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Cool bleiben. Die drei Geher Nils Brembach, Hagen Pohle und Christopher Linke haben sich in dieser Saison bereits erfolgreich mit der Weltspitze gemessen. Doch der olympische Wettkampf in Rio wird ihnen mehr abverlangen als je ein Wettkampf zuvor.
© Gerhard Pohl

PNN-Olympiaserie "Rio ruft" - die Potsdamer Teilnehmer: Der härteste Wettkampf des Lebens

Zum ersten Mal in der Geschichte werden drei Potsdamer Geher an Olympischen Spielen teilnehmen. Für ihre Starts in Rio haben Christopher Linke, Hagen Pohle und Nils Brembach tausende Kilometer Anlauf genommen. Jetzt hoffen sie auf Top-Form an Tag X.

Zum Abschluss noch einmal Schweinebraten und Bratkartoffeln. Als die Kellnerin im Potsdamer Kongresshotel bei der Verabschiedung der Geher nach deren Wunsch fragt, antworten Nils Brembach, Christopher Linke und Hagen Pohle unisono. Noch einmal deftige Kost nach Monaten harten Trainings und vor der intensivsten Zeit ihres Sportlerlebens. Am kommenden Freitag fliegen die drei Leichtathleten des SC Potsdam nach Rio, eine Woche später beginnt um 19.30 Uhr deutscher Zeit der „schwerste Wettkampf ihres Lebens“, wie ihr Trainer Ronald Weigel sagt. Dann fällt der Startschuss für die 20 Kilometer – der ersten olympischen Leichtathletik-Entscheidung der Spiele 2016. Eine Woche später wird Pohle zudem über die 50 Kilometer am Start sein.

Die Potsdamer Geher gehörten zu den ersten deutschen Leichtathleten überhaupt, die sich für Rio qualifizierten. Mit der Erfahrung und dem Selbstbewusstsein dreier eigener olympischer Medaillengewinne in Seoul (1988) und Barcelona (1992) sagte Weigel schon vor Monaten: „Wir fahren da nicht hin, um nur dabei zu sein.“ Wenige Tage vor dem olympischen Rennen wollten die drei Geher ihre Ambitionen nicht konkret benennen. „Aber ich habe ein klares Ziel“, sagt Linke, der bereits vor vier Jahren in London dabei war und als Neunter der Weltmeisterschaften 2013 und Fünfter der Europameisterschaften 2014 am meisten internationale Erfahrung hat. In drei Höhentrainingslagern in Südafrika und zuletzt auf dem Belmeken in Bulgarien, zwischendurch in Oberhof und Kienbaum, wurden mehr als 2000 Kilometer gegangen, um in Rio bestens präpariert am Start zu sein. „Wenn es mein Tag wird, werde ich erfolgreich sein“, gibt sich Linke selbstbewusst. Zwei neue Bestmarken in dieser Saison über 10 (38:40 Minuten) und 20 Kilometer (1:19:18 Stunden) markieren den Weg nach Rio für den 27-jährigen Werderaner. „Die Trainingsleistungen waren sehr gut, ebenso der letzte Leistungstest“, sagt Linke.

Eine Teamtaktik wird es im 20-Kilometer-Rennen von Rio nicht geben

Der Körper ist austrainiert, nur noch wenige Belastungsreize werden zu einer hoffentlich optimalen und punktgenauen Form führen. „Wichtig wird jetzt die mentale Einstellung“, sagt Trainer Weigel. Seine Schützlinge dürften sich von den Umständen und Eventualitäten des Wettkampfes und des Umfeldes nicht beeinflussen lassen. „Ganz gleich, ob es ein schnelles oder langsames Rennen wird.“ Seine Athleten kennen Weigels Anekdote, wie er bei den Spielen 1992 in Barcelona auf dem Flur auf einer Massagebank geschlafen habe, weil im Olympischen Dorf kein Zimmer frei war. Tags darauf gewann er Silber. „Man muss sich wehtun können“, gibt Weigel seinen Athleten mit auf den Weg.

Gleich doppelt wehtun will sich Hagen Pohle, der beide olympische Geher-Wettbewerbe in Angriff nimmt. Aber es wird kein Taktieren geben. „Ich werde mich beim ersten Start über die 20 Kilometer voll ausbelasten und ihn so gestalten, als hätte ich nur einen Wettkampf“, sagt der 24-Jährige. Auch Pohle war im Frühjahr beim Internationalen Geher-Meeting in Podebrady (Tschechien) mit 1:19:58 Stunden unter einer internationalen Schallmauer geblieben, Nils Brembach hatte im gleichen Wettkampf mit 1:20:58 Stunden die Olympianorm um knapp eine Minute unterboten. Damit hatten sich zum ersten Mal drei Potsdamer Geher für Olympische Spiele qualifiziert. Es sei kein Nachteil, zu dritt zu sein, sagen sie. Immerhin habe die gemeinsame Trainingsqualität allen dreien das Rio-Ticket beschert. Eine Teamtaktik im olympischen Rennen gibt es jedoch nicht. „Wenn ich am Ende drittbester Deutscher bin und Bronze gewinne, wäre das für mich auch in Ordnung“, sagt Linke und lacht.

Coach Weigel: „Um den größten Gegner zu sehen, muss man nur in den Spiegel schauen“

Bis vor wenigen Tagen war Rio für die drei Potsdamer noch weit weg. Auf 2050 Meter Höhe des Belmekengebirges in Bulgarien holte sich das Trio den letzten Olympiaschliff. Der Sportkomplex zählt zu den modernsten Anlagen für Höhencamps in Europa. Sauberes Klima und viel Natur sorgen für beste Bedingungen. Mit der Olympiaeinkleidung in der vergangenen Woche „ist dann etwas näher ins Bewusstsein gerückt, dass es jetzt bald losgeht“, erzählt Pohle. „In den vergangenen Tagen ist so viel passiert“, ergänzt der 23-jährige Brembach, „da wird einem dann schon bewusst, dass etwas Großes bevorsteht.“

Und wiederum rät Weigel zu Gelassenheit. „Zeitumstellung und Anpassung sind die Dinge, auf die man sich konzentrieren muss“, sagt er. Und die Tage bis zum Wettkampf seien nicht einfach: Wenig Training, aber immer mehr Anspannung. Auch Linke kennt das von London. „Man geht Kaffee trinken, versucht sich zu entspannen.“ Zwei, drei Tage vor dem Wettkampf trifft man zunehmend auf andere Geher – im Olympischen Dorf, in der Mensa. Weigels Zutrauen in seine Athleten ist so groß, dass diese nicht nervös werden müssen, wenn sie den Konkurrenten begegnen. „Um den größten Gegner zu sehen, muss man nur in den Spiegel schauen“, sagt Weigel. „Den musst du bezwingen.“

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