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Noosha Aubel, Mike Schubert, Burkhard Exner, Brigitte Meier und Bernd Rubelt (v.l.), in der Stadtverordnetenversammlung am 6. Mai. 
© Ottmar Winter
Update

Beschluss in Potsdam: Das Bergmann-Klinikum kehrt zum TVöD zurück

Bei der Stadtverordnetenversammlung am 6. Mai 2020 wurden wegweisende Entscheidungen für Potsdam getroffen - und es gab einen kleinen Eklat. Hier der Überblick.

Potsdam - Die Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch ist übersichtlich. Vergleichbar wenige Themen sind dort gelistet, doch die haben es dafür in sich.

Geplant ist der Beschluss des, wegen der Coronakrise im Eilverfahren gestrickte Doppelhaushalt 2020/2021. Zudem steht auch die Entscheidung der Stadtverordneten zur Rückkehr des Klinikums "Ernst von Bergmann" in die Tarifbindung des öffentlichen Dienstes auf dem Plan. Die Sitzung findet – um die Abstandsregeln zu gewährleisten – erstmals in einem Hörsaal der Universität auf deren Campus am Griebnitzsee statt. Beginn ist 17 Uhr. Die aktuellesten Entscheidungen lesen Sie oben.

Eklat zum Schluss

Eigentlich sollte noch die Gleichstellungsbeauftragte Martina Trauth (Linke) in ihrem Amt bestätigt werden. Doch die FDP besteht darauf, dass wegen der fortgeschrittenen Zeit kein neuer Antrag mehr eingebracht werden darf - was formal auch so ist. Dennoch hatte Stadtpräsident Pete Heuer (SPD) eine Ausnahme angeregt. Doch das will die FDP-Frau Sabine Becker nicht. Darauf wirft Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) ihr ein "unkollegiales Verhalten" vor - die FDP habe schließlich auch viel Redezeit in der Sitzung beansprucht. Martina Trauth muss nun auf die nächste Stadtverordnetenversammlung am 20. Mai warten.

Das Klinikum kehrt zum TVöD zurück

Potsdams Klinikum "Ernst von Bergmann" kehrt zurück zum Tarifsystem des öffentlichen Dienstes. Das haben die Stadtverordneten beschlossen. Dafür stimmten SPD, Grüne, Linke und die Fraktion Die Andere, dazu die Einzelstadtverordneten Andreas Menzel (Freie Wähler) und Alexander Frehse (Die Partei). Mehrere CDU-Vertreter sprachen sich letztlich trotz Bedenken dafür aus, der Stadtverordnete Wieland Niekisch stimmte dagegen. Die AfD-Vertreter votierten dagegen oder enthielten sich zum Teil auch. Die FDP lehnte das Ansinnen komplett ab. Am Ende stand eine deutliche Mehrheit für den Beschluss: 44 Ja-Stimmen gibt es. Nach der Abstimmung legte ein Sprecher der CDU-Wert auf die Darstellung, dass die deutliche Mehrheit der Fraktion den Antrag mitgetragen haben. Es habe keine Enthaltungen der Fraktion gegeben, wie zunächst irrtümlich vermeldet, ergänzte er.

