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Wie sich Potsdamer Mitte entwickelt: Die Historie ist der Maßstab

Die Entwicklung der Potsdamer Mitte geht weiter. Ab 2019 soll das Gelände der Fachhochschule neu bebaut werden. Auch Sozialwohnungen sollen dort entstehen.

Potsdam - Palast Barberini, Palazzo Pompei, Palazzo Chiericati – die einst stadtbildprägenden Gebäude an der Alten Fahrt stehen wieder. Mit dem Landtagsschloss in seinem Zentrum hat der Alte Markt, der einst als einer der schönsten Plätze Europas galt, seine historische Fassung wieder. Jetzt stellt der zuständige Sanierungsträger, eine Tochter der kommunalen Pro Potsdam, die Weichen für die weitere Entwicklung der Mitte. Die PNN geben einen Überblick.

Was ist der nächste Schritt?

Bereits beendet ist die Ausschreibung für die Grundstücke Friedrich-Ebert-Straße 122 und Schloßstraße 8. Auf letzterem befand sich einst das Gasthaus „Zum Einsiedler“. Weil die nebenan geplante Synagoge aber einen Großteil des historischen „Einsiedler“-Grundstücks beansprucht, kann das Haus nicht in Gänze mit historischer Fassade aufgebaut werden, sondern nur mit dem zum Schloss ausgerichteten Dreiecksgiebel mit Schmuckrelief. Beide Grundstücke hat die Pro Potsdam im Paket ausgeschrieben. Das Mindestgebot lag bei 450 000 Euro. „Sieben gute Angebote“ seien eingegangen, sagte Pro-Potsdam-Chef Horst Müller-Zinsius den PNN. Die Konzepte der einzelnen Bewerber sollen im April einem unter anderem mit Vertretern des Bauausschusses, des Gestaltungsrates, der Stadt und der Pro Potsdam besetzten Auswahlgremium vorgestellt werden. Ziel sei ein Verkauf noch vor der Sommerpause. Um eine hohe gestalterische Qualität zu sichern, bekommen die Bauherren die Grundstücke zunächst nur als sogenannte Anhandgabe. Damit behält der Sanierungsträger bis zur Erteilung der Baugenehmigung Einfluss auf die Projekte. Erst danach sollen die Kaufverträge notariell beurkundet werden. Dieses Verfahren soll auch bei den weiteren Grundstücken in der Mitte angewendet werden.

Wann geht es auf dem Gelände der Fachhochschule weiter?

Ende 2017. Bis dahin soll die Fachhochschule in den Neubau in der Pappelallee umgezogen sein, gleich danach will die Pro Potsdam das aus DDR-Zeiten stammende Gebäude abreißen lassen. 4,5 Millionen Euro sind dafür eingeplant, bis zum Frühjahr 2018 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.

Was ist dort geplant?

Auf dem freigeräumten Areal zwischen Landtagsschloss und Bibliothek entsteht eine Neubebauung in der historischen Stadtstruktur. Der Sanierungsträger hat die beiden Karrees in 17 Grundstücke aufgeteilt, die bereits ab Ende dieses Jahres einzeln ausgeschrieben werden sollen. Drei einst besonders markante Eckgebäude sollen – als sogenannte Leitfassaden – äußerlich originalgetreu wiederaufgebaut werden: der Plögersche Gasthof am Steubenplatz, der Palazzo Porto Barbarano an der Ecke Schwertfeger-/Kaiserstraße und das Haus Alter Markt 17. Drei weitere Eckgebäude, die beiden Acht-Ecken-Häuser auf der Ostseite der Friedrich-Ebert-Straße und das Haus Alter Markt 13/14 sollen in Anlehnung an das historische Vorbild errichtet werden. Sollten noch Spolien, also Fragmente der historischen Fassaden der Vorgängerbauten, aufgetrieben werden können, sollen die Investoren verpflichtet werden, diese auch einzubauen. Bei den dazwischen liegenden Häusern haben die Architekten mehr Freiraum, aber nicht freie Hand: Die Entwürfe dürfen zwar modern sein, müssen sich aber etwa bei der Traufhöhe und der Dachform an der Historie orientieren. Außerdem können auf dem Areal bis zu vier Tiefgaragen gebaut werden.

