Was den Potsdamer Norden bewegt: Der Lotse für den Norden
Thomas Tuntschew ist seit gut einem Jahr der Ansprechpartner für die Potsdamer Ortsteile von Groß Glienicke über Fahrland nach Uetz-Paaren im Westen.
Potsdam - Egal, ob es die verfallene Bockwindmühle in Fahrland ist, der künftige Bolzplatz in Groß Glienicke oder die sogenannte Strategieplanung zur Entwicklung des ländlichen Raums: Über den Schreibtisch von Thomas Tuntschew gehen viele Themen, die den Potsdamer Norden bewegen. Der 32-jährige Verwaltungswissenschaftler ist seit gut einem Jahr im Potsdamer Rathaus der Mann mit dem besonderen Ohr für die nördlichen Ortsteile – von Groß Glienicke im Nordosten über Fahrland bis nach Uetz-Paaren im Westen. Aber auch Golm mit seinem immer städtischer werdenden Antlitz gehört ebenso in diesen Reigen der Ortsteile, wie etwa das dörfliche Grube oder der Vorort Neu Fahrland, wo man sich schon jetzt vor dem zusätzlichen Verkehr fürchtet, der eines Tages zwischen dem künftigen Stadtteil Krampnitz und der Potsdamer Innenstadt entstehen wird.
Als Mitarbeiter im Büro von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) ist Tuntschew einer derjenigen, die dafür sorgen sollen, dass die Stadtverwaltung Schritt hält mit der rasanten Bevölkerungsentwicklung der brandenburgischen Landeshauptstadt. Ein Beauftragter für die Ortsteile sei er nicht, sagt Tuntschew. Dieser Begriff suggeriere Macht, die er gar nicht habe. Der Verwaltungswissenschaftler sieht sich vielmehr schlicht als Ansprechpartner für die Ortsvorsteher. Der Besetzung dieses Postens vor einem Jahr war eine lange Hängepartie vorausgegangen. Nachdem die Stelle beschlossen war, dauerte es mehr als zwei Jahre, bis sie auch tatsächlich besetzt wurde. Zwischendrin hatte es einen Brandbrief der Ortsvorsteher an das Potsdamer Rathaus gegeben. Man fühlte sich abgehängt, beklagte „viele Informationsdefizite“, Ortsbeiräte würden „nicht rechtzeitig in Verwaltungshandeln einbezogen“.
Doch was hat Tuntschew nun erreicht nach gut einem Jahr im Amt? Wie aus dem Kreis der Ortsvorsteher zu hören ist, habe sich jedenfalls die Kommunikation zwischen ihnen und dem Rathaus seit Tuntschews Amtsantritt deutlich verbessert. Früher, sagt Marquardts Ortsvorsteher Peter Roggenbuck, „war immer keiner richtig zuständig“. Habe man aus den Ortsteilen ein Problem an die Rathausspitze herantragen wollen, sei es schwierig gewesen, einen geeigneten Ansprechpartner zu finden. Jetzt, so Roggenbuck, habe man mit Tuntschew endlich jemanden, dem man die Anliegen vortragen kann.
„Warum kommen Sie denn nicht mal zu uns?“
Ähnlich sieht das Stefan Gutschmidt, Ortsvorsteher aus Grube. Anfangs, als die neue Stelle eingerichtet wurde, seien ihm Zweifel gekommen, ob sich etwas verbessern würde. Doch diese anfängliche Skepsis habe sich nicht bestätigt. Auch der Ortsvorsteher von Groß Glienicke, Winfried Sträter, mag nur Gutes über Tuntschew sagen. Dieser sei „sehr verlässlich, offen und hilfsbereit“. Doch zugleich kritisiert Sträter den geringen Gestaltungsspielraum, den Tuntschew habe. „Das ist weniger als das, was man sich vorstellen könnte.“ Der Ortsvorsteher sähe es gern, wenn Tuntschew auf der Sachebene ein stärkeres inhaltliches Scharnier zwischen der Stadtverwaltung und den Ortsteilen bilden könnte. Also wohl weniger Lotse, mehr Kapitän.
Die Tätigkeit als Ansprechpartner für die Ortsvorsteher fülle nur etwa 20 Prozent seiner Arbeitszeit aus, sagt Tuntschew. Er hat in Potsdam und Kopenhagen studiert und während des Studiums ein Praktikum in der Vertretung des Landes Brandenburg bei der EU in Brüssel absolviert. Seit März letzten Jahres ist er im Büro des Oberbürgermeisters nicht nur für die nördlichen Ortsteile zuständig, sondern beispielsweise auch für die Wirtschaftsförderung und den Geschäftsbereich Bauen. Die Arbeitszeit für die Ortsteile ist also eher knapp bemessen. „Eigentlich hat er zu wenig Zeit für uns“, sagt Roggenbuck über Tuntschew. Und der wiederum erzählt freimütig, noch nie eine Ortsbeiratssitzung besucht zu haben. „Warum kommen Sie denn nicht mal zu uns?“, sei er schon von Ortsbeiratsmitgliedern gefragt worden.
Wenn er auch bislang in diesen Gremien nicht vorbeigeschaut hat, so hält Tuntschew doch regelmäßigen Kontakt zu den Ortsteilen. Er organisiert die Zusammenkünfte der Ortsvorsteher mit dem Oberbürgermeister, die in jedem Quartal stattfinden. Je nach Bedarf sind dann auch Beigeordnete dabei. Für die sogenannten Werkstattgespräche zur Entwicklung des ländlichen Raums ist der Verwaltungswissenschaftler ebenfalls zuständig. Sie sollen im Halbjahresrhythmus weitergeführt werden. Für Ende 2019 ist eine Evaluierung dieses Gesprächsformats geplant.
Der aus Lauchhammer stammende Tuntschew lebt selbst übrigens nicht in einem der ländlichen Ortsteile. Aber in Potsdam wohne er schon, betont der 32-Jährige. Potsdam, das sei für ihn eine Stadt mit einer „beeindruckenden Entwicklung“.