Die Opposition ist nicht gänzlich überzeugt

Sabine Becker (FDP) monierte, bei allen Vorgängen im Klinikum gehe es nicht nur um die Bezahlung, sondern auch die Arbeitsbedingungen. Chaled-Uwe Said von der AfD kritisierte, der Sparkurs im Klinikum werde trotz des Beschlusses weitergehen. Auch die Finanzierung sei völlig unklar. Er beantragt die namentliche Abstimmung. CDU-Fraktionschef Götz Friederich sagte, das Klinikum dürfe nicht wieder in die roten Zahlen rutschen. Doch im Haushalt seien keine zusätzlichen Gelder für das Klinikum bisher eingeplant, sagte er. Kämmerer Burkhard Exner (SPD) antwortete, es sei den Mitarbeitern nicht mehr länger zuzumuten unter Tarif zu arbeiten. Die damalige Tarifabkehr sei dennoch nötig gewesen, sonst hätte vielen Krankenhäusern das Aus gedroht - zum Beispiel, weil Operationen in Ostdeutschland geringer vergütet würden als in den alten Bundesländern. Inzwischen habe sich die Situation etwas gebessert. Für das Klinikum könne die Stadt auf Rücklagen zurückgreifen, sagte Exner. Doch auch er machte deutlich, dass das System der Krankenhausfinanzierung an sich verändert werden müsse - so, dass Kommunen nichts zuschießen müssen. Linke-Fraktionschef Wollenberg sagte, es gehe in dem Antrag auch um die  Erstellung eines Personalbesetzungs- und Entlastungsplans in dem Krankenhaus. Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) sagte, man müsse sich klar sein, dass die Stadt mit ihrem Haushalt nun helfen müsse. Doch ohne eine Änderung bei der Krankenhausfinanzierung werde das nicht dauerhaft machbar sein. Schon morgen wolle er den Beschluss umsetzen, sagte Schubert. Daraufhin scheitert die FDP mit einem Antrag, die Debatte fortzusetzen.

Rathauskooperation verteidigt Vorgehen

SPD-Fraktionschef Daniel Keller lobt das Vorgehen der Rathauskooperation. Man müsse hier Verantwortung im Sinne des Klinikumspersonals übernehmen. "Mit der Corona-Krise muss das Augenmerk neben der angemessenen tariflichen Absicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch auf die Verhinderung von Überlastung und die Wertschätzung für die besonderen Leistungen gelegt werden", heißt es in dem Antrag. Keller sagte, allerdings müssten auch Land und Bund mehr Geld für die Krankenhäuser ausgeben. Lutz Boede (Die Andere) erinnert, dass das Klinikum schon 2006 die Tarifbindung verlassen habe, wie andere Krankenhäuser in Ostdeutschland auch. "Es kam zu ungleichen Löhnen für gleiche Arbeit", so Boede. Seit 15 Jahren habe Die Andere gegen dieses Vorgehen gekämpft - bisher erfolglos. Man erkenne den Schritt von SPD und Grünen nun aber durchaus an, sagte Boede. Zudem müsse das Klinikum seine Tochterunternehmen ins Haus zurückführen, forderte Boede. Das soll laut der Beschlussvorlage geprüft werden. Man werde auch einen Zuschuss aus dem städtischen Haushalt mittragen. Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg sagte, der Antrag zeige auch den Paradigmenwechsel, der unter der rot-grün-roten Rathauskooperation in Potsdam stattfinde. "Diese Entscheidung wäre auch ohne Corona nötig gewesen", sagte Wollenberg. Janny Armbruster von den Grünen ergänzte, man mache es sich mit dem Beschluss nicht leicht. Dieser sei eine Gratwanderung. Einmal benötige man motivierte Mitarbeiter, das zeige die Krise. Die andere Seite der Medaille sei die Frage der Finanzierbarkeit: Das Klinikum müsse auf stabilen Füßen stehen. "Es wird ein bestimmt schwieriger Weg."    

Debatte zur Tarifrückkehr beginnt

Nun beginnt die Debatte zur Rückkehr des Bergmann-Klinikums zum Tarifsystem des öffentlichen Diensts (TVöD). Zunächst begrüßt einer der Initiatoren des Bürgerbegehrens für bessere Bezahlung im Klinikum, Jörg Kwapis, den sich abzeichnenden Beschluss. Er kritisiert aber auch, schon viel eher hätte die Stadtverordnetenversammlung und das Rathaus als Gesellschafter reagieren müssen. Die desaströsen Folgen der vergangenen Sparpolitik sehe man jetzt, sagt Kwapis mit Blick auf den Corona-Ausbruch. Wichtig sei auch, das Outsourcing im Klinikum nun zu beenden. Dafür hätten sich auch die mehr als 17.000 Unterzeichner des Bürgerbegehrens ausgesprochen. Der neue Klinikumschef Hans-Ulrich Schmidt sagte, der Beschluss bedeute für das Haus eine besondere Herausforderung. Man sei auch für gute Löhne. Allerdings müssten nun rund 14,5 Millionen Euro pro Jahr kompensiert werden. Notfalls müsse dann die Stadt helfen, machte Schmidt deutlich. Über die beschlossene Coronaprämie sei man sehr begeistert, fügte Schmidt hinzu. 

