Potsdamer Infektiologe: Corona-Welle noch bis Ostern
Nach Omikron kommt jetzt der BA.2-Subtyp – dabei fallen Lungenembolien auf. Müssen mehr Kinder wegen Covid ins Krankenhaus?
Potsdam - Die Corona-Pandemie „geht in die Verlängerung“. Noch bis Ostern werde es in Potsdam hohe Inzidenzen und zahlreiche Covid-Patient:innen in den Krankenhäusern geben. Das prognostiziert Tillmann Schumacher, Infektiologie-Oberarzt des kommunalen „Ernst von Bergmann“-Klinikums. Schumacher leitete seit Pandemiebeginn die Corona-Normalstation im Bergmann.
Derzeit griffen zwei Corona-Wellen ineinander, sagte Schumacher auf PNN-Anfrage. „Die Omikron-Welle ebbt ab, aber dort hinein mischt sich die neue Welle des Omikron-Subtyps BA.2.“ Das werde die Pandemielage in das Frühjahr hinein verlängern, meint der Mediziner. „Wir erreichen die erhoffte Entspannung nicht so schnell wie gedacht.“ Potsdam sei da kein Einzelfall – die auf einem hohen Niveau stagnierenden oder gar steigenden Werte seien nahezu bundesweit zu verzeichnen. „Wir müssen noch mal auf die Zähne beißen“, so Schumacher. „Ich hoffe, Ostern sehen wir Land.“
Nicht alle Patient:innen wegen Covid-Erkrankung im Krankenhaus
Brandenburgweit sank die Sieben-Tage-Inzidenz am Mittwoch leicht auf 1435,1, es wurden 8485 neue Fälle gemeldet. In Potsdam lag die Inzidenz bei 1310,2, es gab in der Stadt 570 neue Corona-Infektionen innerhalb von 24 Stunden. In Potsdams Krankenhäusern wurden laut Rathaus am Mittwoch 73 Covid-Patienten behandelt, am Dienstag waren es 71, am Montag 80 – der höchste Wert seit Monaten. Brandenburgweit steht die Corona-Warnampel bei der Hospitalisierungsinzidenz auf Rot. Der Wert gibt die Zahl der neuen Covid-Krankenhauspatient:innen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen wieder und liegt bei rund sieben.
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Nicht alle der Patient:innen müssen jedoch wegen ihrer Covid-Erkrankung ins Krankenhaus – manche kommen wegen anderer Leiden und haben zusätzlich eine Corona-Infektion. Im Bergmann-Klinikum, das Stand Dienstagfrüh 38 Covid-Fälle behandelte, seien rund die Hälfte der Patient:innen nicht wegen, sondern mit Covid im Bergmann, so Infektiologe Schumacher. Die Zahl der schweren, intensivpflichtigen Verläufe steige zudem nicht. „Und wenn wir schwere Fälle haben, dann sind es ungeimpfte Personen“, so Schumacher.
Nach Angaben des Klinikums weisen derzeit rund 85 Prozent aller positiven Corona-PCR-Proben, die in der Diagnostik auf ihr Erbgut untersucht werden, den Omikron-Subtyp BA.2 auf. Dazu gehörten neben den sequenzierten Proben der stationären Covid-Patient:innen auch Tests von ambulanten Einsendern und über das Gesundheitsamt angeordnete Untersuchungen.
Thrombosen verursachen schwere Erkrankungen
Betroffen von Infektionsverläufen, die so schwer sind, dass eine Krankenhausbehandlung nötig ist, sind laut Schumacher in Potsdam entweder ungeimpfte Menschen oder zumeist Über-80-Jährige, die zwar geimpft seien, aber dennoch krank würden. Bei den Krankheitsverläufen verfestige sich bei ihm der Eindruck, so Schumacher, dass bei BA.2-Infektionen häufiger Thrombosen auftreten. Dies verursache recht schwere Erkrankungen, vor allem „ausgeprägte Lungenembolien“. Dabei trete bei den Patient:innen die Atemnot anders als bei vorherigen Corona-Varianten schnell auf, oftmals hätten sie zudem nicht einmal Corona-Symptome.
