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„Meine Klimaanlage ist mein Fensterheber“, sagt Daniela Triebel.
© Ottmar Winter

37 Grad: Der Hitze-Mittwoch verlangte den Potsdamern einiges ab

Die Hitze verlangte einiges ab - so kamen mehr Patienten mit Kreislaufproblemen in die Krankenhäuser. Und Potsdams Blumen benötigten 18.000 Liter Wasser. 

Potsdam - Der blaue Schlauch, den Daniela Triebel am Mittwochmorgen von der Trommel auf ihrem orangefarbenen Wagen abrollt, wiegt mehrere Kilo. Bei Temperaturen jenseits der 30 Grad kommt die Angestellte des städtischen Grünflächenamtes ganz schön ins Schwitzen. Dabei ist sie doch dafür zuständig, anderen die Hitze zu nehmen – nämlich den Pflanzen in der Potsdamer Innenstadt. Am Otto-Braun-Platz zieht die 43-Jährige an einem roten Hebel und dann heißt es: Wasser marsch.

Aus dem 1800-Liter-Tank fließt es auf die Fleißigen Lieschen und Chrysanthemen, die hier im Beet rund um das Denkmal des einstigen Sozialdemokraten blühen. Triebel ist bereits seit 6.30 Uhr unterwegs, immer zwischen einem Hydranten an der Freundschaftsinsel und den vielen Beeten, die es bei ihrer Schicht bis 15.30 Uhr zu bewässern gilt. Zwei Wasserfahrzeuge des Grünflächenamtes sind derzeit in der Stadt unterwegs, 18.000 Liter Wasser verteilen sie auf Potsdams Blumen und neu gepflanzten Bäumen, rund fünf Einsätze schaffen die Mitarbeiter in den Autos, bis ihre Schicht zu Ende ist. Die Energie und Wasser Potsdam (EWP) hilft ab heute bei der Bewässerung öffentlicher Bäume. Das teilten die Stadtwerke mit.

Der bislang heißeste Tag

Mittwoch war der bisher heißeste Junitag in Potsdam seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Laut Roberth Noth, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst in Stahnsdorf, wurde am Mittwoch der Temperaturrekord für einen Junitag in der Stadt geknackt: 37,0 Grad vermeldet der Wetterdienst, vorher lag die höchste Juni-Temperatur bei 36,6 Grad. Der allgemeine Hitzerekord in Potsdam wurde laut Noth allerdings im August 1992 gemessen: Damals lag die Temperatur bei 38,2 Grad Celsius. Ein Waldbetretungsverbot wie für Beelitz beantragt, gibt es für die Stadt derzeit nicht. Auch ein Grill-Verbot wie im vergangenen Jahr hat die Stadt bisher nicht ausgesprochen – hält sich dies aber offen, wie es aus dem Rathaus heißt.

Im Baggerhaus von Udo Boss herrschen 50 Grad.
Im Baggerhaus von Udo Boss herrschen 50 Grad.
© PNN / Ottmar Winter

An der Baustelle am Leipziger Dreieck steht bereits morgens gegen 10 Uhr die Hitze flirrend über dem Asphalt. „Im Baggerhaus geht die Temperatur gegen 50 Grad“, sagt Udo Boss, der an diesem Tag eben jenes Gefährt betätigt. Drei bis sechs Flaschen Wasser trinkt er in seiner Schicht von 7 bis 15.30 Uhr. „Wie Kälte, wie Wärme“, antwortet Boss auf die Frage, wie er die Gluthitze ertrage. Man gewöhne sich eben dran.

„Schatten gibt es hier praktisch nicht“, sagt auch Ringo Fechtner vom Kampfmittelräumdienst Brandenburg, der die Bauarbeiten mit einem Kollegen überwacht. Gerade in der Nähe des Bahnhofes könne Munition im Boden gefunden werden, deshalb hat er ein Auge auf jede Schaufel Erde, die Boss aus dem Boden baggert. „Sonnenbrand bekommt man da schon lange nicht mehr“, sagt der Munitionsfachmann und wischt sich mit einem rot-weiß-karierten Handtuch den Schweiß aus dem Gesicht. Trotzdem werden bei Hitze mehr Pausen gemacht – anders ist es kaum zu ertragen.

