Potsdam: „Das ist kontraproduktiv“
Händler und Gastronomen kritisieren geplante Gebührenerhöhungen der Stadt für die Nutzung öffentlichen Raums
Es geht um Biergärten und Freiluft-Verkaufsstände: Bei der Suche nach neuen Einnahmequellen will die Stadt die Gebühren für die Nutzung öffentlicher Straßen und Plätze um rund 15 Prozent erhöhen. Der Plan sorgt bei Händlern und Gastronomen für Verärgerung.
Deutliche Kritik kommt vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Dehoga–Landeschef Olaf Lücke verwies auf die Tourismusbarometer-Studie des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbands (OSGV), wonach die Straßennutzungsgebühren in Potsdam ohnehin schon die höchsten in Ostdeutschland seien. „Dieses Beispiel belegt wieder einmal, dass in dieser Stadt reflexartig nur immer Überlegungen angestellt werden, wie man das Säckel füllen kann“, so Lücke. Potsdams Dehoga-Kreischef Arndt Gilka-Bötzow sagte, mit einer reinen Gebührenerhöhung laufe die Stadt Gefahr, den Bogen für Händler und Gastronomen zu überspannen. Schon vor zwei Wochen hatte der Dehoga die Stadt scharf kritisiert, weil eine neue Tourismusabgabe eingeführt werden soll, um die gestiegenen Aufwendungen für touristische Dienstleistungen und das Stadtmarketing zu finanzieren. Nach der Bettensteuer sei das die nächste Belastung für die Tourismusbranche, hieß es (PNN berichteten).
Die Stadt hält in ihren Planungen dagegen: Potsdam bewege sich im bundesweiten Vergleich bei den Straßengebühren noch im Mittelfeld, heißt es im sogenannten Zukunftsprogramm 2019, in dem die Stadtverwaltung ihre Vorschläge für mehr Einnahmen und weniger Ausgaben zusammenfasst. So zahlen Gastronomen für Außenbestuhlung in der Potsdamer Innenstadt im Schnitt monatlich acht Euro pro Quadratmeter, in anderen Städten seien bis zu 16 Euro üblich (siehe Kasten). Zugleich seien die Gebühren seit 13 Jahren nicht erhöht worden – obwohl sich in diesem Zeitraum etwa das Lohnniveau in der Stadt deutlich verbessert habe. „Insofern wird eine Gebührenerhöhung für vertretbar gehalten“, heißt es in der Sparliste. Mit der Maßnahme erwartet die Stadt ab 2015 jeweils 75 000 Euro Mehreinnahmen pro Jahr. Mit Widerstand wird bereits gerechnet: „Rechtliche Neuerungen, insbesondere verbunden mit Gebührenerhöhungen, führen auf der Seite der Betroffenen oftmals zu Irritationen.“ Die Maßnahme solle daher transparent kommuniziert und erläutert werden, so die Stadt.
Doch mit potenziell Betroffenen hat bisher niemand geredet. Dehoga-Landeschef Lücke sagte, in Potsdam müsse endlich ein Umdenken einsetzen – „weg von immer neuen Belastungen für die Wirtschaft, hin zu einem Langfristkonzept, wie die touristische Infrastruktur und das Marketing auf finanziell gesunde Füße gestellt werden könnten“. Zumal für die Stadt die Einnahmen aus dem Tourismus schon jetzt die Ausgaben übersteigen würden, wie Lücke sagte. Gilka-Bötzow forderte, die Stadt müsse für eine neue Satzung – wie in anderen Kommunen auch – Gebührenreduzierungen ermöglichen, zum Beispiel einen Schlechtwetterbonus für Außengastronomie gewähren. Einzig eine Erhöhung wäre ein weiterer Kostenfaktor: „Jeder Gastronom und Händler wird dann entscheiden, ob und wie er mit seiner Außenbestuhlung oder Warenpräsentation weiter zu einem angenehmen Flair in der Stadt beitragen kann und will.“ Lücke erinnerte daran, dass zudem die Gewerbemieten in der Innenstadt zu den höchsten in Ostdeutschland zählten.
Kritik kommt auch von der AG Innenstadt, dem Händlerverband aus dem Zentrum. Deren Chef Wolfgang Cornelius sagte, eine Erhöhung der Nutzungsgebühren wäre für Veranstaltungen wie die Antikmeile problematisch. Mit dem Format könnten die Veranstalter schon jetzt keinen Gewinn machen, nun werde solches Engagement erschwert. „Das ist kontraproduktiv und behindert die nötige Werbung für die Innenstadt“, so Cornelius.
Über die Erhöhung müssen die Stadtverordneten im Zuge der Haushaltsberatungen abstimmen. Wie berichtet will die Stadtverwaltung ab 2017 Überschüsse erwirtschaften, um die Kosten des Potsdamer Wachstums zu schultern. Dazu hat Finanzdezernent Burkhard Exner (SPD) mehr als 40 Vorschläge vorgelegt, wie die Stadt mehr Geld einnehmen oder weniger ausgeben könnte. Neben den höheren Gebühren für Händler und Gastronomen geht es beispielsweise um die ebenso umstrittene Privatisierung des Markts am Bassinplatz, aber auch die Erhöhung von Grundsteuer und Parkgebühren, eine Kürzung der Nahverkehrs-Zuschüsse sowie höhere Kita-Beiträge für Besserverdienende. Henri Kramer
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