Corona-Fonds für Potsdam?

Die Stadt soll bis zu 100 000 Euro zur unbürokratischen Unterstützung ehrenamtlicher Coronahilfsprojekte bereitstellen. Das hat die Fraktion Die Andere im Stadtparlament gefordert. „Die Vergabe dieser Mittel soll unbürokratisch durch den Verwaltungsstab erfolgen“, heißt es in dem Antrag. Auf Antrag der SPD wurde der Antrag in die Fachausschüsse überwiesen. Dort wird er nun beraten werden müssen.

Thema: Pandemiepläne

Die Stadtverwaltung soll prüfen, ob die die freien Träger in der Stadt  Potsdam über Pandemiepläne verfügen, die nach den Erfahrungen mit der SARS-CoV-2-Pandemie hinreichend erscheinen. Diesen Antrag der Fraktion Die Andere haben die Stadtverordneten in die Fachausschüsse überwiesen. „Gerade freie Träger stoßen bei der personellen Absicherung ihrer Aufgaben und bei der Ausstattung mit Schutzkleidung oft an ihre Grenzen“, hieß es zur Begründung von Die Andere. So müsse es ein Konzept zur zentralen Beschaffung von Schutzkleidung und -ausrüstung geben. Sozialdezernentin Brigitte Meier (SPD) sagte, so eine Debatte mache Sinn: Die Träger seien sehr unterschiedlich vorbereitet auf Pandemien, das habe sich in der Krise schon gezeigt.

Bebauungsplan wird neu ausgelegt

Der Bebauungsplan „Am Friedhof“ für den Ortsteil Fahrland wird erneut ausgelegt. Das kündigte Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) im Stadtparlament an. Hintergrund war eine herbe Schlappe für die Bauverwaltung: Die Stadtverordneten hatten Anfang März beschlossen, dass ein Bebauungsplan für ein Wohngebiet in Fahrland derart umfassend verändert werden soll, dass er eigentlich neu ausgelegt werden müsste. Doch zuletzt hielt Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) dagegen – und erklärt die auf Initiative des Ortsbeirats getroffene Entscheidung der Kommunalpolitiker für rechtswidrig. Nun hat sich die Kommunalpolitik offensichtlich auf einen Kompromiss verständigt – im Sinne der damaligen Abstimmung. Daher stimmt nun auch eine Mehrheit der Kommunalpolitiker zu. Inhaltlich ging es um Festsetzungen zu Solarenergieanlagen. Kritiker im Ortsbeirat Fahrland hatten bemängelt, in der ursprünglichen Fassung des B-Plans aus dem Rathaus würden Solaranlagen an Gebäuden praktisch unwirtschaftlich. Das sei in Zeiten des Klimawandels das falsche Zeichen. In dem B-Plan geht es um ein Projekt des Investors Leonwert Immobilienmanagement, der dort eine neue Siedlung mit Einzel-, Reihen- und Doppelhäusern errichten möchte. 

FDP-Antrag für geringere Gewerbesteuer scheitert

Ein weiterer FDP-Antrag zur moderaten und zeitlich für dieses Jahr befristeten Herabsetzung der Gewerbesteuer in Zeiten von Corona scheitert an der Mehrheit der Stadtverordneten. Auch in anderen SPD-regierten Städten würden man solche Steuersenkungen fordern, sagte Sabine Becker (FDP). Er sei gegen diesen Vorstoß, sagte Steffen Pfrogner (Die Andere) – weil so nach dem Gießkannenprinzip agiert werde. Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg sagte, dies werde zu weiteren Ausfällen bei der Gewerbesteuer führen. Doch auf solche Einnahmen sei die Stadt dringend angewiesen. Auch die Grünen sprechen sich gegen das Vorgehen aus, ebenso Kämmerer Burkhard Exner (SPD): So würden auch nur 17,2 Prozent der Potsdamer Unternehmen überhaupt Gewerbesteuer zahlen. Es gehe also um eine Steuer, die vor allem große Firmen zahlen würden. Björn Teuteberg (FDP) sagte dagegen, im Land Brandenburg sei Potsdam mit seinem Gewerbesteuerhebesatz an der Spitze. "Wir konkurrieren hier mit anderen Städten im Umland." Ein reduzierter Steuersatz können durch neue Investitionen auch für mehr Steuereinnahmen sorgen.

