Bürgerdialog zur Garnisonkirche in Potsdam: Dialog beendet
Eine gemeinsame Informationsveranstaltung zur Garnisonkirche von Kritikern und Befürwortern ist geplatzt, der Bürgerdialog ist offenbar endgültig gescheitert. Jetzt wird wieder gestritten.
Potsdam - Der von der Stadtverwaltung initiierte Bürgerdialog zum umstrittenen Wiederaufbau der Garnisonkirche ist offenbar endgültig gescheitert. Selbst eine für den 12. Juli geplante gemeinsame Informationsveranstaltung von Befürwortern und Gegnern des Projekts kommt nicht zustande. Beide Seiten gaben sich am Dienstag gegenseitig die Schuld am Scheitern.
Anlass ist ein Streit darüber, wie viel Spendengeld tatsächlich für den Wiederaufbau zur Verfügung stehen. Die Gegner sehen dabei eklatante Widersprüche, wie aus einem den PNN vorliegenden Briefwechsel hervorgeht. Demnach müssten die Unstimmigkeiten vor einer gemeinsamen Veranstaltung geklärt werden, hatte Gegner Carsten Linke vom Verein zur Förderung antimilitaristischer Traditionen an die Wiederaufbau-Aktivisten geschrieben. Ohne Klärung bestehe die Gefahr, „dass an solchen Fragen die Abendveranstaltung eskaliert“.
Hat die Wiederaufbau-Stiftung bewusst falsche Angaben zur Spendenhöhe gemacht?
Der zentrale Vorwurf: Die Stiftung für den Wiederaufbau habe die Öffentlichkeit bewusst über die Höhe der bislang für das Projekt eingeworbenen Spenden getäuscht. So sei von der Stiftung im April 2014 eine Summe von 7,5 Millionen Euro an Spenden angegeben worden – zuzüglich weiterer zwei Millionen Euro, die das Land aus dem Vermögen von DDR-Massenorganisationen gegeben habe. Die Zahlen nannte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) damals laut Protokoll im Hauptausschuss, er ist auch Kuratoriumsmitglied der Stiftung. In einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hieß es dagegen zuletzt, bislang seien für den Wiederaufbau lediglich vier Millionen Euro Spenden und 2,6 Millionen Euro Fördermittel zusammengetragen worden. Linke erklärte in seinem Schreiben, die bisher von der Stiftung gelieferte Erklärung zu dem Lügenvorwurf, „dass sich einerseits Kostenpositionen bei vertiefter Berechnung verringert und sich andererseits Finanzierungsanteile erhöht hätten“, könne nicht als Aufklärung des Sachverhaltes betrachtet werden.
Darauf antwortete der Chef der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau, Matthias Dombert, bereits am vergangenen Donnerstag. Zu den Vorwürfen selbst äußerte er sich aber nicht. Allerdings warb er für mehrere Informationsveranstaltungen zum Wiederaufbau. Dabei könne ein Abend auch dem förderrechtlichen Rahmen gewidmet werden. Bis zum 12. Juli – Thema sollte dann eigentlich „Rechtliches um die Garnisonkirche“ sein – könne er die finanziellen Aspekte schon rein zeitlich nicht mehr vorbereiten, so Dombert, der hauptberuflich Verwaltungsrechtler ist. Dombert wörtlich: „Am 12. Juli geht es um Jura und nicht um Geld.“
Carsten Linke: Steht für reine Werbeveranstaltung für Garnisonkirchen-Wiederaufbau nicht zur Verfügung
Darauf antwortete Linke mit Unverständnis. Schon seit Wochen würde über das Format der Veranstaltung debattiert: Dabei müsse es auch um allgemeine Fragen wie die Finanzierung gehen. Durch die „irreführenden Ausführungen“ zu den Spenden sei Misstrauen gesät worden, „auf welchem keine vernünftige Veranstaltung gedeihen kann“. Für eine reine Werbeveranstaltung für den Wiederaufbau stehe er ohnehin nicht zur Verfügung, so Linke. Dombert hatte erklärt, solche öffentlichen Debatten seien für ihn auch Werbeveranstaltungen: „Ich habe nie wieder die Gelegenheit, mit solch öffentlicher Anteilnahme über die Garnisonkirche zu reden.“
Nach dem Briefwechsel trafen sich am Montag Befürworter und Gegner direkt. Eine Einigung aber gelang nicht mehr, die gemeinsame Veranstaltung fällt aus. „Garnisonkirchenstiftung und Fördergesellschaft verwehren Informationen über Spendenstand“, schrieben die Gegner um Linke in einer Presseerklärung am Dienstag. Damit würden die Aktivisten des Wiederaufbaus auch ihre „Liquidität und Seriosität als Bauherr“ infrage stellen. „Der Vorwurf, die Öffentlichkeit und potentielle Geldgeber zu täuschen, hat sich bestätigt“, so die Gegner.
Befürworter des Wiederaufbaus wollen auch über Nutzungskonzept und Friedensarbeit informieren
Die Stiftung und die Fördergesellschaft für den Wiederaufbau bedauerten wiederum die Entscheidung der Garnisonkirchen-Kritiker, sich nicht mehr am Akteurskreis des Bürgerdialogs zu beteiligen. Es gehe auch um einen grundsätzlichen Konflikt um die Information der Öffentlichkeit: Man wolle in mehreren Veranstaltungen nicht nur die rechtlichen und finanziellen Aspekte, sondern auch über das Nutzungskonzept und die Friedensarbeit in der Garnisonkirche informieren. Das aber werde von den Kritikern abgelehnt. So eine Veranstaltungsreihe sei von Anfang an ausgeschlossen gewesen, entgegnete Linke – die Begründung also vorgeschoben. Dombert dagegen sagte, er hoffe immer noch auf einen Konsens.
Inzwischen ist der Streit offenbar auch bei der Rathausspitze gelandet. In die damaligen Ausführungen des Oberbürgermeisters zu den Spendengeldern habe sich offenbar ein Zahlendreher eingeschlichen, hieß es aus der Stiftung hinter vorgehaltener Hand. Dazu werde sich Jakobs im nächsten Hauptausschuss erklären.
Um den Wiederaufbau der 1968 gesprengten Kirche wird seit Jahren gestritten. Derzeit prüft die Bundesregierung, ob die vor drei Jahren in Aussicht gestellte Förderung von zwölf Millionen Euro auch bei einer Abspeckung des Projekts ausgezahlt werden kann. Wie berichtet will die Garnisonkirchen-Stiftung aus Kostengründen zunächst nur eine reduzierte Variante des Kirchturms bauen, ohne barocken Zierrat und ohne den prägenden Turmhelm. Selbst für den abgespeckten Turm fehlen immer noch rund 2,75 Millionen Euro.
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