Dass in den nächsten Wochen die Zahl der Covid-Patient:innen weiter steigt, damit rechnet Schumacher nicht. Die Belastung in den Krankenhäusern könnte jedoch seiner Ansicht nach weitaus geringer sein, wenn mehr Menschen gegen Corona geimpft wären – Brandenburg liegt aktuell bei der Impfquote weiterhin auf dem vorletzten Platz bundesweit. Leider sei auch der sogenannte Totimpfstoff Novavax „hier kein Gamechanger“, so der Infektiologe.
Seit dem Impf-Start damit vor einer Woche seien in Brandenburg erst 420 Impfungen mit dem Novavax-Stoff verabreicht worden, so das Landesgesundheitsministerium am Dienstag.
Schumacher: Kinder ab fünf Jahren gegen Corona impfen
Infektiologe Schumacher sprach sich gegenüber den PNN auch dafür aus, Kinder ab fünf Jahren gegen Corona impfen zu lassen. Bei den Fünf- bis Neunjährigen liegt die Sieben-Tage-Inzidenz in Potsdam Stand Dienstag laut Landesgesundheitsamt bei 2785 Infektionen innerhalb von sieben Tagen auf 100 000 Potsdamer Kinder in diesem Alter, bei den Zehn- bis 14-Jährigen bei 2393. Hier scheint die Zahl der Infektionen zudem möglicherweise derzeit erneut zuzunehmen. In manchen Potsdamer Schulen haben sich demnach Infektionszahlen der Schüler:innen innerhalb von 24 Stunden fast verdoppelt, auch seien sehr viele Lehrer:innen an Covid erkrankt.
Müssen jetzt auch mehr Kinder wegen Covid im Krankenhaus behandelt werden? Dieser Eindruck kann entstehen, doch nachweisbar ist dies anhand der Angaben des Bergmann-Klinikums nicht. Denn das Klinikum trenne nicht zwischen Kindern, die mit Corona und Kindern, die wegen Corona stationär aufgenommen werden müssen, hieß es. Eine Auswertung dazu sei „uns per Knopfdruck nicht möglich und auch für die Behandlung irrelevant“.
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Die Zahlen allerdings werfen genau diese Frage auf: So seien im Klinikum Westbrandenburg im Jahr 2021 insgesamt 27 Kinder „stationär versorgt worden, die auch einen Covid-19-Nachweis hatten“. Allein in den ersten beiden Monaten dieses Jahres waren es jedoch schon mehr als im gesamten Jahr 2021 – nämlich 30 Kinder und Jugendliche.
Chefarzt: Schwere Verläufe bei Kindern "extrem selten"
Dennoch sagt Thomas Erler, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin: „Nach wie vor sprechen alle Daten für milde Verläufe bei covid-erkrankten Kindern.“ Schwere Verläufe seien „extrem selten und unterscheiden sich – in ihrer Häufigkeit – eher nicht von anderen Infektionserregern“. Durchgemachte Infektionen trainierten das Immunsystem, so der Mediziner, trotzdem seien „gerade für die Risikogruppen, die es ja auch bei Kindern gibt, Impfungen wichtig“.
Die PNN-Frage, wie viele Kinder welchen Alters wegen des Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome (PIMS), das noch Wochen nach einer Corona-Infektion auftreten kann, im Bergmann behandelt werden mussten, beantwortet das Klinikum gar nicht. „Themen wie Long-Covid, Post-Covid, MIS-C (Multisystem Inflammatory Syndrome in Children) oder PIMS verfolgen wir in unserer Kinderklink genau“, heißt es dazu nur.
Und weiter: Die unter PIMS zusammengefassten Krankheitsbilder und ihr Zusammenhang zu Corona-Infektionen bei Kindern würden gerade erforscht. Die Forschung befinde sich jedoch „erst am Anfang des Weges“, es gebe bislang keine „einheitliche Definition für ein neuartiges fieberhaftes Entzündungssyndrom bei Kindern“.
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