Dringlichkeitsantrag der FDP zur Gastronomie umgewandelt

Ein Antrag der FDP auf eine Änderung der Satzung für Gastronomie im Außenbereich ist in der Stadtverordnetenversammlung in einen Prüfauftrag an die Verwaltung umgewandelt worden. Die FDP hatte gefordert, dass der Oberbürgermeister sich beim Land „für eine möglichst schnelle, schrittweise Öffnung der Restaurants, Cafés und sonstigen Gastronomiebetriebe“ einsetzen soll. In einem Konzept sollten die Bedingungen für den Betrieb bestimmt werden. Die Freiluftgastronomie auf öffentlichen Flächen soll erweitert werden. Um die Potsdamer Gastronomie beim Neustart zu unterstützen, sollen Gebühren für die Nutzung öffentlicher Flächen reduziert oder ganz ausgesetzt werden, so die FDP. Fraktionschef Björn Teuteberg sagte, die Gastronomie werde es schwer haben, wieder auf die Beine zu kommen. Man müsse, soweit es möglich sei, diese kleinen Gewerbetreibenden unterstützen. Gastronomen dürften nicht mehr zahlen müssen, wenn sie wegen des Abstandsgebotes mehr Raum benötigen.  Zustimmung kam von der CDU, die ergänzend auch Erleichterungen für die Hotels forderte. Die Bettensteuer sollte in diesem Jahr nicht erhoben werden. Potsdams Wirtschaftsbeigeordneter Bernd Rubel (parteilos) sagte, das Rathaus würde das gern als Prüfauftrag annehmen. Skeptisch war man bei der Linken: In Potsdam gebe es nach wie vor die meisten Corona-Fälle in Brandenburg, sagte Fraktionschef Stefan Wollenberg. Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) warnte vor einem Überbietungswettbewerb. Am Freitag sei mit einer neuen Eindämmungsverordnung des Landes zu rechnen. Erst dann sei klar, was überhaupt möglich sei. In der Intention sei man sich hingegen eigentlich einig, Erleichterungen für die Gastronomie zu schaffen. Einem Verzicht auf die Bettensteuer stand Schubert ablehnend gegenüber. Sie werde nicht von den Hotels bezahlt sondern von den Gästen. Ein Verzicht würde die Betreiber als nicht finanziell entlasten. Schließlich beschlossen die Stadtverordneten den Prüfantrag - das Rathaus soll also nachdenken, was möglich ist und was nicht. Der CDU-Vorstoß zur Bettensteuer wurde schließlich mehrheitlich abgelehnt. Kämmerer Exner sagte: "Wir sind froh, dass wir diese Steuer noch haben." Auch dort sei mit Einnahmerückgängen zu rechnen, weil wohl weniger Touristen nach Potsdam kommen.

Aufklärung zum Klinikum wird gefordert - gestritten wird aber auch

Nun geht es um den Corona-Ausbruch am Klinikum. Die FDP hat einen Dringlichkeitsantrag gestellt, den Hauptausschuss der Stadtverordnetenversammlung im Rahmen der geplanten unabhängigen Corona-Kommission stärker einzubeziehen. „Insbesondere bei der Auswahl der Kommissionsmitglieder, der festzulegenden Geschäftsordnung des Gremiums, erforderlicher Erweiterungen des Untersuchungsauftrags, der Berichterstattung etwaiger Zwischenergebnisse sowie der Vorlage des Schlussberichtes und der Handlungsempfehlungen ist der Hauptausschuss in geeigneter Weise zu beteiligen“, heißt es in dem FDP-Antrag. Auch müsse die Rolle des Rathauses bei der Bewältigung der Krise rund um das Klinikum beleuchtet werden. FDP-Fraktionschefin Sabine Becker kritisiert, dass Kommissionschefin und Ex-Landesgesundheitsministerin Anita Tack (Linke) zur rot-grün-roten Rathauskooperation gehöre – also nicht gänzlich unabhängig sei. Stefan Wollenberg (Linke) weist die Kritik der FDP zurück – Frau Tack sei nicht Mitglied der Rathauskooperation.

