Potsdam: Das „Archiv“ muss schließen
Die Bauaufsicht will für Sicherheitsmängel in dem maroden Kulturzentrum nicht mehr haften – und die Stadtpolitik vertagt eine Entscheidung
Templiner Vorstadt - Der Veranstaltungsbetrieb im alternativen Kulturzentrum „Archiv“ muss nach Silvester eingestellt werden. Ob vorläufig oder für immer, ist unklar. Wie der Chef der städtischen Bauaufsicht, Markus Beck, am Mittwochabend im Hauptausschuss sagte, sei er nicht mehr bereit, die Verantwortung für bestehende Sicherheitsmängel zu übernehmen. Er müsse seit vier Jahren mit dem Risiko leben, dass wenn im „Archiv“ ein Unglück passiere, er mit Fragen der Staatsanwaltschaft rechnen müsse – also warum seine Behörde Veranstaltungen in dem maroden Haus in der Leipziger Straße trotz Bedenken zugelassen habe.
Eigentlich hätte er das Haus schon nach einer ersten Brandschau 2008 schließen müssen, fügte Beck während der Sitzung hinzu – seither habe der Veranstaltungsbetrieb stets auf der Kippe gestanden. „Seitdem habe ich meinen Kopf hingehalten“, so Beck. Ein Finanzierungskonzept, wie die Mängel beseitigt werden können, sei für ihn nicht zu erkennen. Damit können in dem Haus ab dem 1. Januar 2013 weder Konzerte noch Partys stattfinden, auch der Kneipenbetrieb muss eingestellt werden. Bei Zuwiderhandlung drohe ein ordnungsbehördliches Verfahren, so Beck.
Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sagte, trotz der nun eklatanten Beeinträchtigung für die Arbeit des Trägervereins des Hauses müsse innerhalb des ersten Quartals 2013 eine Lösung gefunden werden, wie der Archiv e.V. seinen Teil der Kosten einer Sanierung tragen könne. Es müsse ein Finanzierungsplan aufgestellt werden. Doch die Bauaufsicht könne den „Archiv“-Betrieb wegen der Sicherheitsmängel nicht mehr einfach laufen lassen, sagte Jakobs – „so leid mir das tut“.
Mehr als eine Stunde debattierten die Stadtverordneten im Hauptausschuss darüber, wie das „Archiv“ gerettet werden kann. Wie berichtet kosten die Baumaßnahmen für etwa den Brandschutz mindestens 1,15 Millionen Euro. Die Stadt hat 625 000 Euro reserviert, rund 50 000 Euro sind davon schon ausgegeben. Der Verein will Eigenleistungen im Wert von 100 000 Euro aufbringen – unklar ist, wie die verbleibende Lücke geschlossen werden soll. Dazu kommt, dass es die Verwaltung nach Rücksprache mit der Kommunalaufsicht als unmöglich erachtet, das Haus-Grundstück für einen symbolischen Euro zu verkaufen – vielmehr wird ein Kaufpreis von 280 000 Euro verlangt. Den Grundstückskauf lehnt der Archiv e.V. aber ab, weil er fürchtet, mit einer zu hohen Kreditbelastung könnten die kostengünstigen Angebote des Hauses nicht aufrechterhalten werden. Ob eine Übertragung via Erbbaupacht infrage kommen könnte, blieb im Ausschuss offen.
Auch andere Modalitäten für die Sanierung sind noch strittig. Doch eigentlich hatte der Hauptausschuss schon 2008 ein vollständiges Finanzierungskonzept zum Erhalt des Archivs beschlossen, wie Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg aufgebracht erinnerte. Es sei eine eigenartige Situation, Geld zu besitzen, es aber nicht ausgeben zu können. Oberbürgermeister Jakobs stellte klar, dass es aus seiner Sicht kein schuldhaftes Verzögern der Verwaltung bei den Verhandlungen mit dem Archiv-Verein gebe. SPD- Fraktionsvize Pete Heuer fügte hinzu, schon seit April würde ein Finanzplan vom „ Archiv“ erwartet – doch erst am Wochenende habe der Verein sich zu ersten Schritten hin zu mehr Einnahmen durchringen können. Wie berichtet will der Archiv e.V. die Preise für die Gäste teilweise erhöhen sowie Zwangsabgaben für Nutzer einzuführen. Damit könnten künftig bis zu 4000 Euro pro Monat erwirtschaftet werden, hieß es – 3000 mehr als bisher. Doch mit der Schließung durch die Bauaufsicht seien keine Einnahmen mehr möglich, sagte Sprecher Kay-Uwe Kärsten: „Diesen Zustand wird der Verein nicht lange tragen können.“ Der Hauptausschuss vertagte das Thema schließlich – im Januar soll weiter beraten werden. H. Kramer
H. Kramer
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