Oscar-Nominierung für Set Decorator aus Babelsberg: Dank Spielberg auf der Liste
Lunch in Hollywood, Party bei den Royals: Seit Bernhard Henrich für die Arbeit an „Bridge of Spies“ für den Oscar nominiert wurde, ist er ein gefragter Mann. Aber Allüren sind ihm fremd.
Potsdam - Am heutigen Freitag geht der Flieger nach London, am Dienstagabend erst ist Bernhard Henrich aus Los Angeles zurückgekommen. Müdigkeit ist dem drahtigen 63-Jährigen mit den weißen Haaren nicht anzumerken, als er am Donnerstagmorgen zum Pressetermin im Studio Babelsberg erscheint. Irgendetwas lasse seine Augen gerade nur noch strahlen, sagt er und lächelt. Der Set Decorator, der die Ausstattung von Steven Spielbergs Agententhriller „Bridge of Spies“ verantwortete, ist für einen Oscar nominiert – und für den britischen Filmpreis Bafta, die am Sonntag verliehen werden.
Innerhalb von zwölf Stunden Bafta- und Oscar-Nominierter
Seit dem 12. Januar ging es im Leben des Filmausstatters Schlag auf Schlag. Das war der Abend, als er den Anruf von seinem US-amerikanischen Kollegen, dem Szenenbildner Adam Stockhausen bekam, wie er erzählt: „Bernhard, wir sind für die Baftas nominiert, aber dein Name fehlt.“ Das war Henrich wohl bekannt, er hatte die Nominierungen für die britischen Filmpreise schließlich selbst verfolgt und mit stiller Enttäuschung registriert, dass die US-dominierte Filmbranche, wenn es um Preise geht, wohl doch „unter sich“ bleibt. Umso größer das Erstaunen, als Stockhausen ihm nun sagte, dass Hollywood-Regisseur Steven Spielberg persönlich darauf gedrungen habe, den Deutschen namentlich mit aufzunehmen – mit Erfolg. Am nächsten Tag wurden auch die Oscar-Nominierungen bekannt gegeben. „Innerhalb von zwölf Stunden war ich Bafta- und Oscar-Nominierter“, sagt Henrich: „Das war sehr überraschend.“
Dann kamen noch viel mehr Anrufe. Von Zeitungen, Radio- und TV-Sendern, aber auch von Herrenmodefirmen, die dem Oscar-Nominierten ihre Schneider-Dienste anboten. Wenn Henrich am heutigen Freitag mit seiner Frau nach London fliegt, dann ist er nicht nur zur Edel-Party im königlichen Kensington Palace eingeladen, sondern auch zur Talkrunde bei der BBC. Sowohl die Oscars als auch die Baftas werden von einer ganzen Reihe von solchen Terminen flankiert.
Das DDR-Emblem an der Glienicker Brücke
Am gestrigen Donnerstag war es Brandenburgs Medienstaatsekretär Thomas Kralinski, der die Gelegenheit nutzte, um Henrich bei einem Besuch im Studio Babelsberg alles Gute zu wünschen für die anstehenden Preisverleihungen. Ein paar Requisiten aus dem Film sind für den Fototermin hevorgeräumt worden, zum Beispiel der kunstvoll gearbeitete Schreibtisch aus dem CIA-Büro – dank computergesteuerter Holzfräsen in nur zwei Tagen entstanden, wie Henrich verrät. Und das DDR-Emblem mit Hammer und Sichel, das für die Dreharbeiten im Spätherbst 2014 wieder an der Glienicker Brücke montiert wurde und sich nun besonders gut auf dem Foto macht. Die Nominierung werfe ein Licht auf die vielen technischen und handwerklichen Berufe, die in der Hauptstadtregion zur Filmbranche gehören, betont Staatssekretär Kralinski.
So ähnlich sieht auch Henrich den Rummel, den er momentan erlebt. „Ich mache das nicht für mich“, betont er: „Aber man repräsentiert seinen Berufsstand und den Ort, wo man arbeitet und herkommt.“ Höhenflüge oder Allüren sind dem gebürtigen Saarländer, der seit den 1970er-Jahren in Berlin lebt, fremd. Wenn er in diesen Tagen in den Requisitenfundus in Babelsberg kommt, dann sind auch die Kollegen dort sichtlich stolz auf den Erfolg. Henrich ist zwar Freiberufler, aber er arbeitet schon seit 1993 regelmäßig im Studio Babelsberg. Das Verhältnis habe sich mit den Jahren entwickelt, sagt er und schwärmt von der technischen Ausstattung und dem Know-how der Studiomitarbeiter. Die Nominierung sei Auszeichnung für das ganze Team: „Ich arbeite ja nicht alleine.“
Unweit von Jennifer Lawrence, Leonardo DiCaprio und Matt Damon
Auch zu einer anderen Filmfamilie gehört Henrich dazu, wie ihm spätestens am Montag beim traditionellen „Oscar Luncheon“ in Hollywood klar geworden sein muss. Das Essen ist eine Art Kennenlern-Treffen der Oscar-Nominierten, der allerbesten Filmleute ihrer Zeit. Auf dem abschließenden „Klassenfoto“ steht Henrich nicht weit von Lady Gaga, Jennifer Lawrence, und Leonardo DiCaprio, direkt neben ihm Matt Damon: „Wir kannten uns ja schon“, sagt Henrich und lächelt – die beiden hatten in Babelsberg an „The Bourne Supremacy“ zusammengearbeitet. Die Stimmung beim Lunch beschreibt er als gelassen und vertraut, fast familiär. Dass die Superstars nicht unter sich blieben, beeindruckte ihn: „Man wird als Set Decorator genauso behandelt wie als Hauptdarsteller.“ Beim Essen fachsimpelte er mit seinem Tischnachbarn, der die Spezialeffekte im Westernthriller „The Revenant“ verantwortete, über die Vorzüge eines computergenerierten Bären gegenüber einem echten, wie Henrich ihn 1988 beim Dreh für Jean-Jacques Annauds „Der Bär“ erlebte.
Nächste Woche, nach der Bafta-Verleihung, geht es wieder nach Hollywood. Zwei Wochen ist Henrich dort auf verschiedenen Terminen unterwegs, bis am 28. Februar der große Oscar-Abend kommt. Was dann passiert, darüber will sich der 63-Jährige gar keine Gedanken machen: „Die Nominierung ist schon der absolute Hauptgewinn. Was dann noch kommt, ist höchstens der Zucker drauf.“
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