Potsdam: Das lange Ringen um die Garnisonkirche
Die Vorbereitungen für den Baustart des Garnisonkirchenturms laufen auf Hochtouren. Doch die Kritik an dem Projekt reißt nicht ab.
Potsdam - Stein auf Stein: Ganz klassisch soll es zugehen, wenn der Nachbau des Turms der 1945 zerstörten und 1968 abgerissenen Garnisonkirche gelingen sollte. Mehr als zweieinhalb Millionen Ziegelsteine werden dafür gebraucht. „Gut 20 000 davon werden sichtbar vermauert“, sagt Wieland Eschenburg vom Vorstand der Garnisonkirchenstiftung. Dort könnten Unterstützer gegen eine Spende von 100 Euro auch ihre Namen verewigen.
Fast 3400 Ziegelspenden hat die Stiftung bisher erhalten, sie lagern in Containern neben der provisorischen Kapelle am historischen Standort im Stadtzentrum. „Die Ziegel kommen aus Glindow“, betont Eschenburg: „Das sind Produkte aus der Region.“ Mit Ziegelspenden, Stufenpatenschaften und persönlichen Sponsoren für weitere Bauelemente versucht die Stiftung, Geld für das Bauvorhaben einzuwerben. Rund 35 Millionen Euro soll der fast 90 Meter hohe Turm nach aktuellen Angaben der Stiftung kosten. Zunächst soll für 26 Millionen Euro ein erster Bauabschnitt ohne Schmuckelemente und Turmhaube errichtet werden.
Fortschreitende Planungen - doch die Kritik reißt nicht ab
Für die Aussichtsplattform hat Fernseh-Moderator Günther Jauch 1,5 Millionen Euro gespendet. Die mehr als 470 Stufen im Treppenhaus des Kirchturms sind für 2500 bis 5000 Euro zu haben. „Wir sind bei 92 Stufen, die Paten gefunden haben“, sagt Eschenburg: „Wenn alles verpatet ist, werden es 1,8 Millionen Euro.“ Die Stiftung möchte im Herbst mit den Bauarbeiten beginnen. Zwölf Millionen Euro dafür sollen vom Bund kommen, den Förderantrag will die Stiftung in Kürze einreichen. Doch trotz der fortschreitenden Planungen wird in Potsdam und nicht nur dort weiter heftig über das Bauvorhaben gestritten.
Die evangelische Martin-Niemöller- Stiftung und die kritisierte dort der Publizist und studierte evangelische Theologe Christoph Dieckmann und nannte das Bauwerk – nicht ohne Polemik – eine „gotteslästerliche Bude“.
Vom Kuratoriumsvorsitzenden der Garnisonkirchenstiftung, Altbischof Wolfgang Huber, kam postwendend scharfe Kritik. „Mich erbost, dass diese Stiftung sich auf Martin Niemöller beruft“, der einst wichtiger Repräsentant der NS-kritischen Bekennenden Kirche war, sagte er. Was an dem Ort wirklich geschehe und geschehen solle, interessiere die Gegner nicht. Die Christen-Initiative habe die Stiftung nicht eingeladen, sagt Eschenburg. Und: „Die ganze Synode sitzt doch voller Christen, und diese Christen haben anders entschieden.“ Die Synode der Landeskirche hatte 2016 einen Millionenkredit für den Garnisonkirchturm beschlossen.
Was denkt Potsdam über die Garnisonkirche?
Was Potsdam über das Bauvorhaben denkt, weiß niemand mit Sicherheit. Bei einer im vergangenen Jahr von den PNN durchgeführten, nicht repräsentativen Umfrage hatten sich allerdings fast 78 Prozent der befragten Potsdamer für einen Wiederaufbau ausgesprochen. Das Stadtparlament unterstützt das Projekt ebenfalls mehrheitlich, im Bürgerhaushalt jedoch gehören Voten dagegen regelmäßig zu den großen Favoriten.
Brandenburgs Denkmalschützer halten sich aus dem Streit heraus. Der Wiederaufbau sei keine Angelegenheit der Denkmalpflege, weil es sich um einen Neubau handele, sagt Landeskonservator Thomas Drachenberg: Der Kunsthistoriker sorgt sich um ein Denkmal, das es noch gibt, das DDR-Mosaik am benachbarten Rechenzentrum, dem der Kirchturm gefährlich nahe kommen könnte. Sollte es dort nicht bleiben können, müsse es notfalls „so umgesetzt werden, dass es in der Substanz und seiner Wirkung bewahrt bleibt“, sagt Drachenberg.
Für den Baustart bleibt rein rechtlich noch Zeit
Rein rechtlich bleibt der Stiftung für den Baustart noch Zeit. Nach der Bauordnung müssen die Arbeiten vor Ablauf der Baugenehmigung Mitte 2019 beginnen und ein Jahr danach beendet sein. Falls der Turm nicht fristgerecht fertig wird, könnten neue Baugenehmigungen für die noch ausstehenden Arbeiten beantragt werden, heißt es aus dem brandenburgischen Bauministerium. Die Bauarbeiten sind nicht in zwölf Monaten zu schaffen. „Wir müssen dieses Jahr anfangen“, sagt Eschenburg: „Wir werden den Turm in seiner vollendeten äußeren Schönheit bauen, Phase eins Nutzbarkeit, Phase zwei vollendete Schönheit.“ (mit Peer Straube)
Yvonne Jennerjahn
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