Die Linken und die SPD haben ferner beantragt, dass die Aufgaben der Expertenkommission zur Aufarbeitung des Sars-Cov2-Ausbruchs am Klinikum im Hauptausschuss vorgestellt werden. Die Zwischen- und Abschlussberichte der Kommission seien so anzufertigen, dass sie zeitnah nach Fertigstellung im Hauptausschuss vorgestellt und diskutiert werden können, auch in der Öffentlichkeit. Die Situation müsse „detailliert und umfassend aufgearbeitet werden, um die nötigen Schlussfolgerungen zu ziehen und sicherzustellen, dass sich ein derartiges Geschehen nicht wiederholen kann“, hieß es in der Vorlage der beiden Fraktionen – die jüngst um weitere Punkte ergänzt worden ist, etwa zur Beteiligung des Hauptausschusses bei der Arbeit der Klinikumskommission. Es schließen sich längere Wortgefechte zwischen den verschiedenen Antragsstellern an. Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) sagt nach einigen Minuten, man müsse das Geschehen vollumfänglich und fachlich aufarbeiten – und daraus Ableitungen treffen. Dazu müssten unabhängige Experten in der Kommission arbeiten, um Informationen für die Bewertung durch die Politik zu erhalten. Der Antrag von SPD und Linken sei dafür geeignet. Dieser wird schließlich auch beschlossen. Der FDP-Antrag wird abgelehnt.

Millionen für Schulen, Kitas und Sport

Der Wirtschaftsplan des Kommunalen Immobilienservice ist von den Stadtverordneten mehrheitlich beschlossen worden. Jens Dörschel (Grüne) hatte um Zustimmung geworben, gerade um Investitionen in der Krise zu sichern. Außerdem sei der Ausbau von Kitas, Schulen und auch der Verwaltungsgebäude in einer wachsenden Stadt nötig. Von 2020 bis 2023 sollen 308 Millionen Euro investiert werden. Der überwiegende Teil der Investitionen betrifft mit 198 Millionen Euro die Potsdamer Bildungsinfrastruktur. Die Mittel werden vor allem für den Neubau und die Erweiterung von Schulkapazitäten sowie für Kitas verwendet. Gleichzeitig ist vorgesehen im Rahmen des Schulsportstätten­investitionsprogramms rund 55 Millionen Euro für die Verbesserung des baulichen Zustands der Turnhallen und Außensportanlagen aufzuwenden.

Helferprämie und Haushalt beschlossen

Jetzt geht es um die von der rot-grün-roten Rathauskooperation geforderte Helferprämie für die Mitarbeiter im Bergmann-Klinikum in Höhe von 500 Euro. Das kritisiert FDP-Mann Teuteberg als ungerecht gegenüber anderen Angestellten im Potsdamer Medizinbereich. Andreas Menzel (Freie Wähler) wiederum kritisierte, so würde auch die Chefetage des Hauses belohnt. Dagegen sagt Daniel Keller von der SPD, dass man gar nicht über andere Gesundheitsträger entscheiden könne. Hier gehe es um eine Maßnahme der Wertschätzung als städtischer Arbeitgeber. Lutz Boede (Die Andere) sagt, mit der Prämie und auch dem anstehenden Beschluss zur Tarifrückkehr des Klinikums würden auch private Gesundheitsträger bei der Lohnentwicklung nachziehen müssen. In diesem Stil geht die Debatte weiter, vor allem SPD und FDP beharken sich. Schließlich folgt die Mehrheit der Stadtverordneten dem Vorschlag der Prämienzahlung. 900 000 Euro soll die Prämie kosten, das Geld kommt aus dem städtischen Haushalt. Auch der gesamte Haushalt wird danach mit recht deutlicher Mehrheit beschlossen.

AfD-Anträge scheitern

Nun werden alle Änderungsanträge der AfD abgestimmt. Nacheinander scheitern diese 23 Anträge an der Mehrheit der Stadtverordneten. Unter anderem wollte die AfD die Mittel für das Jugendzentrum „Freiland“ streichen, aber auch Gelder für den Klimaschutz oder das Potsdamer Toleranzbündnis.

