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Freiwillige Suche nach Elias aus Potsdam: Das Bündnis zerbricht

Sie zögerten nicht lange: Als der sechs Jahre Elias vor einer Woche verschwand, suchten Hunderte Freiwillige nach dem Jungen in Potsdam. Nun wächst die Zwietracht.

Potsdam - Eine Woche nach dem Verschwinden des sechsjährigen Elias zeigt das Bündnis der freiwilligen Helfer Auflösungserscheinungen – unter anderem wegen Personalmangel und aufbrechenden Konflikten.

Das Ganze kulminierte am Montagabend: Im sozialen Netzwerk Facebook war ein Zettel der sogenannten Einsatzleitung der Freiwilligen Helfer aufgetaucht. Überschrieben war das Blatt im Polizeijargon mit „Einsatzleitung. Team Soko Elias“. Unter drei Telefonnummern der Einsatzleitung der Satz, der hitzige Diskussion auslöste: „Bitte alle Hinweise ERST an die Einsatzleitung per Telefon durchgeben und NICHT die Polizei anrufen!!“

Freiwillige Helfer wurden heftig kritisiert

Auf Facebook mussten sich die Helfer deshalb heftige Kritik gefallen lassen. Ihnen wurde Geltungssucht unterstellt. Die Auswertung von Hinweisen sei Sache der Polizei. Ein Nutzer kritisierte etwa: „Die erfahrenen Ermittler brauchen sicher keine Muttis, die ihre Kinder zu einem Event mitnehmen und bei Würstchen mit Senf über die ,Organmafia’ fabulieren.“

Gaby Franz, eine der Einsatzleiterinnen des Stützpunktes neben dem Bürgerhaus am Schlaatz, sagte den PNN noch am Montagabend, sie seien von der Polizei darum gebeten worden, dass die Hinweise der Helfer zuerst mit ihrer Einsatzleitung abgestimmt werden. Die Polizei sei von den Helfen mit Hinweisen überschüttet worden, die zumeist irrelevant gewesen seien. Deshalb habe man diesen Informationszettel an die Leiter der Suchtrupps gegeben, so Franz.

Missverständnis: Polizei sollte eigentlich entlastet werden

Die Polizei sprach am Dienstag von einem Missverständnis. Der Handzettel sei nicht mit der Behörde abgestimmt gewesen. Offenbar seien diese „Einweisungszettel“ für die Gruppenführer der ehrenamtlichen Suchtrupps bestimmt gewesen, so Polizeisprecher Heiko Schmidt. Zugleich bestätigte die Behörde die Darstellung, wonach die Ermittler in den ersten Tagen der Suche zu Gegenständen wie Kleidersäcken oder Männerhosen gerufen wurden. Daraufhin hätten die Organisatoren nach Rücksprache die besagten Handzettel erstellt – mit dem Ziel, die Polizei zu entlasten, so Schmidt.

Auch wegen anderer Vorfälle werden die ehrenamtlichen Einsatzleiter kritisiert. Ein früherer Helfer sagte gegenüber den PNN: „Ich und andere sind gegen den Volksfestcharakter. Und wir sind sauer und enttäuscht, dass die Macher der anderen Gruppe zum Beispiel so dreist waren, von einem gerade einmal 14-jährigen Mädchen Spenden in Form von Tankgutscheinen anzunehmen – obwohl es ihr Jugendweihegeld war.“ Wiederum bei Facebook warfen zahlreiche Nutzer den Verantwortlichen der Facebookseite "Suche Elias" vor, kritische Kommentare in dieser Gruppe erklärungslos zu löschen.

Nicht mehr genug Unterstützer

Eine Woche nach Elias’ Verschwinden lässt der Elan bei den Helfern spürbar nach. Derzeit seien nicht mehr genügend Freiwillige für weitere Einsätze da, sagte eine Sprecherin am Montag. Im Laufe des Tages wolle die Initiative über das weitere Vorgehen entscheiden. Die aktive Suche der Bürger sei beendet, sagte Polizei-Einsatzchef Michael Scharf am Dienstag.

Am Sammelpunkt der freiwilligen Helfer neben dem Bürgerhaus herrscht am Dienstagnachmittag entsprechend gedrückte Stimmung. Nur ein knappes Dutzend Menschen harrt an den aufgebauten Zelten aus. Fragen von Journalisten werden nicht beantwortet: „Wenden Sie sich an die Polizei“, sagte einer der Einsatzleiter lediglich. Gründe für die Zurückhaltung nennt er nicht.

Gähnende Leere im Bürgerhaus

Auch andere freiwillige Helfer vor Ort gaben sich wortkarg. Mehrere Frauen und Männer haben auf Bänken an einem Tisch Platz genommen, rauchen und trinken Kaffee. „Wir bekommen hier auch keine Informationen“, sagt ein junger Mann. Bei der Frage, ob heute denn schon ein Suchtrupp draußen war, herrscht Ratlosigkeit. „Wir warten ja darauf, dass wir loslegen können“, sagt einer. Wer denn diese Entscheidung treffen soll, weiß er aber auch nicht.

Im benachbarten Bürgerhaus herrscht gähnende Leere. Nur vier Menschen sitzen unten im Saal und unterhalten sich leise. Im Mitarbeiterbüro mag man Fragen zu den Helfern zunächst auch nicht beantworten. Unterstützung logistischer Art werde geleistet, sagt ein Mitarbeiter schließlich doch. Die Helfer nutzten die Toiletten im Bürgerhaus, auch den Strom bekommen sie von der Einrichtung. „Aber es sind bedeutend weniger geworden“, resümiert der Mann.

Anwohnerin: "Toll, was die Schlaatzer geleistet haben"

Eine Anwohnerin kommt vorbei. „Ich finde es toll, was die Schlaatzer hier geleistet haben, wo das Viertel doch als Problemstadtteil gilt“, sagt sie. Mitgesucht hat sie aber nicht. Sie habe sich um ihre Kinder kümmern müssen.

Bis zum Wochenende will die Polizei weiterhin nach Elias suchen.

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