Die Lage am Mittwoch: Coronavirus erreicht Potsdam
Die aktuelle Corona-Entwicklung für Potsdam und Brandenburg: Kind auf der Intensivstation, Schule geschlossen, Tulpenfest fällt aus, Museum Barberini schließt und zwei Corona-Kranke in Potsdam-Mittelmark.
Potsdam/Berlin - Der Ausbruch des Coronavirus ist in Potsdam angekommen. Auf der Intensivstation der Kinderklinik des kommunalen Klinikums „Ernst von Bergmann“ wird ein zweijähriges Kind behandelt, das sich mit dem Virus angesteckt hat. Das teilte die Stadt am Mittwoch auf einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz mit. Entgegen der Empfehlung des Robert-Koch-Instituts wird das Krankenhauspersonal, das Kontakt zu dem Kind hatte, allerdings nicht in Quarantäne geschickt – um die Arbeitsfähigkeit der Klinik aufrecht zu erhalten. Entgegen früherer Aussagen der Stadtverantwortlichen gibt es also offenbar kein kurzfristig einsetzbares Ersatzpersonal. Die Ergebnisse eines Coronatests bei den 25 betroffenen Ärzten und Krankenhausmitarbeitern standen am Mittwoch noch aus.
Außerdem wurde in Potsdam am Mittwoch erstmals eine Schule wegen des Coronavirus komplett geschlossen. Ursache ist die Infektion einer Mutter dreier Kinder der katholischen Marienschule in Babelsberg. Rund 20 Eltern, die mit der Frau an einem Elternabend teilgenommen haben, stehen unter Quarantäne. Insgesamt waren Stand Mittwoch 46 Potsdamer offiziell in Quarantäne. Im Klinikum wird neben dem zweijährigen Kind wie berichtet ein 64-jähriger infizierter Mann aus dem Landkreis Teltow-Fläming behandelt.
Zahl der Corona-Fälle in Brandenburg weiter gestiegen
Im Land Brandenburg stieg die Zahl der Infektionen am Mittwoch auf offiziell bestätigte 24. In Berlin waren es bis Mittwochnachmittag mehr als 90 Infektionen. Auch in Potsdam-Mittelmark gibt es Stand Mittwochabend zwei bestätigte Infektionen. Beide positiv auf Corona getestete Männer kommen aus der Gemeinde Seddiner See. Sie hätten sich „vorbildlich verhalten“ und sich zunächst selbst zu Hause isoliert, so der Kreissprecher. Im Landkreis gebe es derzeit 96 Verdachtsfälle, von denen 20 eine Anordnung zur häuslichen Quarantäne bekommen hätten. Die anderen befänden sich in häuslicher Isolation.
Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) sagte am Mittwochabend den PNN, dass das Land plane, Großveranstaltungen ab 1000 Besuchern zu unterbinden. Zudem solle für Rückkehrer aus Risikogebieten ein Betretungsverbot für Einrichtungen wie Kitas, Jugend- und Seniorenheime sowie Krankenhäuser erlassen werden. Entsprechende landeseinheitliche Regelungen sollen am heutigen Donnerstag vorgestellt werden. In Potsdam wurde die Großveranstaltung Tulpenfest abgesagt, zudem schloss das Museum Barberini zunächst bis zum 17. März . Über die Wiederöffnung werde nach aktueller Lage entschieden. In Brandenburg wurden weite Teile der Veranstaltungen zum 75. Jahrestag der Befreiung in den Gedenkstätten Sachsenhausen und Ravensbrück wegen der Pandemie abgesagt. Die Gesundheit besonders der Zeitzeugen und Überlebenden der NS-Konzentrationslager dürfe nicht gefährdet werden. Zudem schließt der Landtag in Potsdam bis zum Ende der Osterferien für Besucher.
Appell der Bundeskanzlerin
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Bürger am Mittwoch auf eine lange, schwierige Bekämpfung des sich rasant ausbreitenden Coronavirus eingeschworen. Mit Blick auf besonders gefährdete ältere und chronisch kranke Menschen sagte sie in Berlin: „Da sind unsere Solidarität, unsere Vernunft, unser Herz füreinander schon auf eine Probe gestellt.“ Die Bundesregierung werde medizinisch wie ökonomisch alles Notwendige tun, um diese Herausforderung zu meistern.
In Deutschland sind rund 1300 Menschen infiziert, drei Menschen starben. In Europa ist Italien am schlimmsten betroffen, hier starben schon mehr als 630 Menschen. Die WHO stuft die Lage inzwischen als globale Pandemie ein. Nach Kritik an ihrer öffentlichen Zurückhaltung nahm die Kanzlerin am Mittwoch kurzfristig vor der Bundespressekonferenz erstmals ausführlich Stellung zu der Epidemie. Sie machte deutlich, dass auch für die Politik die Entwicklung nicht abschätzbar sei. Merkel verwies auf Schätzungen des Robert-Koch-Instituts (RKI), wonach das Coronavirus über längere Zeit 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung erreichen könnte – mit der Absage von größeren Veranstaltungen und einer „sozialen Distanzierung“ soll die Ausbreitung verlangsamt werden, damit es genug Behandlungsmöglichkeiten gibt und ein Impfstoff entwickelt werden kann.
Nach längerem Zögern beschloss auch der Berliner Senat am Mittwoch, Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Personen bis zum Ende der Osterferien zu untersagen.
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