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Potsdam: Der Schlachtplan für den Abriss

Wer zahlt? Welche rechtlichen Hürden gibt es? Was passiert mit den Hotel-Mitarbeitern? Für die Stadt gibt es noch viel zu tun

Welches Prozedere plant die Stadt?

Um einen Hotelbetrieb an der Stelle des Mercures für den neuen Besitzer des Hochhauses unmöglich zu machen, muss die Stadt das Grundstück in das Sanierungsgebiet Potsdamer Mitte aufnehmen. Dazu braucht sie zunächst einen Auftrag der Stadtverordneten, dann muss sie das Sanierungsziel entsprechend formulieren. Laut Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) könnte das Mercure-Grundstück Anfang oder Mitte 2014 in das Gebiet aufgenommen werden. Bereits im September wird die Verwaltung den Stadtverordneten eine Mitteilungsvorlage über den künftigen Standort der Weissen Flotte vorlegen. Darin werden zwei Bauten am Bahndamm und am Fuß der Langen Brücke vorgeschlagen. Der von der Flotte favorisierte Neubau am Mercure würde aber aus Sicht der Stadt einen Hotelabriss verhindern. Parallel will die Stadt auf den künftigen Besitzer des Hotels einwirken. Derzeit wird das Hochhaus – im Paket mit zahlreichen weiteren ehemaligen DDR-Interhotels – am Immobilienmarkt platziert. Wenn sich ein Investor für das angeblich 600 Millionen Euro schwere Portfolio gefunden hat, will die Stadt mit diesem über den Kauf des Hotels verhandeln. Ist das Hochhaus erst im Besitz der Stadt, kann es abgerissen werden.

Wieviel wird das Hotel kosten und wie soll das finanziert werden?

Laut Klipp liegt der Preis für das Haus im einstelligen Millionenbereich – nach PNN-Informationen soll er sich im Bereich um acht Millionen Euro bewegen. Ein Teil davon könnte aus dem Treuhandvermögen Potsdamer Mitte bezahlt werden – also Mittel, die der Sanierungsträger durch den Verkauf von Grundstücken einnimmt. Ein Beispiel wären die Flächen, die nach dem FH-Abriss am Alten Markt verkauft werden sollen. Der Eigenanteil der Stadt würde dann nur sehr gering ausfallen – im Gespräch ist ein niedriger einstelliger Millionenbetrag. um diesen weiter zu verringern, hofft Klipp auf Spenden von Potsdamern – zum Beispiel über eine noch zu gründende Bürgerstiftung. Den Abriss selbst könnte sich die Stadt als Ordnungsmaßnahme vom Land fördern lassen, sagte Klipp.

Was passiert mit den Mitarbeitern, wenn das Hotel abgerissen wird?

Die Stadt will sich dafür einsetzen, dass die rund 50 Mercure-Mitarbeiter in anderen Potsdamer Hotels unterkommen. Hoffnung setzt sie dabei vor allem auf ein großes Projekt in der Speicherstadt: Dort soll ein Hotel mit etwa 200 Betten und Spielbank entstehen, derzeit laufen die Gespräche. Und laut Klipp gibt es noch weitere Projekte, etwa an der Ecke Breite Straße/Schopenhauerstraße.

Ist es realistisch, dass das Vorhaben eine Mehrheit im Stadtparlament findet?

Als 2012 der Software-Milliardär Hasso Plattner das Mercure kaufen und abreißen lassen wollte, um dort seine Kunsthalle zu errichten, hatten sich vor allem die Linken und die Fraktion Die Andere dagegen ausgesprochen. Auch Teile der SPD sind offenbar dagegen, das Thema jetzt anzugehen – schließlich geht es letztlich um öffentliche Gelder, die in den Kauf und Abriss investiert würden. Für den Abriss sind etwa Grüne und FDP, sie wollen eine Wiederherstellung der Sichtachse vom Stadtschloss auf den Lustgarten. Noch unentschlossen ist die CDU. Sie hängt zwar nicht am Mercure, will aber die Option auf die innerstädtische Entlastungsstraße (Ises) nicht aufgeben.

Was würden die Pläne für die innerstädtische Entlastungsstraße (Ises) bedeuten?

Sollte der Flottenneubau wie jetzt von der Stadt geplant am Bahndamm entstehen, würde dies das entgültige Aus für die Ises bedeuten. Aus Sicht von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) ist der Plan ohnehin sinnlos. „Eine Verkehrsführung über die Dortustraße wäre gaga“, sagte er erst am gestrigen Dienstag. „Für die Verbindung nach Potsdam-West müsste man die Straße durch eine schmale Häuserschlucht legen. Das will doch niemand.“ Vor allem die CDU hält aber nach wie vor an der Ises fest, auch Teile der SPD sind dafür. Um sie mit ins Boot zu holen, will Klipp das Projekt zumindest scheinbar am Leben lassen: Im Erbbaupachtvertrag mit der Weissen Flotte für das Grundstück am Bahndamm soll ein Passus verankert werden, wonach die Flotte im Falle eines Ises-Baus für Abriss und Neubau an anderer Stelle entschädigt werden soll. Tatsächlich glaubt im Rathaus aber niemand daran, dass das passiert.

Welchen Einfluss hätten die Pläne auf den von einer Initiative geplanten Wiederaufbau des Neptunbassins?

Der Förderverein für die Wiederherstellung des Neptunbassins ist für den Abriss des Hotels. Auch mit dem nun von der Stadt vorgeschlagenen Neubau der Weissen Flotte am Bahndamm könnte der Verein leben, allerdings unter der Voraussetzung, dass dieser nicht wie von der Weissen Flotte geplant in den südlichen Weg hineinragt – dies würde die vom Architektenbüro Dietz-Joppien gestaltete Fläche verändern. Würde es doch so kommen, wäre eine Spende von fast 500 000 Euro in Gefahr, sagte Fördervereinschef Rudolph Freiherr von Ketteler den PNN. Mit dieser könnte das Wasserbassin zum Wasser und zum Hotel hin wieder zur originalen Größe ausgegraben werden sowie mehrere Tritonen oder Pferde wiederhergestellt werden. Allerdings habe der anonyme Spender zur Bedingung gemacht, dass der Lustgarten so bleibt wie von Dietz-Joppien gestaltet. wik/mat/pee

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