PNN-Serie „Prost, Potsdam!“ - Teil 4: Bar Fritz'n: Die Cocktail-Evolution
Nicht der Gast soll den Drink wählen, sondern der Drink den Gast – so könnte man das Konzept der Bar Fritz’n bezeichnen. Ein Besuch in Potsdams Hipster-Bar.
Wer in einer Bar von seinem Drink streng angesehen wird, der weiß: Hier achtet man auf Details. Natürlich kann ein Drink dem Trinker keinen Blick zuwerfen, aber ein wenig wirkt es schon so, wenn man einen Cocktail namens „Oh my Goat“ bei den Bar Fritz'n bestellt. Denn serviert wird der Drink, in dem sich Tequila, Honig, Blutorangenlikör, Limette, Thymian und Ziegenfrischkäse ein Stelldichein geben, im bunten Totenkopfbecher. Er ist eine Hommage an einen der wichtigsten Feiertage Mexikos, den Día de Muertos, den Tag der Toten am 2. November. An diesem Tag trinkt man traditionell Pulque, einen fermentierten Saft aus mehreren Agavensorten. Weil er aber leicht verderblich ist, ist er außerhalb von Mexiko kaum zu bekommen. Immerhin: Der Tequila in dem leichten „Oh my Goat“ ist aus derselben Pflanze hergestellt. Mit ihren qualitativ hochwertigen Drinks wollen die Barinhaber Stefan Hummel und Ronny Rammelt den Gästen Geschichten erzählen. Dafür kostet ein Drink zwischen 7,50 und 15 Euro.
Seit 2014 gibt es die Bar Fritz'n in der Dortustraße. Hummel arbeitete vorher im Weißen Schwan, Rammelt in der Bar Gelb. Kurzfristig ergab sich für beide die Möglichkeit, mit den Bar Fritz'n in die Dortustraße zu ziehen. Innerhalb von einem Monat sanierten sie den Laden. Wer gehobene Barkultur schätzt, kommt in den durchgestylten Räumen auf seine Kosten. Hinter vorgehaltener Hand spricht man sogar über Potsdams einzige Hipster-Bar. Als Barkeeper muss man hier allerdings weder Bart tragen, noch Hosenträger. Trotzdem: Die Drinks sind, neben ihrer hervorragenden Qualität, absolut durchdacht, von der Deko bis zum Glas. Als Bar Food gibt es keine schnöden Erdnüsse, sondern Chili-Honig-Cashews, die in einem Silberdöschen serviert werden.
Ab 15 Uhr werden in der Bar jeden Tag frisch die Zitrussäfte gepresst, die abends in die vielen Cocktails wandern, die angeboten werden. „Das Wichtigste an unseren Drinks ist die hohe Qualität der Basisspirituosen und der frischen Produkte, die wir verwenden“, erzählt Chef-Barkeeper Alexander Albrecht. Und er muss es wissen, denn er ist beim Deutschlandfinale der „World Class Competition“ – ausgerichtet von Diageo, dem weltgrößten Spirituosenkonzern – angetreten und war einer der besten deutschen Barkeeper.
Von Cold Drip bis Infusion
Albrecht ist gelernter Koch, daher komme auch sein Sinn für Aromen, den er mit dem siebenköpfigen Team gelernter Barfachkräfte teilt. Für die Cocktails wird eigener Kaffeelikör per Cold Drip Verfahren angesetzt – dabei tropft die Spirituose über Stunden in langsamer Geschwindigkeit über Kaffee und nimmt so die Aromen auf. Auch eigene Infusionen und Sirupe werden bei den Bar Fritz'n aufwändig hergestellt. Vier bis sieben Kilo Basilikum wandern pro Monat in und an Cocktails über den Tresen, es gibt Drinks mit Mezcal und Chipotle-Salz und Rum mit Kaffir-Limettenblättern. „Uns geht es darum, nicht zu überlegen, was die Leute mögen, sondern wie man ihnen etwas nahebringt“, erklärt Albrecht das Bar-Konzept. Wer also auf die saisonale Karte schaut, sollte sich ruhig trauen – aber auch beraten lassen. Denn das macht das Personal hier gern, fordert den Gast aber auch heraus. In der Bar wolle man, so Albrecht, einen evolutionären Trinkprozess starten.
Bar Fritz'n, Dortustraße 6, montags bis sonntags 18 Uhr bis 3 Uhr. Im Internet: www.barfritzn.de.
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In unserer Serie "Prost, Potsdam!" testen wir Bars in der Stadt. Bereits vorgestellt haben wir die Bar 54, die Unscheinbar und die Bar Gelb.
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Rezept
Chef-Barkeeper Alexander Albrecht verrät sein „Oh my Goat“ Rezept: Dazu werden 4cl Don Julio Blanco Tequila, 1,5 cl Cointreau Blood Orange, 1,5 cl Honigsirup, 3 cl Limettensaft, 1 Barlöffel voll Ziegenfrischkäse, und zwei Zweige Thymian zusammen mit Eis im Shaker kräftig geschüttelt. Dann sollte man den Inhalt doppelt abseihen. Das geht am besten durch ein metallenes Barsieb, das man auf den Shaker aufsetzt und über ein Teesieb, das man über das Glas hält, in dem der Drink serviert werden soll. Als Garnitur empfhielt er frischen Thymian und gedörrte Pink Grapefruit.