Ringo Fechtner vom Kampfmittelräumdienst überwacht die Bauarbeiten am Potsdamer Bahnhof.
Ringo Fechtner vom Kampfmittelräumdienst überwacht die Bauarbeiten am Potsdamer Bahnhof.
© Ottmar Winter

Ältere Menschen können dehydrieren

Auch in den Krankenhäusern der Stadt macht sich die starke Hitze am Mittwoch bemerkbar. Damaris Hunsmann, Pressesprecherin des kommunalen Klinikums „Ernst von Bergmann“ spricht von „merklich mehr Patienten“. Seit ein paar Tagen kämen vermehrt ältere Menschen in die Notaufnahme des Krankenhauses, die dehydriert seien. Bei einigen führe das zu Nierenschäden, zum Teil sogar zu Nierenversagen, so Hunsmann. Das Problem sei vor allem, dass ältere Menschen oft kein Durstgefühl haben.

Ähnlich sieht es auch im St. Josefs-Krankenhaus aus. 25 bis 30 Prozent mehr Fälle behandele das Krankenhaus seit Wochenbeginn, teilt Pressesprecher Benjamin Stengl mit. Auch dort würden vor allem ältere Menschen behandelt, aber auch ein paar jüngere Menschen würden mit Kreislaufproblemen, Schwindelgefühlen und Übelkeit eingewiesen. „Wir merken, dass sich die Patienten überschätzen“, so Stengl. Vor allem jüngere Betroffene würden sich trotz Hitze körperlich zu stark belasten. Die meisten Patienten konnten laut Stengl bislang aber zügig wieder entlassen werden. Das Krankenhaus empfiehlt, viel zu trinken und auf unnötige Bewegung zu verzichten.

Daniela Triebel von der Stadtverwaltung Potsdam, Fachbereich Grün- und Verkehrsflächen, beim Wässern.
Daniela Triebel von der Stadtverwaltung Potsdam, Fachbereich Grün- und Verkehrsflächen, beim Wässern.
© Ottmar Winter

„Für die Hitze sehen die Pflanzen hier noch richtig gut aus“, sagt Triebel, während sie das runde Beet beregnet. „Je größer die Pflanzen, desto mehr Wasser brauchen sie“, erklärt die Gärtnerin die Faustregel. An diesem Mittwoch hat sie ihre tägliche Tour am Rathaus begonnen, dann Bassinplatz, Lennéschule und nun wieder in der Innenstadt. Seit Anfang 2018 arbeitet sie beim Grünflächenamt. „Der Sommer bedeutet eigentlich immer, pausenlos zu wässern.“ Auch am Wochenende gibt es einen Gießdienst.

Nach einer guten Viertelstunde ist Triebels Arbeit am Otto-Braun-Platz getan. Dann rollt sie den meterlangen Schlauch wieder auf und steigt in ihr Auto. Darin hat sie keine Klimaanlage, durch die breite Frontscheibe ist es heiß und stickig. „Meine Klimaanlage ist mein Fensterheber“, scherzt die 43-Jährige und lässt den Motor an. „Dafür habe ich aber ein Radio.“

Eine kleine Erfrischung

Weiter geht es zur Grünfläche an den Ringerkolonnaden am Landtag. „Das meiste hier ist nur Unkraut“, erklärt Triebel. Dafür aber schönes: Gelb und lila blüht es hier, Hummel und Bienen scheint das zu freuen. Triebel wässert, allerdings nur das kleine angelegte städtische Beet. Ein Mann mit Schirmmütze kommt angelaufen. „Also gute Frau...“, sagt er und streckt Triebel die Hände entgegen. Sie hält gnädig den Schlauch in seine Richtung, die Wassertropfen auf seinen Armen sorgen für ein wenig Erfrischung. „Ihre gute Tat haben Sie für heute getan“, lobt der Mann. Triebel rollt ihren Schlauch wieder ein – nun geht es weiter zum Luisenplatz. (mit eb)

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