Kritik von der FDP

Björn Teuteberg von der FDP kritisiert, der Etatentwurf verwundere ihn – dieser gehe sogar von Einnahmensteigerungen aus. „Wo nehmen Sie das denn her? Das ist unseriös.“ Dies widerspreche dem Prinzip der Wahrheitstreue für Haushalte. Es sei zu befürchten, dass die Stadt nun Verpflichtungen eingehe, ohne dass dafür Geld da sei. Zudem erinnerte Teuteberg daran, dass die Stadt noch nicht einmal die Etatabschlüsse der vergangenen Jahre vorgelegt habe.

Sitzung der Stadtverordnetenversammlung mit viel Abstand zwischen den Zuhörern.
Sitzung der Stadtverordnetenversammlung mit viel Abstand zwischen den Zuhörern.
© Ottmar Winter

Kämmerer fordert Handlungsgrundlage

Kämmerer Burkhard Exner (SPD) verteidigte seinen Entwurf. Es geht darum, die Stadt durch die Krise zu führen und die Strukturen dieser Stadt aufrecht zu erhalten. Dazu gehöre auch der öffentliche Nahverkehr und die  Kultur. Er bedankte sich, dass man angesichts der Umstände in sehr kurzer Zeit einen Beschluss ermöglichen könne. Der Städtetag gehe von einem Einbruch bei der Gewerbesteuer von 15 Prozent aus. Doch was genau auf die Stadt zukomme, könne noch niemand wissen. Vieles im Haushalt wäre dann überholt. Dennoch müsse man eine Handlungsgrundlage haben. Spätere Änderungen seien dennoch möglich.

Oberbürgermeister fordert Entscheidung

Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) verteidigte den Haushaltsentwurf. Die Debatte zeige, wie sehr die Coronakrise die Situation verändert habe. Es herrsche große Unsicherheit. Deshalb müsse man Handlungs- und Kompromissfähigkeit zeigen. „Es gibt keine halben Haushalte“, sagte Schubert. Man müsse entscheiden, auch in dem Wissen, dass man in den nächsten Monaten noch mal nachjustieren müsse. Auch inhaltlich sei es falsch, sich nur auf Pflichtaufgaben zu beschränken. „Sollen wir dann das Theater schließen und die Wirtschaftsforderung einstellen?“ Man könne nicht von Bund und Land Planungssicherheit fordern und dann selber nichts beschließen. Ohne Haushalt sei die Stadt nicht handlungsfähig.

"Ein anderer Haushalt ist möglich"

Jenny Pöller von der Fraktion Die Andere macht deutlich: „Unserer Fraktion liegen die freiwilligen Leistungen sehr am Herzen.“ Der Haushalt besitze leider auch zu viel Raum für Prestigeprojekte, kritisierte sie. Zudem würden Ziele wie Gleichstellung oder Gendergerechtigkeit in weite Ferne rücken, so Pöller. „Ein anderer Haushalt ist möglich.“ Steffen Pfrogner von Die Andere ergänzt in Richtung CDU: „Es müssen Investitionen möglich sein.“ Auf die AfD geht die alternative Fraktion mit keinem Wort ein.

AfD will Haushalt ablehnen

AfD-Fraktionschef Chaled-Uwe Said über deutliche Kritik am Haushaltsentwurf. Einbrüche durch die Coronakrise seien nicht berücksichtigt. Außerdem habe es nicht genug Zeit gegeben, den 1000 Seiten starken Entwurf durchzuarbeiten. Die Fraktion habe 23 Änderungsanträge eingebracht, über die man gern diskutieren wolle. Man sehe Einsparpotenzial bei Rückstellungen für Grundstückskäufe für den Uferweg am Griebnitzsee. Aufwendungen für den Klimaschutz bezeichnete er als illusorisch. Förderungen für das Jugendzentrums Freiland und für Flüchtlinge seien ideologisch verbrämt. Die Mittel für das Bündnis Tolerantes Potsdam sollen gestrichen werden, so die Forderung.