Wie sollen die Gebäude genutzt werden?

Hauptsächlich zum Wohnen. Bis zu 600 Wohnungen sollen in beiden Karrees entstehen, sagte Sanierungsträgerchef Bert Nicke. Das Besondere: 25 bis 30 Prozent davon sollen Sozialwohnungen werden. Die Chancen stehen dafür so gut wie nie: 400 Millionen Euro stellt das Land wie berichtet in den nächsten vier Jahren für den sozialen Wohnungsbau bereit. Er gehe davon aus, dass aus diesem Topf auch Wohnhäuser in der Potsdamer Mitte gefördert werden können, so Nicke. Auch die Pro Potsdam selbst will sich engagieren. Sozialer Wohnungsbau in der Innenstadt passe gut ins Portfolio des kommunalen Unternehmens, sagte Nicke. Im Erdgeschoss der neuen Bebauung soll es einen Gewerbemix geben: In den Häusern auf der dem Alten Markt zugewandten Seite ist Gastronomie geplant, entlang der Friedrich-Ebert-Straße und in der verlängerten Schwertfegerstraße können sich Einzelhändler und Dienstleister ansiedeln. Zwischen Bibliothek und Staudenhof-Wohnblock sind Studentenwohnungen denkbar.

Wer soll die neuen Quartiere bauen?

Die Pro Potsdam wünscht sich möglichst verschiedene Bauherren für die 17 Parzellen. Ausdrücklich zur Bewerbung aufgefordert sind auch normale Potsdamer Bürger, die sich zu Bauherrengemeinschaften zusammenschließen können und sich in der Innenstadt eigenen Wohnraum schaffen. Eine Vergabe ganzer Häuserzeilen oder gar eines Karrees an einen einzelnen Investor ist ausgeschlossen.

Welche Kriterien müssen Bauherren erfüllen?

Entscheidend ist nicht allein das Geld. Wie bereits beim Bieterverfahren für die Alte Fahrt fließt der Kaufpreis zu rund 40 Prozent in die Entscheidung ein, das Bau- und Nutzungskonzept macht ebenfalls 40 Prozent aus, mit 20 Prozent wird die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells bewertet. Beim Erlös spielt die Zeit der Pro Potsdam in die Hände: Hatte das Unternehmen bei der Aufstellung des Leitbautenkonzeptes vor sechs Jahren noch mit rund fünf Millionen Euro an Einnahmen kalkuliert, gehe man dank der großen Nachfrage in Potsdam inzwischen von der doppelten Summe aus, so Nicke.

Wann ist mit einem Baustart zu rechnen?

Nicht vor 2019. Läuft alles optimal, sollen die Bestbieter Ende 2017 den Zuschlag bekommen. Für das Genehmigungsverfahren und die archäologischen Grabungen ist ein Jahr angesetzt, sodass sich ab 2019 die Baukräne drehen könnten. Allerdings nicht überall gleichzeitig: Die räumliche Enge erfordere eine sehr gute Baustellenlogistik, sonst breche das Chaos aus, sagte Müller-Zinsius. Vier bis fünf Jahre später soll alles fertig sein.

Was passiert mit dem Staudenhof-Wohnblock?

Vor Ende 2022 gar nichts. So lange hat das Gebäude laut Stadtverordnetenbeschluss noch Schonfrist. Neue Mietverträge für eine der 180 Wohnungen werden nur noch befristet abgeschlossen. Nach 2022 soll das Gebäude abgerissen und ebenfalls durch ein historisch maßstäbliches Quartier ersetzt werden. Den Mietern soll als Ersatz eine der Sozialwohnungen in den neuen Karrees auf dem FH-Gelände angeboten werden.

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