Auf Potsdams Tellern: Das, was Preußen kulinarisch ausmachte
Jörg Frankenhäuser wird ab Dezember in der Ratswaage am Neuen Markt Bekanntes in neuer Zubereitungsform auf den Tisch bringen. Dabei spielen schwarze Kartoffeln eine besondere Rolle.
Potsdam - Seine Vision ist die „Neue preußische Küche“ – aber die Kartoffel hat Jörg Frankenhäuser seit 2013 von der Karte genommen. Er eröffnet ein Gourmetrestaurant in einem von Potsdams schönsten barocken Bürgerhäusern, der Ratswaage am Neuen Markt – und hätte drinnen am liebsten einen Stern von der alten Fachhochschul-Fassade an die Wand gehängt. „Wir hatten uns dafür angemeldet“, erzählt der Gastronom – die Sterne wurden vom Sanierungsträger dann aber doch vorerst eingelagert. Am 1. Dezember eröffnet Frankenhäuser gemeinsam mit seiner Frau Claudia das "KochZimmer“ in der ehemaligen Ratswaage.
2015 gab es den ersten Stern
Feinschmeckern ist der Name längst ein Begriff. Im Jahr 2011 eröffnete Frankenhäuser in Beelitz, wo er aufgewachsen ist, das „KochZimmer“, das sich in Gourmetkreisen schnell einen Namen machte. Ende 2015 erhielt er zum ersten Mal einen Michelin-Sterne, im Jahr darauf überzeugte er erneut. „Was hier auf den Teller kommt, ist kreative, ambitionierte Küche, wie man sie eher in Berlin erwarten würde!“, so das Verdikt der Michelin-Inspektoren: „Man kümmert sich freundlich um die Gäste, die Atmosphäre ist sympathisch-modern, schön die Gartenterrasse!“
Mit Gedanken an einen Ortswechsel habe man sich schon länger getragen, erzählt Jörg Frankenhäuser, der seit 15 Jahren in Potsdam lebt, mit der Familie und den heute zwei und vier Jahre alten Kindern. Mit dem Michelin-Stern kamen auch die Angebote aus Berlin und anderswo; richtig überzeugt hat ihn keines. Dass es Potsdam werden würde, verwundert ihn rückblickend: „Ich konnte mir ehrlich gesagt nie vorstellen, dass wir uns in Potsdam was leisten können.“
Die Vision kam sofort
Doch dann war da einer dieser Momente, wo eins zum anderen kommt und plötzlich alles passt: Ein Spaziergang im Juni am Neuen Markt, das leerstehende Restaurant, ein Nachbar, der schnell den Kontakt zum Eigentümer herstellen konnte. Wenig später besichtigte Jörg Frankenhäuser erstmals die Räume: „Ich dem Moment, als ich reingekommen bin, habe ich eine Vision entwickelt“, sagt der 42-Jährige. Mit dem Eigentümer sei er sich nicht einfach nur einig geworden, er trage sein Konzept auch mit, betont Frankenhäuser – und das sei wichtig: „Wir sind eine Nische, wollen hier nicht die breite Masse als Publikum ansprechen.“ Zehn Jahre will er mindestens bleiben.
Für das, was auf die Teller kommt, hat Frankhäuser mit seinem Küchenchef David Schubert, einem gebürtigen Potsdamer, eine klare Vorstellung entwickelt: Eine Küche, „die ein Wohlgefühl auslöst“, so beschreibt es der Patron. Er setzt auf regionale Produkte, internationale Einflüsse, handwerkliche Techniken und das Überraschungsmoment für den Gast: Bekannte Produkte in einer neuen Zubereitungsform zu erleben.
Das, was Preußen kulinarisch ausgemachte
Die Kartoffel zum Beispiel: In Potsdam wird sie doch wieder auf den Tisch kommen, verrät Frankenhäuser – als Snack zwischen den Gängen. Dafür will er eine besondere Sorte verwenden, die schwarze Kartoffel, auch gebrannte Kartoffel, angebaut in Mutters Garten: „Sie werden sehen – irre!“, schwärmt er. „Wenn wir etwas nicht sind, dann ist es traditionalistisch“, sagt der Gastronom: „Uns geht es um das, was dieses Preußen kulinarisch ausgemacht hat – und dazu gehört auch, sich für Einflüsse von außen zu öffnen.“
Einen Bruch und Überraschungsmoment gibt es auch in der Inneneinrichtung. Ursprünglich für den Potsdamer Glasschleifer Friedrich David Regeler errichtet ist das Gebäude am Neuen Markt schon seit 1783 Gasthaus – eines der traditionsreichesten der Stadt. Drinnen aber dominieren zwei Kronleuchter aus den 1950er Jahren den Gastraum: Runde Formen, Messing und Lampenfassungen in hellblau, grau, taupe und orange – die Leuchter sind Originale aus Potsdam, auf die Gastronom Frankenhäuser stolz ist. Die Farben werden im Mobiliar aufgegriffen und bei der Gestaltung der Wände, die in Hellblau-, Grau- und Silbertönen in fleckiger Optik einen rohen Eindruck machen. Nicht piekfein soll es aussehen, sondern vor allem authentisch. Seine Gäste, so wünscht es sich Frankenhäuser, sollen „auch mal ausgelassen sein können“. Im Sommer gibt es zusätzlich Plätze im romantischen Innenhof. Das separate Kaminzimmer mit Durchreiche in die Küche mit Platz für bis zu 20 Gäste soll unabhängig vom Restaurant als „Chefs table room“ gemietet werden können.
Es geht nicht nur um das, was auf dem Teller landet
Acht Mitarbeiter werden im „KochZimmer arbeiten, die meisten kommen aus Beelitz mit, neben Frankenhäusers Frau ist auch der Bruder Sven in der Küche mit dabei. Wichtig seien alle, betont Frankenhäuser – der Gast soll nicht nur gut essen, sondern vom Service auch vermittelt bekommen, warum was auf den Teller kommt oder welcher Wein passt.
Geöffnet hat das Haus Dienstag bis Freitag abends und Samstag auch mittags. Sonntag und Montag sind Ruhetage. Zwei Menüs gibt es zur Auswahl, die Gäste können sich zudem individuell ein Menü ab drei Gängen zusammenstellen – auch vegetarisch. Drei Gänge kosten 58 Euro, sechs Gänge 92 Euro.
Der Michelin-Stern ist auch für das Potsdamer „KochZimmer“ wieder Ziel, sagt Frankenhäuser – es wäre dann neben dem Alexander Dressels „Friedrich Wilhelm“ im Hotel Bayrisches Haus der zweite Stern in Potsdam. Bei den Gourmets ist die Neugier auf den kulinarischen Neuzugang offenbar schon groß: „Wir haben für den Dezember mehr Veranstaltungen als in Beelitz in einem ganzen Jahr“, sagt Jörg Frankenhäuser.
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