Reisebusse in Potsdam: Dröhnende Luftverpester
Im Sommer stehen die Reisebusse auf dem Bassinplatz dicht an dicht. Obwohl sie es nicht dürfen, lassen viele Fahrer die Motoren laufen. Die Stadt sucht nach einem neuen Konzept fürs Parken.
Sie stehen an den Hotspots der Stadt: Am Neuen Garten, vor Sanssouci oder auf dem Bassinplatz. Reisebusse gehören zum Stadtbild wie die Nikolaikirche oder das Holländische Viertel. Und an heißen Sommertagen gewinnt der Begriff „Hotspot“ eine zusätzliche Bedeutung: In praller Sonne werden die Busse zu Brutkästen. Und so mancher Busfahrer wirft die Klimaanlage an, um sich etwas Abkühlung zu verschaffen – zum Ärger und Verdruss von Anwohnern. „Mach das Ding aus!“, rief dieser Tage ein vom Motorengeräusch und Abgasen geplagter Anwohner Am Neuen Garten einem Busfahrer entgegen, nachdem es minutenlang durchs Fenster brummte.
Und der Mann ist im Recht. Denn erlaubt ist es nicht, den Motor im Standbetrieb laufen zu lassen. Sowohl das brandenburgische Landesemmissionsschutzgesetz als auch die Straßenverkehrsordnung (StVO) verbieten es. „Es ist verboten, lärm- oder abgaserzeugende Motoren unnötig an zu lassen oder laufen zu lassen“, heißt es im Landesgesetz. Genauso regelt es Paragraf 30 der StVO, in dem zudem gewarnt wird: „Die Ordnungswidrigkeiten können mit empfindlichen Geldbußen geahndet werden.“
Nicht immer behalten Busfahrer kühlen Kopf. „15 Minuten lasse ich die Klimaanlage schon mal laufen“, gesteht Thomas Claus. Der 44 Jahre alte Busfahrer hat eine Reisegruppe von Kühlungsborn nach Potsdam chauffiert und wartet auf dem Bassinplatz in praller Sonne bei über 30 Grad knappe vier Stunden auf die Rückkehr seiner Fahrgäste. Offene Türen und Fenster taugen an diesem Tag kaum als Frischluftschneise. „Ich hoffe, da drüben gibt es Eiskaffee“, sagt Claus uns deutet auf das Imbiss-Café am Bassin.
Bei Kontrollen in Berlin vor fünf Jahren haben die Behörden festgestellt, dass jeder dritte Busfahrer im Standbetrieb den Motor anlässt, um die Klimaanlage zu betreiben. Derartige Erhebungen gibt es in Potsdam nicht, doch sind die Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamtes durchaus aufmerksam: „Wenn die ein Fahrzeug mit laufendem Motor feststellen, wird der Fahrzeugführer zunächst aufgefordert, den Motor abzustellen“, so Stadt-Pressesprecher Thomas Joerdens. Meist seien die Fahrer einsichtig, Wiederholungstäter müssten indes mit einer Geldbuße rechnen.
Schwerpunkte dieser Klimasünden gebe es in Potsdam laut Joerdens nicht. „Doch ist das Thema Umweltbelastungen durch Reisebusse generell ein Dauerthema, für das es keine endgültige Lösung gibt“, meint der Stadtsprecher. Vielmehr sei dieser Bereich ein Prozess, der immer neue, veränderte, angepasste Lösungsansätze verlange. Bereits zur Bundesgartenschau 2001 wurde 1999 eine Touristenbuskonzeption für die Landeshauptstadt erstellt, die 2010 mit allen relevanten städtischen und touristischen Akteuren sowie institutionellen sowie politischen Vertretern vertieft wurde. Neben der Bestandsanalyse ging es dabei um grundsätzliche Ideen zur Gestaltung und Organisation von touristischen Busverkehren, die Ausweisung eines Touristenbusnetzes sowie konkrete Verbesserungen vor allem bei der Erreichbarkeit touristischer Ziele und der Parkplatzsituationen. „Konkret gibt es Ideen, um den kurzfristig ruhenden Reisebusverkehr anders zu regeln, um etwa unnötige Standzeiten der Busse sowie laufende Motoren mit Standheizungen zu vermeiden“, informierte Joerdens auf PNN-Anfrage. So verständige sich die Stadt mit der Schlösserstiftung derzeit über bessere Parkplatz-Angebote an der Historischen Mühle, am Neuen Palais sowie am Schloss Cecilienhof.
Vor Letzterem wacht Clas Reese seit mehreren Jahren auf dem Parkplatz am Neuen Garten. Eher muss er Busfahrer dazu ermahnen, ein Parkticket zu ziehen als den Motor abzustellen. Viele der Besucher kämen aus Asien: „Die sind so schnell wieder da, dass kein Busfahrer lange warten muss“, sagt Reese.
Grundsätzlich gelten Reisebusse als klimafreundlichstes Verkehrsmittel. „Busreisen sind in der Regel klimagünstig“, weiß Tristan Foerster, Geschäftsführer der Climatepartner GmbH. Das Münchner Unternehmen entwickelt weltweit für Firmen Lösungen im Klimaschutz – auch für Bustouristik-Unternehmen. „Bei keinem anderen Verkehrsmittel ist der CO2-Ausstoß pro Person und Kilometer geringer als bei Bussen“, so Foerster. Auf der Strecke Berlin-München werden laut Climatepartner 25 Kilogramm Kohlendioxid pro Busfahrgast produziert. Bei einem durchschnittlichen Pkw seien es rund 90 Kilogramm. Die günstige Bilanz der Busse würde sich indes verschlechtern, wenn die Fahrer den Motor zur Klimatisierung laufen lassen. „Die Emissionen des Standbetriebs inklusive Klimaanlage belaufen sich auf zirka 23-35 Kilogramm CO2 pro Stunde“, sagt Foerster. Auf der Strecke Berlin-München würden zwei Stunden Standbetriebsdauer rund zehn Prozent der Gesamtemissionen ausmachen.
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