Linken-Chef kritisiert CDU-Vorstoß

Die Haushaltsdebatte geht weiter. Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg sagte, der Haushalt sei nun ein Vertrauensvorschuss für die Stadtverwaltung. Er kritisiert die Haltung der CDU: „Können Sie sich eine Stadt ohne Sport und Kultur vorstellen?“ Erst mit konkreten Daten, die wohl im Herbst vorliegen, könne man wirklich seriös sagen, auf welche Leistungen man verzichten könne. „Aber wir brauchen jetzt eine Handlungsgrundlage.“ Grünen-Fraktionschef Gerd Zöller sagte, mit der Krise habe man nicht rechnen können – bis dahin sei die Liquidität der Stadt sehr gut gewesen. „Das Ganze ist sehr unwägbar.“ Deshalb müsse die Stadt flexibel agieren können – das werde mit dem heutigen Beschluss ermöglicht. Wichtig sei für den anstehenden Nachtragshaushalt im Herbst, dass dort weiter auch Maßnahmen gegen den Klimawandel enthalten sein müssten. „Es muss weiter um eine Verkehrswende gehen – auch nach Corona.“ Auch die Lebensadern der Potsdamer Kultur müssten erhalten werden: „Das ist für uns Grüne nicht nur Beiwerk.“

CDU will nur Geld für Pflichtaufgaben freigeben

CDU-Fraktionschef Götz Friederich kündigte an, dass seine Fraktion dem Haushalt nicht zustimmen kann. Der Entwurf sei ein "ungedeckter Scheck" angesichts der Coronakrise. Es sollten nur Pflichtaufgaben freigegeben werden. Für Ausgaben darüber hinaus gebe es derzeit keine Basis.

SPD will an Prioritäten festhalten

Potsdam soll auch weiterhin an seinen Prioritäten festhalten. Das sagte Fraktionschef Daniel Keller. Dazu zählen sozialer Wohnungsbau, Investitionen in die Bildung und den Nahverkehr. Deshalb sei der Beschluss des Haushalts wichtig. Dennoch müsse man im Auge behalten, das die Einnahmen durch die Coronakrise äußerst ungewiss seien. 

Personalrat: Mehr Stellen im Rathaus nötig

An das Rednerpult tritt nun ein Sprecher des Personalrats der Potsdamer Stadtverwaltung. Er bedankt sich dafür, dass die Stadtverordneten mit dem Beschluss nun dafür sorgen, dass das als überlastet geltende Rathaus zusätzliche Stellen schaffen kann. So sei der Krankenstand schon lange nicht mehr vertretbar, auch die Fluktuation und die Belastung sowie die Zahl der Überstunden seien sehr hoch, so der Sprecher. Wie berichtet geht es um 200 Extrastellen. Diese 200 Stellen würden freilich nicht ausreichen, sagte der Sprecher – allerdings sei es zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Problematisch sei die Lage gerade auch im Bereich Personalmanagement – dort werden die nötigen Personalauswahlverfahren durchgeführt. Dieser Bereich sei nur noch durch geleistete Überstunden arbeitsfähig, macht der Sprecher deutlich. Die Corona-Pandemie mit vielen Problemen in der Wirtschaft biete zumindest die Chance, dass die Stadt Potsdam mehr Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt anlocken könnte, hofft der Personalvertreter.

Die Haushaltsdebatte hat begonnen

Zunächst geht es um die Wohnungsholding Pro Potsdam. Dabei geht es um einen Antrag der Fraktion Die Andere, auf die Abführung von Gewinnen an den städtischen Haushalt zu verzichten. Der Stadtverordnete Lutz Boede sagte, die Pro Potsdam brauche Plaungssicherheit und solle sich auf den sozialen Wohnungsbau konzentrieren. Aus der SPD hieß es, über Abführungen solle der Hauptausschuss im Einzelfall entscheiden. Hans-Jürgen Scharfenberg sagte, es solle sichergestellt werden, dass keine Mittel aus der Gewoba - die den Wohnungsbestand verwaltet - abgezogen werden sollen. Kämmerer Burkhard Exner (SPD) sagte, man könne sich darauf festlegen, dass keine Mittel aus dem Kerngeschäft abgeführt werden. Das habe auch der Finanzausschuss so gesehen.

