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Vor die Hunde gegangen? Seit Jahren ringt Potsdam um ein neues Tierheim. Wann eines steht, ist offen.
© dpa

Tierheim-Streit: Das Tor zum Tierheim

Erstmals seit Jahren stehen der Tierschutzverein und die Potsdamer Stadtverwaltung vor einer der Lösung des Tierheim-Streits

Seit Jahren wird um ein Tierheim in Potsdam gestritten. Nach PNN-Recherchen öffnet nun die Insolvenz des Pfötchenhotels in Beelitz, das bisher die kommunale Pflichtaufgabe der Betreuung herrenloser Tiere übernommen hat, ein schmales Zeitfenster zur Lösung des Dauerproblems. Für die Verhandlungsführer bei Stadt und Tierschutzverein beginnen entscheidende Verhandlungstage.

Denn: Nach dem endgültigen Aus für das Pfötchenhotel in der vergangenen Woche hat sich der Potsdamer Tierschutzverein nach monatelangem Zögern im Grundsatz entschieden, den Kaufvertrag mit der Stadt für das Sago-Gelände an der Michendorfer Chaussee zu unterschreiben – und dort ein zunächst provisorisches Tierheim zu errichten. Zugleich kann die Stadtverwaltung mit dem kurzfristigen Ende des Pfötchenhotels die Betreuung der Fund- und Verwahrtiere ab Anfang nächsten Jahres für ein halbes Jahr an den TSV freihändig vergeben – sollte sich der gemeinnützige Verein bewähren, könnte daraus nach einer weiteren offiziellen Ausschreibung eine langfristige Zusammenarbeit entstehen. Und aus dem provisorischen Tierheim ein richtiges werden.

Offiziell wird das alles noch nicht bestätigt, die Verhandlungen stehen aber kurz vor dem Abschluss. TSV-Chef Niklas Wanke sagte den PNN lediglich: „Es läuft positiv.“ Zugleich sucht der TSV seit dieser Woche per Stellenausschreibung „eine/n Tierpfleger/in für den Aufbau des neuen Tierheims Potsdam“. Arbeitsbeginn: der 1. Januar 2015. Für die Stadtverwaltung hatte Finanzdezernent Burkhard Exner (SPD) bereits im Hauptausschuss am vergangenen Mittwoch erklärt, es gäbe eine Neuentwicklung, die „nicht schlecht sein muss“. Stadtsprecherin Christine Weber sagte am Dienstag: „Wir sind zuversichtlich, dass die Verhandlungen in Kürze zum Abschluss kommen.“ Voraussetzung für die Vergabe der Tierbetreuung an den TSV auf dem Gelände sei neben der Unterzeichnung des Kaufvertrags die Erteilung einer tierschutzrechtlichen Genehmigung für die Anlage.

Die Zeit drängt also. Und es ist noch viel zu klären. Denn auf dem Sago-Gelände befinden sich nicht einmal Anschlüsse für Strom, Gas und Trinkwasser – diese befinden sich auf einem benachbarten Areal, das der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) für Städtebau, Wohnen und Verkehr gehört. Eigentlich hatte sich die Stadtverwaltung bereit erklärt, diese Fragen samt eines Durchfahrrechts über das LEG-Grundstück vor Vertragsabschluss zu klären. Das sei aber noch nicht abschließend geschehen, sagte eine LEG-Sprecherin den PNN auf Anfrage. Dennoch sei das Problem vom Grundsatz her lösbar.

Rückblick: Vor einem Jahr hatten die Stadtverordneten im Hauptausschuss beschlossen, das Sago-Gelände an den TSV zu verkaufen. Doch der Grundstückskaufvertrag war zuletzt nach fast einem Jahr Verhandlungen immer noch nicht unterschrieben. Dafür hatte das Rathaus im August den TSV verantwortlich gemacht, der immer neue Forderungen stelle – unter anderem ging es um Haftungsfragen für mögliche Altlasten auf dem Grundstück. Wie berichtet, hatte die Verwaltung an den Verkauf des Areals von Anfang an hohe Anforderungen gestellt. So müsse mit Kosten von mehr als 500 000 Euro gerechnet werden, neben dem Kaufpreis etwa für die Erschließung des Areals, hieß es im Exposé für das Grundstück. Ebenso hätte der TSV als Käufer dennoch keinen automatischen Anspruch, die von der Stadt mit mehr als 100 000 Euro pro Jahr finanzierte Pflichtaufgabe der Fundtierbetreuung zu übernehmen.

Gerade dieser Punkt ist derzeit außer Kraft gesetzt. Denn vergangene Woche hatte die Insolvenzverwalterin für das Pfötchenhotel in Beelitz wie berichtet angekündigt, der Tierheimbetrieb werde nur noch bis Ende des Jahres aufrechterhalten. Danach hatte die Stadtverwaltung erklärt, sich an andere Anbieter in der Region zu wenden – doch weitere Tierheime in der Nähe der Stadt gibt es nicht. Zugleich sei es möglich, die Tierbetreuung für einen Zeitraum von einem halben Jahr ohne Ausschreibung zu vergeben.

Dies und der persönliche Einsatz von SPD-Chef Mike Schubert – gerade neu in den Tierheimbeirat der Stadt gewählt – haben beim TSV für ein Umdenken gesorgt. Nach einem Treffen mit Unterstützern des TSV – unter anderem Franz Friedrich Prinz von Preußen und seine Frau Susann – forderte Schubert die Stadtverwaltung auf, mit dem TSV zu klären, ob dieser in der Lage sei, die Tierbetreuung kurzfristig zu übernehmen. Unter anderem könnten Bürocontainer auf dem Gelände für die Betreuung der Tiere aufgestellt werden, hieß es aus Verhandlungskreisen. Der TSV müsste vom Pfötchenhotel lediglich zehn Hunde, 20 Katzen und einige Kleintiere übernehmen, hieß es weiter.

Der Druck, endlich ein Tierheim in Potsdam aufzubauen, ist groß. Diese Forderung führt derzeit die Abstimmung zum aktuellen Bürgerhaushalt der Stadt an – und hatte das Verfahren auch in der Vergangenheit schon gewonnen. Zugleich engagiert sich eine neue Initiative „Potsdam braucht ein Tierheim“ für einen Neubau – mit derzeit fast 1500 Unterstützern im Netzwerk „Facebook“. Der TSV, mit mehr als 500 Mitgliedern einer der größten Vereine der Stadt, hatte bereits angekündigt, beim Aufbau eines Tierheims um Spenden bei der Potsdamer Bevölkerung werben zu wollen. Zudem liegen bei der Stadt noch 135 000 Euro aus früheren Spendenmitteln, die dem Bau eines Tierheims auf Potsdamer Boden gewidmet sind.

2007 hatte die Stadt dem TSV den Betreibervertrag für das frühere Tierheim am Wildpark gekündigt, was heftigen Streit zur Folge hatte und das einstige Vertrauensverhältnis zerrüttete – und auch die Verhandlungen jetzt schwierig macht. Gleichwohl sind seitdem in Potsdam mehrere Anläufe für den Bau eines neuen Tierheims gescheitert.

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