Potsdam: Die Mutter der Familie Grün ist tot
Die Potsdamer Künstlerin Carola Buhlmann ist mit 88 Jahren verstorben. Ihre Liebe galt dem Modellieren und Montieren von Keramik-Plastiken
Eine der bekanntesten Familien Potsdams ist seit 1982 an der Ecke Brandenburger Straße/Lindenstraße beheimatet. Sie ist zum beliebten Fotomotiv der Stadt besonders bei Touristen geworden. Mit Heiterkeit und Ironie hat ihre Schöpferin Carola Buhlmann die dreiköpfige Familie Grün gestaltet. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist die Künstlerin am 14. September nach langer und schwerer Krankheit im Alter von 88 Jahren in ihrem Haus in Neu Fahrland verstorben.
Die Familie Grün, das musste auch Carola Buhlmann feststellen, ist leider nicht ohne Schaden davongekommen: der Vater mit Bart und langem Haar als Hippie, die souverän dreinschauende und wohlgerundete Mutter trägt ein keckes Hütchen auf dem Kopf. Der Junge steht ein wenig abseits, als ob er neugierig seine eigenen Wege gehen möchte. Die Zeit, das Wetter und vor allem der Vandalismus sind allen dreien zu Leibe gerückt. Nach einer notwendigen Restaurierung will man für sie einen Platz in der Wilhelm-Galerie finden. Der Originalplatz soll mit einer robusteren Kopie bedacht werden.
Die Keramikgruppe gehöre zu den identifikationsstiftenden Kunstwerken der Potsdamer Innenstadt, meinte unlängst Oberbürgermeister Jann Jakobs. Mit Keramik hatte die im Jahre 1926 in Berlin-Charlottenburg geborene Carola Buhlmann zunächst gar nichts zu tun. Sie hatte nach der Schule das Trickfilmzeichnen erlernt, später stellte sie Gebrauchsgegenstände mit Mosaiken aus bunten Fliesenresten her, etwa für Tischplatten, Spiegel- und Bilderrahmen. Die schweren Zeiten nach dem Krieg bedurften eben oftmals fantasievoller Erfindungen, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können. 1952 hatten sich Carola Buhlmann und ihr Mann, der Maler Joachim Buhlmann, in Nedlitz angesiedelt.
Der kunsthandwerklichen Beschäftigung blieb sie immer verbunden. Sie entdeckte für sich die Keramik und ging mit Mitte dreißig in die Töpferlehre. Der Weg war nicht weit. Sohn Andreas, der sich zunächst bei Hedwig Bollhagen in Marwitz und später in der thüringischen Hochburg der Töpferkunst, Bürgel, zum Keramiker ausbilden ließ, wurde der Lehrer der Mutter. Die Autodidaktin avancierte zur Meisterin ihres Fachs.
In ein ehemaliges Militärkasino der Kaserne in Krampnitz zogen die Buhlmanns 1970. Es wurde Wohnhaus und Werkstatt. Dort hat Carola Buhlmann eine große Palette von Gebrauchs-, Garten- und Baukeramik hergestellt. Die Töpferscheibe bediente sie jedoch nicht, an ihr saß Sohn Andreas, der das Drehen von der Pike auf gelernt hat. Für die vielen klar geformten Gefäße, für Teller, Kannen oder Vasen, hat sie die Vorlagen mit feiner Leichtigkeit und Harmonie gezeichnet. Die ursprüngliche Schöpferfreude springt auch heute auf den Betrachter über.
Ihre Liebe galt auch dem Modellieren und Montieren von Keramik-Teilen zu Plastiken. Für kommunale Bauvorhaben hat sie Kunst beigesteuert, beispielsweise für das Ostberliner Neubaugebiet Marzahn. Und natürlich die Familie Grün in Potsdams Innenstadt. Immer wieder hat Carola Buhlmann betont, dass daran auch ihr vor sechs Jahren verstorbener Mann, Joachim Buhlmann, mit zeichnerischen Entwürfen beteiligt war.
Überhaupt hat er einen inspirierenden Anteil an der künstlerischen Arbeit seiner Frau und der Werkstatt in Neu Fahrland gehabt, die bis heute von Sohn Andreas und Schwiegertochter Conny geführt wird. Manchmal hat die Keramikerin auch selbst zum Zeichenstift und zur Wasserfarbe gegriffen. Poesievolle Bilder sind auf Reisen oder in der nächsten Umgebung entstanden. Vor einigen Jahren hat sie sie der Öffentlichkeit im Potsdamer Stadthaus präsentiert.
„Was kümmert mich die ganze Welt, ich verdien‘ mit Ton mein Geld“, heißt ein altes Sprichwort zum Töpferhandwerk. Carola Buhlmann würde dem ersten Teil nicht zustimmen. Die Schriftstellerin Lonny Neumann notierte in ihrem Tagebuch 1989 über eine Ausstellung in Potsdam mit Werken der Künstlerin, darunter einem Januskopf: „,So leben die Meisten’, sagt Carola Buhlmann, ,mit der eigenen Wahrheit in der Brust und dem Gesicht nach außen hin. Der Januskopf ist das Symbol unserer Zeit.’“
Mit ihrer freundlich-offenen Art hat sie das Janusköpfige für sich ausgeschlossen. Sie ist warmherzig und resolut auf ihre Mitmenschen zugegangen. Kunstfreunde gewann sie durch die Qualität der Arbeiten.
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