Für den Antrag der Fraktion Die Andere konnten sich  nur ein paar Stadtverordnete der Linken erwärmen. Die Mehrheit stimmte für die Fassung aus dem Finanzausschuss.

Bürgerhaushalt auf Herbst geschoben

Mehrfach wurde im Vorfeld der Debatte auch darauf verwiesen, dass eigentlich noch völlig unklar sei, wie stark die Steuereinahmen nun zurückgehen – und wie hoch die Mehrausgaben angesichts der Krise ausfallen. Insofern hatten sich die Stadtverordneten schon im Vorfeld der Sitzung geeinigt, dass über alle Anträge aus dem sogenannten Bürgerhaushaltsverfahren – in dem bekanntlich die Potsdamer vorschlagen können, wo Geld fließen könnte – auf den Herbst verschoben werden. Bei diesen Vorschlägen haben die Stadtverordneten jeweils das letzte Wort. Die Stadtverordneten billigen in der Sitzung dieses Vorgehen mit großer Mehrheit.

Schweigeminute für Corona-Verstorbene

Stadtpräsident Pete Heuer (SPD) erinnert zu Beginn der Sitzung an die 75 Menschen, die während der Coronapandemie schon in Potsdam gestorben sind. Man sei es den Angehörigen schuldig, zu Aufklärung zu leisten, so Heuer. Es scheine so, als ob man nicht gut genug vorbereitet gewesen sei, sagt Heuer mit Blick auf das Bergmann-Klinikum und den dortigen Corona-Ausbruch. Danach ruft Heuer zu einer Schweigeminute für die Verstorbenen auf.

Livestream hat begonnen

Der Internet-Livestream zur Stadtverordnetenversammlung hat unter www.potsdam.de begonnen. Vor der Sitzung sieht man einige Kommunalpolitiker nahe beieinander stehen - obwohl in Zeiten von Corona eigentlich Abstandsregeln gelten.

Viele Änderungsanträge

Schon im Vorfeld der Sitzung sind nach PNN-Informationen etliche Änderungsanträge zum Doppelhaushalt eingegangen. Allein die AfD-Fraktion hat mehr als 20 Wünsche eingebracht. Allerdings dürften ihre Ansinnen, zum Beispiel mehr als 600.000 Euro pro Jahr für Klimaschutzmaßnahmen jetzt gleich aus dem städtischen Haushalt zu streichen, erfahrungsgemäß von einer breiten Mehrheit im Stadtparlament abgelehnt werden. Die CDU wiederum hat beantragt, die Bettensteuer für Hoteliers für ein Jahr zu streichen, wie ein Sprecher der Fraktion den PNN sagte.

Klinikum rechnet mit Millionenausgaben

Zugleich wird für die Sitzung ein Votum erwartet, wonach das Klinikum „Ernst von Bergmann“ ab Juni in die Tarifbindung des öffentlichen Dienstes zurückkehren soll. Eine Mehrheit für diese Initiative der rot-grün-roten Rathauskooperation galt bereits vor Beschlussfassung als sicher, eben wegen der Mehrheitsverhältnisse in der Potsdamer Kommunalpolitik. Im Vorfeld des Beschlusses rechnete das kommunale Gesundheitsunternehmen mit mehreren Tochterhäusern in ganz Brandenburg in einer Presseerklärung vor, dass die „tarifliche Mehrbelastung in Höhe von bis zu 14,5 Millionen schon im ersten Jahr kompensiert werden muss, um die Leistungsfähigkeit der Klinik-Gruppe zu erhalten“. Hier sei der Eigentümer, also die Stadt Potsdam, in der Verantwortung. „Wir haben Verständnis für die berechtigten Interessen unserer Mitarbeiter. Eine faire und attraktive Bezahlung ist auch aus unserer Sicht nötig“, sagte eine Kliniksprecherin. Ferner wollen die Stadtverordneten auch eine Corona-Prämie in Höhe von 500 Euro pro Klinikmitarbeiter beschließen - was das Klinikum ausdrücklich begrüßte.

Henri Kramer, Marco Zschieck

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