit 70 Jahren Kinder- und Jugendarbeit.
© Ottmar Winter

Treffpunkt Freizeit wird 70: Ehemaliges Pionierhaus am Welterbe

Die Potsdamer Institution erinnert an sieben Jahrzehnte zwischen Garten-Panzer, Abrissgefahr und Treff für Jung und Alt. Leiter Uwe Rühling freut sich vor allem über eine Sache.

Potsdam - Der Panzer – ein sowjetischer T-34 – im Garten: Das war wohl das martialischste, wenn auch einprägsamste Wahrzeichen des einstigen Hauses der Jungen Pioniere „Erich Weinert“ am Neuen Garten. 1949 wurde noch auf Initiative der sowjetischen Militäradministration der zweistöckige Bau mit Theatersaal und Sporthalle in Auftrag gegeben, 1952, vor genau 70 Jahren, wurde das Gebäude als Pionierhaus eröffnet. Mit einer Reihe von Veranstaltungen, einer Ausstellung und einem Buch über die wechselvolle Geschichte wird das Jubiläum des Hauses am Welterbepark begangen.

„In der Ausstellung zeigen wir die Geschichte des Hauses bis zur Jahrtausendwende“, sagte der heutige Leiter des Treffpunkt Freizeit, Uwe Rühling. Die letzten 20 Jahre habe man ausgespart, weil die meisten Besucher an diese Zeit noch die eigenen Erinnerungen und Bewertungen hätten, so Rühling. „Es war faszinierend, in wie vielen Archiven wir Unterlagen, Berichte und Fotos zum Haus und den Aktivitäten hier gefunden haben.“ In Stadt-, Landes- und Bundesarchiven sei man fündig geworden, selbst im Depot des Filmmuseums habe es Dokumente gegeben. Auch Missbilligungen an Mitarbeiter habe man gefunden, weil der Parteiauftrag angeblich nicht beachtet wurde.

Zu DDR-Zeiten, als das Gebäude das Pionierhaus „Erich Weinert“ war, stand ein sowjetischer T-34 (r.) auf dem Gelände. 
Zu DDR-Zeiten, als das Gebäude das Pionierhaus „Erich Weinert“ war, stand ein sowjetischer T-34 (r.) auf dem Gelände. 
© Treffpunkt Freizeit/promo

Die Recherchen des Historikers Johannes Leicht, aus denen die Ausstellung „Zwischen Auftrag und Alltag – Vom Pionierhaus zum Treffpunkt Freizeit“ und auch das Buch entstanden, sollen die Arbeit des Pionierhauses in den historischen Kontext der Nachkriegszeit und der DDR einordnen. Eröffnet wird die Schau am heutigen Donnerstag mit einer Festveranstaltung ab 17.30 Uhr. Die Jahre nach der Wende bis heute sollen in einem Podiumsgespräch einbezogen werden, das im Rahmen der Festveranstaltung stattfinden soll. Denn die Zeiten für das Haus, nach dem Mauerfall in „Treffpunkt Freizeit“ umbenannt – blieben aufregend. Im Jahr 2000, nach zehn Jahren Trägerschaft durch die Stadt Potsdam stand nämlich die Schließung des Treff im Raum.

Ex-Oberbürgermeister Jakobs erinnert sich

Jann Jakobs (SPD), Potsdams späterer Oberbürgermeister, war der zuständige Beigeordnete, als die Debatte um Schließung und Abriss die Stadt beschäftigte. Gemeinsam mit dem damaligen Oberbürgermeister Matthias Platzeck (SPD) hatte Jakobs den Stadtverordneten vorgeschlagen, Schluss zu machen mit dem Treffpunkt und die Angebote des Hauses auf andere Standorte in der Innenstadt zu verteilen. In einer Zeit, in der die Stadt Dutzende Kitas und Seniorenheime privatisieren musste, Hunderte Erzieherinnen, die Beschäftigte der Stadt waren, entlassen werden mussten, war der Vorstoß nichts sehr Außergewöhnliches, erinnert Jakobs sich heute. 

Fotos in der Ausstellung erinnern auch an die Kinder- und Jugendarbeit während der Pionierhaus-Zeiten. 
Fotos in der Ausstellung erinnern auch an die Kinder- und Jugendarbeit während der Pionierhaus-Zeiten. 
© Treffpunkt Freizeit/promo

Doch der Protest dagegen sei ein anderer gewesen: Angesichts der Schließungspläne habe sich gezeigt, dass die Engagierten im Treffpunkt den Erhalt wirklich wollten, es wurde „dann richtig darüber nachgedacht“, wie es weitergehen sollte. Den Ausschlag für den Kurswechsel der Stadtspitze von Schließung zu Erhalt habe neben dem ersten erfolgreichen Bürgerbegehren nach 1990 mit 24000 Unterschriften pro Treffpunkt Freizeit eine Äußerung des damaligen Generaldirektors der Schlösserstiftung, Hans-Joachim Giersberg, gegeben, so Jakobs. An die Stiftung sollte das Areal des Jugendtreffs am Neuen Garten zurückfallen.

„Als Giersberg uns sagte, dass die Stiftung die Gebäude auch nicht gleich abreißen, sondern die Skulpturen-Sammlung dort hineinstellen würde – also lebendige Menschen raus, Skulpturen rein – da war für Matthias Platzeck und mich klar: Wir drehen das um.“ Sein Auftrag fortan: „Rette den Treffpunkt Freizeit“, so Jakobs. Das sei gelungen, mit neuen Inhalten, Sanierung und Umbau. „Das war für uns alle ein Lernprozess“, sagte Jakobs, der auch zur heutigen Podiumsdiskussion kommt.

Befürchtung entkräftet

Den aktuellen Leiter der Einrichtung, Uwe Rühling, freut es vor allem, eine Befürchtung von damals entkräftet zu haben: „Ich glaube, einige in der Stadt trauten den Mitarbeitern nicht zu, sich neu auszurichten, eine Transformation zu einem Mehrgenerationenhaus zu schaffen“, so Rühling. Diesen Beweis habe man – nun unter der Verantwortung der gemeinnützigen Potsdamer Kubus gGmbH– mit Angeboten für Jung und Alt, Beratung und Hilfe für Familien und Unterstützung für Notleidende wie aktuell den ukrainischen Geflüchteten erbracht.

Fotos in der Ausstellung erinnern auch an die SED-Ideologie.
Fotos in der Ausstellung erinnern auch an die SED-Ideologie.
© Treffpunkt Freizeit/promo

100.000 Besucher zähle man pro Jahr im Haus, mehr als 350 Veranstaltungen werden angeboten. „Wir wollen mit dem Jubiläum auch zeigen, dass solche Orte wie unser Treffpunkt, in dem Einwohner aktiv werden, ihren Interessen nachgehen können, wichtig für eine Stadtgesellschaft sind“, so Rühling. (mit SCH)

Auftaktveranstaltung mit Ausstellungseröffnung, Buchpräsentation und Podiumsdiskussion, Donnerstag, ab 17.30 Uhr. Weitere Veranstaltungen: 19. Juni: Fest am Treffpunkt Freizeit, 6. September: Diskussion zur Kinder- und Jugendarbeit im Wandel der Zeit, 9. Oktober: Matinee im Filmmuseum: „Der Pionierfilmklub im Pionierhaus Potsdam“

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